Buddhismus

Aus Budopedia
Version vom 16. September 2014, 19:30 Uhr von Stephanie Kaiser (Diskussion | Beiträge) (Studien-Informationen)
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche
120px-Qsicon Ueberarbeiten.svg.png Der Inhalt dieser Seite ist nicht vollständig und muss überarbeitet werden.

Artikel aus: Lexikon der Kampfkünste<br.>Nachbearbeitet von:

Mit Buddhismus bezeichnet man im Westen die buddhistische Lehre (fójiào 佛教) oder die Schule Buddhas (fójiā 佛家). Der Buddhismus entstand aus einer persönlichen Erleuchtungsvision (bodhi) des indischen Eremiten Siddhartha Gautama und beeinflusste später alle Religionen und geistigen Strömungen Asiens.

Buddha - die „vier Wahrheiten“

Die Buddhisten berufen sich auch heute auf den historischen Buddha (Siddhartha Gautama), der im 4. Jhr. v.Chr. seine „vier edlen Wahrheiten“ (skt. catvāri āryasatyāni) vom „mittleren Weg“ (skt. madhyamā pratipad) verkündete:

  1. Dukkha - das irdische Leben ist von Leiden geprägt.
  2. Samudaya - die Ursachen des menschlichen Leidens sind Gier, Hass und Verblendung.
  3. Nirodha - durch die Überwindung dieser Ursachen kann das Leiden vermindert werden.
  4. Magga - die Erlösung vom Leiden vollzieht sich auf einem „mittleren Weg“, auf dem es weder extreme Askese noch haltlose Dekadenz geben darf.

Buddha bezeichnet die Erlösung vom Leiden (magga) als Übung auf dem „edlen achtfachen Pfad“ (skt. ārya aṣṭāṅgika mārga) und definiert darin:

  1. rechte Einsicht, Anschauung und Erkenntnis (正見)
  2. rechte Gesinnung, Absicht, Denken und Entscheidung (正思惟)
  3. rechte Rede (正言)
  4. rechtes Handeln, rechte Tat (正業)
  5. rechter Lebenserwerb und Lebensunterhalt (正命)
  6. rechtes Streben, rechtes Üben, rechte Anstrengung (正精進)
  7. rechte Achtsamkeit, rechtes Erinnern, rechtes Bewusstsein (正念)
  8. rechte Sammlung, rechte Versenkung, rechte Konzentration (正定)

Buddhismus - Konzepte und Verbereitung

Bodhidharma - Überlieferer des Buddhismus nach China

Nachdem Buddhas 28. Nachfolger (soshigata), der Mönch Bodhidharma (ca. 470 - 543), ins chinesische Shǎolín-Kloster kam und dort ausschließlich auf daoistisches Gedankengut traf, fügte er diesem die buddhistische Meditationslehre des chán [1] hinzu. Es entstand ein neues Grundlagensystem, das beide Ideologien miteinander verband: Der Daoismus lehrt die Anpassung an die natürlichen Bedingungen, der Buddhismus lehrt, dass das Leben vergänglich ist und dass es darauf ankommt, sich im irdischen Leben durch höchste Wirksamkeit auf einem „mittleren Weg“ (im Gleichgewicht zwischen Anpassung und Selbstgestaltung) zu verwirklichen.

Bodhidharma, der gleichzeitig ein Experte des indischen Kampfsystems vajramushti war, gab den Shaolin-Mönchen im 6.Jh. neue Impulse. Er verordnete ein tägliches körperliches Training zur Stärkung der vitalen Energie (), in dem er gleichberechtigte Schwerpunkte zwischen der Ausbildung des Körpers und des Geistes einforderte. Dazu gründete er zwei komplexe Übungen, die er in alt überlieferten Skripten festhielt.

