Rōnin

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Artikel aus: Lexikon der Kampfkünste<br.>Nachbearbeitet von: Werner Lind

Mit rōnin (浪人), wörtlich „Wellenmänner“ bezeichnet man allgemein umher vagabundierende Menschen. Der Begriff wurde schon im nara jidai (710-794) und heian jidai (794-1192) verwendet und damals für Leibeigene gebraucht, die ihrem Herrn entflohen oder von ihm vertrieben wurden. In der Zeit der japanischen Militärdiktatur (1185-1868) bezeichnete man damit herrenlose samurai, die entweder durch den Tod ihres Herren oder durch Entlassung in die Arbeitslosigkeit gezwungen wurden.

Geschichte

Rōnin 浪人 (jap): wörtlich „Wellenmänner“, herrenlos umherziehende samurai ohne Dienstverhältnis mit einem daimyō. Bezeichnung für einen Krieger (bushi) in der japanischen Feudalzeit (1185-1868), der entweder seinen Lehensherrn durch Tod verloren, diesen freiwillig oder wegen eines Vergehens verlassen hatte oder von diesem entlassen wurde. Ein samurai konnte ebenfalls herrenlos werden, wenn sein Herr vom Shōgunat seines Amtes enthoben wurde oder wenn er bei seinem Herrn in Ungnade fiel und verstoßen wurde.

Im frühen heian jidai wurde dieser Name flüchtigen Bauern gegeben, die ihre Ländereien verließen, um den harten Steuerlasten der Regierung zu entgehen. Erst im sengoku jidai und im edo jidai (1603- 1868) wurde die Bezeichnung für herrenlose samurai verwendet. Als sich 1599 der Konflikt zwischen Tokugawa Ieyasu und dem Erben Hideyoshis anbahnte (s. Sekigahara), erhielten die rōnin eine politische Bedeutung ersten Ranges, denn sie konnten bei einer Fehde der daimyō das Zünglein an der Waage sein. Viele bedrohte Fürsten nahmen rōnin in den Dienst und stellten mit ihnen ein ansehnliches Heer zusammen. Nachdem jedoch Tokugawa die Macht erreichte, war es den samurai verboten, ohne Erlaubnis ihrer früheren Herren in andere Dienste zu treten und die Anzahl der rōnin erreichte schnell einen Höhepunkt. Nur die besten unter ihnen wurden als Leibwächter oder Torwächter der Städte und Tempel engagiert, doch die meisten fanden bei den daimyō der Edo-Zeit keine Arbeit. Manche von ihnen wurden Kampfkunstelehrer und gründeten eigene Schulen. Die bekanntesten rōnin jener Zeit waren Musashi Miyamoto und die Samurai von Ako (1701 1703, ako gishi).

Nur wenige von ihnen fanden sich mit ihrem Adelstitel aber völliger Mittelosigkeit zurecht. Die meisten schlossen sich zu Räuberbanden zusammen und kontrollierten die Unterwelt der großen Städte, plünderten und raubten, verdingten sich als Handlanger und Mörder in den geheimen Fehden der Fürsten und machten nachts die Straßen für jeden Bürger unpassierbar. Durch ihre Gewalttaten bereiteten sie den Polizeibehörden (metsuke) des edo bakufu ernsthafte Schwierigkeiten, wodurch in der Edo-Periode der Spruch entstand, inu no kuso samurai go kowaku towa edo no machi wa arukinai (Wer Hunde und Samurai fürchtet, sollte nicht durch die Straßen von Edo gehen).

Geschichte und Eigenschaften

In der Edo-Zeit nahm die Zahl der rōnin aufgrund des starren Ständesystems und der strengen Gesetze immer mehr zu. In den früheren Zeiten konnten Samurai ihren Herren wechseln, einen anderen Beruf ergreifen oder Angehörige anderer Stände heiraten. In der Edo-Zeit hingegen war das den Samurai verboten und sie konnten sich nur einem anderen Herrn anschließen, wenn ihr früherer Herr ihnen das erlaubt hatte. In der japanischen Kultur wurden die rōnin als ehrlos angesehen und waren Ziel von Hohn und Satire. Ihr Ehrenkodex verlangte von den samurai seppuku (die rituelle Selbsttötung) zu begehen, wenn sie ihren Herrn verloren oder sonst ein Leben in Schande führten.

Oft war ein rōnin an seiner Frisur zu erkennen. Im Gegensatz zu einem Samurai trug er die Haare nicht streng gelegt beziehungsweise rasierte sich nicht die Stirn.

Einer der berühmtesten rōnin war Musashi Miyamoto, ein berühmter Schwertkämpfer. Er schrieb auch Das Buch der fünf Ringe.

Der rōnin Iwasaki Yatarō legte 1873 den Grundstein für das Handels- und Firmenimperium Mitsubishi.

Rōnin als Metapher

Der Begriff rōnin wird im modernen Japan auch für junge Leute benutzt, die die Zulassungsprüfung für die Universität oder die Oberschule nicht bestanden haben und sich daraufhin ein Jahr lang erneut auf die Prüfungen vorbereiten und währenddessen lernen und nebenbei arbeiten. Der offizielle Begriff lautet (過年度生|過年度生 - kanendosei). Das liegt wahrscheinlich an der Analogie, dass sie keine Schule haben, die sie besuchen können, wie der rōnin keinen Herren hat, dem er dienen kann.

Studien Informationen

Siehe auch: Japanische Gesellschaft | Japanische Frühmoderne | Gesellschaft in der Frühmoderne

Literatur

  • William Dale Jennings: The Ronin. Tokyo 1968.
  • Martin Rammig: Das Roninproblem in der Tokugawa Zeit. Deutsche Akademie der Wissenschaften, Berlin 1955.
  • Stephen Turnbull: Geschichte der Samurai. Japans Kriegerkaste im historischen Rückblick. Motorbuch, Stuttgart 2005, ISBN 978-3-613-30540-3.
  • Tsunetomo Yamamoto: Hagakure. Der Weg des Samurai. Kabel, München 2003, ISBN 3-8225-0644-3 (Hagakure sind Aufzeichnungen der Aussagen eines ehemaligen Samurais, gemacht für einen jungen Samurai).
  • Yukio Mishima: Zu einer Ethik der Tat. Einführung in das Hagakure, die Samurailehre des 18. Jahrhunderts. Hanser, München 1996, ISBN 3-446-14516-8.
  • Miyamoto Musashi: Das Buch der fünf Ringe. Klassische Strategien aus dem alten Japan. Piper, München 2006, ISBN 978-3-492-04962-7.
  • Wolfgang Schwentker: Die Samurai. Beck, München 2003, ISBN 3-406-47988-X.
  • Inazo Nitobe: Bushido. Die Seele Japans. Angkor, Frankfurt 2003, ISBN 3-936018-16-2.
  • Thomas Preston: Samurai-Geist. Der Weg eines Kriegers in den japanischen Kampfkünsten. Kristkeitz, Leimen 1999, ISBN 3-921508-76-2.
  • Werner Lind: Budo Lexikon. BSK 2010.
  • Oscar Ratti, Adele Westbrook: Secrets of the Samurai. Charles E. Tuttle Company 1993.

Weblinks