Die beiden Komplexe bilden die energetischen Grundlagen des späteren qìgōng und quánfǎ:

  • Yìjīnjīng 易筋經 - „Buch der leichten Muskeln“. Eine Methode zur Lockerung der Muskeln, Dehnung der Gelenke und psycho-physischer Konditionierung (jap. ekkinkyō), im System des dònggōng. Dieses System wurde von Bodhidharma im 6. Jahrhundert als tägliche Pflichtübung für die Mönche im Shaolin-Kloster eingeführt. Die Bewegungen sind mit Atem- und Qi-Lenkung kombiniert und bilden die energetische Grundlage aller shaolinischen Kampfkünste. Sie sollten den Mönchen Durchhaltevermögen und Widerstandskraft vermitteln. In manchen klassischen Kampfkünsten werden sie heute als psycho-physische Aufwärmung vor dem technischen Training verwendet.
  • Xǐsǔijīng 洗髓經 - „Abhandlung über die Wäsche des Knochenmarkes“. Eine Übung zur Entwicklung von vitaler Energie und geistiger Reife (jap. senzuikyō), die ebenfalls Bodhidharma zugeschrieben wird. Die Methode enthält vor allem unbewegte Übungen, die im Rahmen des jìnggōng klassifiziert werden. Ihr Schwerpunkt liegt in der Kontrolle und Lenkung der vitalen Energie () ohne physische Bewegung oder mit geringer physischer Bewegung. Die Wirkung entsteht durch die suggestive Kraft des Geistes.
  • Bāduànjǐn 八段錦 - die „acht Brokate“ oder „acht edle Übungen“ sind eine Abwandlung der yìjīnjīng und bezeichnen eine Übungsreihe in den Praktiken des qìgōng, die heute häufig in Verbindung mit den inneren Schulen der Kampfkünste (nèijiā, 内家) geübt wird. (acht), duàn (sich bewegen), jǐn (besticktes Seidentuch, Brokat) entstammt den dǎoyǐn und setzt die Prinzipien von yīn und yáng in physische Übung um. Alle Bewegungen sind mit Qi-, Atem-,und Geist-Kontrolle koordiniert.

Bemerkenswert ist, dass die bāduànjǐn im 12. Jh. von einem General der chinesischen Armee namens Yuè Fēi (1103-1142) zur gesundheitsfördernden Ausbildung seiner Soldaten gegründet wurden. Er stellte fest, dass die Ausbildung an der Waffe unvollständig ist, wenn die Koordination der vitalen Energie und die Kontrolle des Geistes fehlt. Vermutlich dienten ihm dabei die Übungen der yìjīnjīng als Vorbild.

Später spaltete sich aus dem schwierigen nördlichen Stil von Yuè Fēi der leichtere südlichen Stil von Liang Shi Chang ab. Heute gibt es viele Varianten, die entweder zur Lockerung, Kräftigung, Dehnung oder zur Gesundheitspflege verwendet werden. Es wurde auch eine Form im Sitzen (shíèrduànjĭn) hinzugefügt, so dass die bāduànjǐn auch von schwachen und kranken Menschen ausgeführt werden können. In manchen Quanfa-Stilen werden die bāduànjǐn zur Aufwärmung geübt, um Muskelverletzungen zu vermeiden.

die Chinesische Religion als auch die Japanische Religion erheblich beeinflussten. Der Begriff selbst stammt als sānjiào ursprünglich aus dem Chinesischen und bezeichnet dort den Konfuzianismus (chin. rujia, jap. jukyō), den Daoismus (chin. daojia, jap. dōkyō) und den Buddhismus (chin. fojia, jap. bukkyō).


Diesen Text (aus Karate-Kumite) mit oben verbinden

Buddhismus

Der mittlere Weg



Mit Buddhismus bezeichnet man im Westen die buddhistische Lehre (chin. fójiào 佛教) oder die Schule Buddhas (fójiā 佛家). Der Buddhismus ist heute eine der größten Religionen der Welt und entstand aus einer persönlichen Erleuchtungsvision (bodhi) des indischen Eremiten Siddhārtha Gautama. Seine Lehre beeinflusste später alle religiösen Traditionen und geistigen Ideologien Asiens. Neben unzähligen Unterströmungen kennt man im Buddhismus vier Hauptströmungen:


1. Theravada - Lehre der Ordens-Älteren

2. Hīnayāna - Kleines Fahrzeug

3. Mahāyāna - Großes Fahrzeug

4. Vajrayāna - Tibetischer Buddhismus



Buddha - Begriff und Bedeutung


Der Sanskrit-Begriff „Buddha“ (chin. fó) bezeichnet einen „Erwachten“ (bodhisattwa - Erleuchtungswesen), der aus eigener Kraft zur vollkommenen Reinheit des Geistes und Entfaltung seiner Potenziale gelangt. Dadurch wechselt er aus dem ewigen Kreislauf der irdischen Wiedergeburten (samsara) in einen überweltlichen Zustand (nirvāna).

Das Auftreten eines buddha ist ein seltenes Phänomen. In mystischer Vergangenheit soll es bereits die buddha Kashyapa (undefinierbares Zeitalter), Kanakamuni (Koṇāgama, 6. Jahrtausend v. Chr.) und Dīpaṃkara (3 / 4 Jahrtausend v. Chr.) gegeben haben. Der aktuelle Buddha Shakyamuni, soll in ferner Zukunft durch den Buddha Maitreya abgelöst werden.





Bildnis von Buddha Shakyamuni (Bild)

Dharmachakra (Rad der Lehre), Symbol für die Lehre Buddhas. Die acht Speichen des Rades verweisen auf den „Edlen Achtfachen Pfad“ (Bild).


Siddhārtha Gautama - der authentische Buddha


Siddhārtha Gautama (ca. 420 - 368 v. Chr) wurde im nepalesischen Grenzgebiet als Brahmane[1] in das Adelsgeschlecht der Shakya hineingeboren. Seine Eltern nannten ihn Siddhārtha, sein Beiname Shakyamuni verweist auf eine adelige Herkunft. Er wuchs unter den privilegierten Bedingungen eines hinduistischen Prinzen auf und sollte diese Tradition als Erbe fortführen.

Doch stets unzufrieden mit dem hinduistischen Weltbild suchte er einen tieferen Lebenssinn in erweiterten Erkenntnissen. Inzwischen verheiratet und mit Kind verließ er seine aristokratische Geborgenheit und begab sich auf die Wanderschaft. Sechs Jahre lang wanderte er durch die Ebenen des Ganges und folgte den Anweisungen verschiedener Hindu-Lehrer, die ihm höhere Erkenntnisse auf einem Weg der extremen Askese versprachen.

Nachdem er feststellte, dass er dadurch seine Ziele nicht erreichen konnte, gab er alle asketischen Praktiken auf und widmete sich der Meditation (dhyāna[2]). In seinem 35. Lebensjahr erreichte er die Erleuchtung (bodhi), nachdem er jahrelang am Ufer des Neranjara-Flusses bei Bodhgaya (heute Bihar) unter einer Pappelfeige (Bodhi-Baum) meditiert hatte. Diese Methode bezeichnete er als den „Mittleren Weg“ (Synonym für den „Edlen Achtfachen Pfad“), den er als Praxis zur Erkenntnis und Befreiung vom irdischen Leiden (dukkha) lehrte.

Die Erkenntnisse aus seiner Meditationserfahrung übertrug er in der Predigt von Benares auf seine fünf treuesten Anhänger. Diese wurden seine Nachfolger und verbreiteten seine Lehre (dharma[3]) als „Rad der Lehre“ (dharmachakra[4]) zunächst in mündlichen Predigten.



Die ersten fünf Schüler des Buddha Shakyamuni mit dem Dharmachakra (Bild)


Buddha Shakyamuni selbst verbrachte die folgenden 45 Jahre seines Lebens mit der Unterweisung und Weitergabe seiner Lehre. Bereits zu seinen Lebenszeiten organisierte sich der buddhistische Klerus (sangha[5]) und begann, die Lehre zu verbreiten. Shakyamuni verstarb im Alter von 80 Jahren an einer Lebensmittelvergiftung.

Drei Jahrhunderte nach seinem Tod wurde die Lehre in unterschiedlichen Auffassungen interpretiert und aufgezeichnet, woduch sich die Mönchsgemeinschaft in mehrere Richtungen spaltete.


Buddhas Lehre - Die „Vier Wahrheiten“ und der „Achtfache Pfad“


Nachdem Siddhārtha Gautama nach langjähriger Meditation (jhana / dhyāna) unter einem Feigenbaum die Erleuchthung (bodhi) erlangt hatte, hielt er in Sarnath (nahe Benares) vor fünf Anhängern eine erste Lehrrede, in der er als neuer Shakyamuni Buddha das Heil verkündete:


Vier Edle Wahrheiten


Als zentrales Glaubensgerüst aller Buddhisten gilt zunächst die Erkenntnis der „Vier Edlen Wahrheiten“ (skt. catvāri āryasatyāni):


· Dukkha - das Leben im Daseinskreislauf ist geprägt von ewigem Leiden.

· Samudaya - die Ursachen des Leidens sind Gier, Hass und Verblendung (drei Geistesgifte).

· Nirodha - entfernt man die Ursachen, erlischt das Leiden.

· Mārga - zum Erlöschen des Leidens führt der Edle Achtfache Pfad.


Edler Achtfacher Pfad


Der „Edle Achtfache Pfad“ (skt. ārya asthāṅgika mārga) ist eine achtstufige Erläuterung der Vierten Wahrheit. Die darin enthaltenen acht Lehreinheiten dharmachakra (symbolisch als „Rad der Lehre“ dargestellt), liefern Lebenshilfen zur Überwindung des Leidens auf dem „mittleren Weg“ (keine extreme Askese, keine extreme Dekadenz) Sie gliedern sich in drei Gruppen:


· Weisheit - durch das Bemühen um die Erkenntnis der Lehre (prajna), wird die Unwissenheit (avidya) überwunden und führt zum Erwachen (bodhi). Es werden zwei Wege aufgeführt:

1. Rechte Erkenntnis (正見) - grundlegendes Verstehen der Leidensursache und Leidenserlöschung.

2. Rechte Gesinnung (正思惟) - Verzicht auf Hass, Neid, und Gier, Entsagung jeder Art von Schädigung fremden Lebens.


· Sittlichkeit - die Verwirklichung der ethischen Tugend (sila) ist heilsam (kusala), muss jedoch erkämpft werden. Die Nichttugend (akusala) entsteht von selbst und verursacht Leiden (dukkha). Drei Wege führen zu ihrer Verwirklichung:

1. Rechtes Reden (正言) - das rechte Reden vermeidet Lüge, Verleumdung, Vorurteil und Geschwätz. Unüberlegtes Reden trifft den Redner unheilsam zurück. Ein überlegtes Wort, zur rechten Zeit, am rechten Ort ist verbindlich und versöhnt. Unüberwundene Selbstsucht führt immer zur Spaltung.

2. Rechtes Handeln (正業) - das rechte Handeln verbietet jede Art des sinnlosen Tötens von Leben, des Stehlens von fremdem Eigentum und illegale Ausschweifungen in Sinnesgenüsse.

3. Rechter Lebenswandel (正命) - in diesem Bereich werden fünf Tätigkeiten genannt, die dem Buddhisten verboten sind: 1. Waffenhandel; 2. Handel mit Lebewesen; 3. Handel mit Fleisch; 4. Handel mit Rauschmittel und 5. Handel mit Giften.


· Vertiefung - diese Gruppe (samadhi) bezeichnet Übungswege der Geistschulung und Meditation. Drei Möglichkeiten werden aufgeführt:

1. Rechtes Streben (正精進) - bezeichnet den Willen, „Geben und Nehmen“ im persönlichen Leben stets im Gleichgewicht zu halten. Affekte, wie Begierde, Verblendung, Hass, Zorn u. a. können durch das „rechte Denken“ kontrolliert werden.

2. Rechte Achtsamkeit (正念) - bezeichnet 1. Bewusstmachung aller Körperfunktionen (Atmen, Stehen, Gehen u.a) und 2. Wahrnehmen aller seelischen Zustände (Affekte, Sinnesreize, Gefühle, Denkinhalte u. a.). Die richtige Achtsamkeit ruht im „Hier und Jetzt“ - sie verhindert das Grübeln über Vergangenes und das Träumen in die Zukunft.

3. Rechte Sammlung (正定) - kontrolliert den unstätigen, umherschweifenden Geist und ist die Grundlage aller buddhistischen Meditationspraktiken.



Siddharta Gautama und die sieben Schlangen (Zeichnung Eva, BSK 2013)


Buddhismus - Inhalt und Verbreitung


Der Buddhismus ist im herkömmlichen Sinn keine Religion, sondern eher eine kontemplative Philosophie. Buddha war kein göttlicher Heilsbringer, sondern ein Mensch, der durch eine meditative Erleuchtung zum Verständnis aller natürlichen Prozesse durchdringen konnte. Im Unterschied zu den monotheistischen Religionen (Judentum, Christentum, Islam) kennt der Buddhismus keine Hilfe von einem Gott, sondern verweist den Menschen auf seine eigene Kraft: „Hilf dir selbst, dann hilft dir Gott“. Das Heil wird jedem zuteil, der den „Weg“ zu gehen vermag. Wenn auch im religiösen Kontext problematisch, wird Shakyamuni Buddha als Stifter der buddhistischen Religion angesehen.


Inhalt


Siddhārtha Gautama lehrte, dass das diesseitige Leben einem ewigen Kreislauf von Geburten und Wiedergeburten (samsara[6]) folgt. Dies deshalb, weil es im irdischen Dasein den sinnlichen Genüssen des Ich (Gier, Selbstsucht, Hass u. a.) unterworfen ist. Solange es sich aus dessen Wirkungen (karma[7]) nicht befreien kann und nach persönlicher Vervollkommnung strebt, wird es in wiederholten Reinkarnationen immer wieder neu geboren. Das Ziel des Buddhisten ist es, diesem Kreislauf zu entkommen, indem er die Gründe für das irdische Leiden (dukkha) erkennt und sich in einer kontemplativen Meditationsübung (dhyāna) um Erkenntnis und Vollkommenheit bemüht.

Die Analyse und Erkenntnis des menschlichen Leidens (dukkha) bildet das Gerüst der Lehre in den „Vier Edlen Wahrheiten“. Die vierte Wahrheit (mārga) erläutert Methoden, durch die das Leiden auf dem „Edlen Achtfachen Pfad“ zum Erlöschen gebracht werden kann, wodurch gleichzeitig eine höhere Bewusstseinssphäre (nirvāna[8]) erreicht wird.


Verbreitung


Kurz nach Buddhas Tod trafen sich seine Jünger in einem ersten Konzil, um die Lehre (dharma) und die Mönchsregeln (vinaya) aufeinander abzustimmen. Das Treffen ist geschichtlich umstritten ebenso wie das zweite Konzil (4. Jh. v. Chr.), in dessen Folge erste schriftliche Abhandlungen entstanden. Im 3. Jh. v. Chr. wurde in einem weiteren Konzil ein erneuter Einigungsversuch gestartet, in dessen Zug der Pali-Kanon[9] entstand.

In vielen Aufspaltungen verbreitete sich der Buddhismus allmählich in weite Teile Asiens, während er im 10. Jh. in Indien vom Hinduismus und Islam nahezu ausgelöscht wurde. Buddhistische Hochburgen des Mahāyāna entstanden im Norden und Nordosten (Nepal, China, Korea, Japan), Strömungen des Hīnayāna (oder Theravada) etablierten sich im südpazifischen Raum (Sri Lanka, Kambodscha, Thailand, Myanmar, Laos, Vietnam) und Vajrayāna in Tibet.


Die ausführliche Historie des Buddhismus ist für dieses Buch nicht relevant. Bedeutung für die Kampfkünste hat lediglich Bodhidharmas Mahāyāna, das sich im 6. Jh. im Shaolin-Kloster mit dem Daoismus verband und die philosophische Richtung des Chán, (jap. zen) etablierte.






Chán-Buddhismus - Konzept, Verbreitung und Bedeutung im Quánfǎ


Nachdem der 28. Nachfolger Buddhas, der indische Mönch Bodhidharma (ca. 470 - 543) ins chinesische Shaolin-Kloster kam und dort ausschließlich auf daoistisches Gedankengut traf, fügte er diesem die buddhistische Lehre hinzu. Daraus entstand die neue Meditationslehre des chán, in dem sich beide Ideologien miteinander vermischten: der Daoismus lehrt die Anpassung an die natürlichen Bedingungen, der Buddhismus lehrt, dass das Leben vergänglich ist und dass es darauf ankommt, sich im irdischen Leben durch höchste Wirksamkeit auf einem „mittleren Weg“ (im Gleichgewicht zwischen Anpassung und Selbstgestaltung) zu verwirklichen.


Bodhidharma, der gleichzeitig ein Experte des indischen Kampfsystems vajramushti war, gab den Shaolin-Mönchen neue Impulse. Er verordnete ein tägliches körperliches Training zur Stärkung der vitalen Energie (qì), indem er gleichberechtigte Schwerpunkte zwischen der Ausbildung des Körpers und des Geistes einforderte. Dazu gründete er zwei komplexe Übungen, die er in altüberlieferten Skripten festhielt. Die beiden Komplexe bilden die energetischen Grundlagen des späteren quánfǎ:


· Yìjīnjīng 易筋經 - das „Buch der leichten Muskeln“ (jap. ekkinkyō), ist eine Methode zur Lockerung der Muskeln, Dehnen der Gelenke und Konditionierung des Geist-Körpers. Diese Gymnastik wurde von Bodhidharma im 6. Jahrhundert als tägliche Pflichtübung für die Mönche im Shaolin-Kloster eingeführt, um den Mönchen Durchhaltevermögen und Widerstandskraft zu vermitteln. Die gymnastischen Übungen sind mit Atem- und Qi-Bewegungen kombiniert und bilden die energetische Grundlage aller shaolinischen Kampfkünste. Man kann sie entfernt mit dem Aufwärmprogramm des modernen budō vergleichen, in dessen klassischen Systemen sie auch heute vor der sportlichen Aufwärmung den Vorzug erhalten.

In diesen Übungen wird das qì durch die Bewegung geleitet (dònggōng - Übung in Bewegung) und findet vornehmlich in den oberflächlichen Strukturen des Körpers (Muskeln und Sehnen - daher auch die Bezeichnung) statt. Der Geist unterstützt die bewegte Übung am besten in einem stillen, gesammelten Zustand mit ungeteilter Aufmerksamkeit (nur auf dem, was man gerade tut) - dann kann das qì fließen und verteilt sich von selbst.

Die yìjīnjīng ist vornehmlich eine Übung zur Bewusstwerdung, Kontrolle und Verteilung des qì. Sie werden auch außerhalb der Kampfkünste zur Vermehrung der inneren Energie genutzt, um die Gesunderhaltung, die Heilung nach Krankheit oder Verletzungen, das kraftvolle Altern und die innere Stabilität des alltäglichen Lebens zu unterstützen. Die yìjīnjīng gibt es in verschiedenen Stilen und Formen. Welche davon heute mehr oder weniger „original“ sind, ist nicht mehr feststellbar.


· Xǐsǔijīng 洗髓經 - „Abhandlung über die Wäsche des Knochenmarks“ (jap. senzuikyō), sind Übungen zur Entwicklung von vitaler Energie und geistiger Reife, die ebenfalls Bodhidharma zugeschrieben werden. Die Methode enthält vor allem unbewegte Übungen, die als jìnggōng (stille Übungen) bezeichnet werden. Ihr Schwerpunkt liegt in der Sammlung und Lenkung der vitalen Energie (qì), ohne oder mit geringer physischen Bewegung.

Hier geht es darum, das qì in der Tiefe des Körpers zu bewegen. Die Knochen stehen für die tiefsten Bereiche des menschlichen Körpers und sind eng mit dem Knochenmark, dem Gehirn und dem Nervensystem verbunden. Ohne die Anleitung eines Lehrers sollten diese Übungen unterlassen werden.


Später entstand eine aus den yìjīnjīng abgeleitete Übungsreihe, die noch heute sehr populär ist:


· Bāduànjǐn 八段錦 - die „Acht Brokate“ oder „Acht edle Übungen“ sind eine Abwandlung der yìjīnjīng und bezeichnen eine Übungsreihe in den Praktiken des qìgōng, die heute häufig in Verbindung mit den inneren Schulen der Kampfkünste (nèijiā, 内家) geübt wird. Bā (acht), duàn (sich bewegen), jǐn (besticktes Seidentuch, Brokat) entstammt den dǎoyǐn und setzt die Prinzipien von yīn und yáng in physische Übung um. Alle Bewegungen sind mit Qi-, Atem-,und Geist-Kontrolle koordiniert.

Zu bemerken wäre, dass die bāduànjǐn im 12. Jh. von einem General der chinesischen Armee namens Yuè Fēi (1103 - 1142) zur gesundheitsfördernden Ausbildung seiner Soldaten gegründet wurden. Er stellte fest, dass die Ausbildung an der Waffe unvollständig ist, wenn die Koordination der vitalen Energie und die Kontrolle des Geistes fehlt. Vermutlich dienten ihm dabei die Übungen der yìjīnjīng als Vorbild.

Später spaltete sich aus dem schwierigen nördlichen Stil von Yuè Fēi der leichtere südlichen Stil von Liáng Shì Chāng (梁世昌) ab. Heute gibt es viele Varianten, die entweder zur Lockerung, Kräftigung, Dehnung oder zur Gesundheitspflege verwendet werden. Es wurde auch eine Form im Sitzen (shíèrduànjĭn) hinzugefügt, so dass die bāduànjǐn auch von schwachen und kranken Menschen ausgeführt werden können. In manchen Quanfa-Stilen werden die bāduànjǐn zur Aufwärmung geübt, um Muskelverletzungen zu vermeiden.

Anmerkungen und Verweise

[1] Brahmane - Angehöriger der obersten indischen Kaste (varna). Brahmanen waren Adelige in den höchsten Ämtern, Religionsgelehrte der veda und Vorgänger der heutigen hinduistischen Priester.

[2] Dhyāna - Skrt. für die buddhistische Meditation, in Pali jhana. Methode der Kontemplation zur Überwindung des Ego.

[3] Dharma - Bezeichnung für die Lehre Buddhas (Theravada), im Mahāyāna und Vairajāna, auch Lehre der Bodhisattvas. Grundlage der Lehre sind die „Vier Edlen Wahrheiten“. Im Zusammenhang bezeichnet dharma die Dreieinheit zwischen dem Lehrer, der Lehre und der Mönchsgemeinschaft (sangha).

[4] Dharmachakra - symbolische Darstellung der Lehre Buddhas (dharma - Gesetzt, Lehre) als achtspeichiges Rad (chakra - Rad).

[5] Sangha - „Versammlung“, Bezeichnung für die buddhistsische Mönchsgemeinschaft der 1. Ordensangehörige (bhikshu - Mönche und bhikshuni - Nonnen), 2. Gemeinschft der Edlen (arya sangha) und 3. Gemeinschft der Ordinierten (upāsaka / upāsika - Laien und Klerus).

[6] Samsara - „beständiges Wandern“, Bezeichnung für den fortlaufenden Kreislauf des Lebens aus Tod und Geburt. Das Prinzip erklärt, dass alle Wesen diesem Kreislauf unterworfen sind. Das Leben besteht aus der Kontinuität des Werdens und Vergehens.

[7] Karma - wörtlich „Handlung“, „Wirkung“, Bezeichnung für das Anhaften an den sinnlichen Begehren des irdischen Lebens.

[8] Nirvāna - wörtlich „Erlöschen“, buddhistischer Begriff, der den Austritt aus dem Kreislauf der Wiedergeburten (samsara) durch das Erwachen (bodhi, jap. satori) bezeichnet. Höchste Stufe des Bewusstseins, in der vor allem die Gier und die Selbstsucht überwunden werden muss. Nirvāna ist ein schwieriger Begriff und bezeichnet die intuitive Erfahrung aus einer Meditationsschule. Es ist vergleichbar mit einer Münze: die eine Seite ist samsara (weltliche Sicht), die andere ist nirvāna (überweltliche Sicht). Beide Seiten sind untrennbar verbunden.

[9] Pali-Kanon - skrt. tripitaka, ältestes buddhistisches Schriftgut, bestehend aus einer philosophischen Textsammlung, den Lehrreden Buddhas und einer Sammlung der Ordensregeln.

Studien-Informationen

Siehe auch: Indischer Buddhismus | Chinesischer Buddhismus | Japanischer Buddhismus | Koreanischer Buddhismus | Buddhistische Schulen | Buddhistische Lehre |

Literatur

  • Damien Keown: Lexikon des Buddhismus. Patmos, Düsseldorf 2005, ISBN 3-491-72488-0