Ōtsuka Hironori

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Ōtsuka Hironori 大塚博紀: japanischer Großmeister (1892-1982) des karate, Begründer des wadō ryū.

ŌTSUKAS LEBEN

Ōtsuka Hironori wurde am 1. Juni 1892 in der Präfektur Ibaragi (Japan) geboren. Ab seinem 6. Lebensjahr begann er mit der Übung des jūjutsu unter der Anleitung seines Großvaters, ŌTSUKA TOKUJIRŌ. Mit 13 Jahren (1905) wurde er Schüler von Meister NAKAYAMA TATSUSABURO YOKIYOSHI, dem 3. Iemoto (Stilvorstand) des yōshin ryū und shindō yōshin ryū. Als er 19 Jahre alt war, begann er ein Studium an der Waseda-Universität in Tōkyō und übte sich gleichzeitig im kenpō, ohne jedoch das jūjutsu zu vernachlässigen. Mit 29 Jahren erhielt er von Meister Nakayama das menkyo kaiden (Urkunde zur Stilnachfolge) im yōshin ryū und wurde dadurch der offizielle Nachfolger an der Spitze des Stils.

Im Juli 1922 machte Ōtsuka Bekanntschaft mit Funakoshi Gichin, wurde zuerst sein Schüler und 1925 sein Assistent. Er hatte schon früher von karate gehört und geplant, nach Okinawa zu fahren, um mehr über die Kunst zu erfahren, als sich im Juni 1922 Funakoshis Demonstration ankündigte. Gleich danach suchte Ōtsuka Funakoshi im meiso juku auf und fand ihn „überraschend offen und freimütig, ja sogar unschuldig.“ Ōtsuka, von Funakoshis Beschreibung des karate fasziniert, entschloss sich, diese Kunst zu meistern. Funakoshi erklärte, daß er 15 kata im karate unterrichte und dass es fünf Jahre dauern würde, wenn jemand sie lernen wollte. Er fügte hinzu, dass jemand mit Kampfkunsterfahrung davon ausgehen kön-ne, die kata in eineinhalb Jahren zu lernen. Diese „eineinhalb Jahre“ scheinen ein wenig seltsam, wenn man bedenkt, dass Funakoshi immer sagte, die kata sei ein lebenslanges Studium, und einmal sogar geschrieben hatte, dass er zehn Jahre damit zubrachte, die drei naihanchi auszuarbeiten. Vermutlich meinte er, dass man die kata in diesem Zeitraum lernen (aber nicht meistern) konnte.

Zu jenem Zeitpunkt war Ōtsuka 30 Jahre alt, doch aufgrund seiner Erfahrungen im jūjutsu war er in der Lage die Kunst schnell zu ler-nen. Gleichzeitig wurde er auch von Motobu Choki unterrichtet, der seinen Schwerpunkt auf kumite (Freikampf) legte. Auch von Mabuni Kenwa erhielt er etwas Unterricht, hauptsächlich in den pinan kata (im wadō ryū und im shitō ryū sind die pinan sich recht ähnlich).

Doch der größte Teil von Ōtsukas karate kam von Funakoshi Gichin. Er verbrachte seine ersten Jahre unter Funakoshi damit, die karate kata zu lernen, doch als er ein gewisses Maß an Meisterschaft erreicht hatte, begann er etwas tiefer zu sehen. Ursprünglich faszinierte ihn am karate dessen vertändliches System des Schlagens und Abwehrens - ein Konzept, das dem japanischen budō generell fehlte - doch unvermeidlich führte ihn seine Erfahrung im japanischen budō dazu, sich neue Wege auszudenken, auf denen die Karate-Techniken weiterentwickelt oder verbessert werden konnten. Er hatte einen unabhängigen Geist und eine seit langem bestehende Ambition, seinen Lebensunterhalt als Kampfkunstlehrer zu verdienen, und so war eine Trennung von Funakoshi jederzeit im Rahmen des Möglichen. KONISHI YASUHIRO erinnert sich an einen Vorfall im meiso juku, als Funakoshi Ōtsuka vor den Schülern Vorwürfe machte, weil er bestimmte Jūjutsu-Elemente in das Karate-Training aufgenommen hatte.

ŌTSUKAS UNSTIMMIGKEITEN MIT YOSHITAKA

Von Anfang an dachte Ōtsuka darüber nach, wie man mehr kumite (Kampf) in die Kunst aufnehmen konnte. Er experimentierte mit ähnlichen Konzepten, wie sie im jūdō als randori enthalten waren, doch seine neuen Ideen wurden von den meisten Funakoshi Schülern nicht geschätzt. Es scheint, dass Ōtsuka innerhalb der Budō-Gemeinschaft immer wieder versuchte, seine eigenen Weg zu gehen, wodurch er seine Mitschüler gegen sich aufbrachte. Funakoshi war nach wie vor freundlich zu ihm, doch unglücklicherweise erzeugte dies nur noch mehr Ablehnung. Schließlich forderte Hironishi Genshin Yoshitaka auf, Ōtsuka zum Wohl der Gruppe auszustoßen und ihn als Übungsleiter an der Waseda-Universität abzulösen. So wurde Ōtsukas Weggang von Funakoshi Yoshitaka erzwungen, und Ōtsuka trennte sich 1930/31 von Funakoshi Gichin.

Obwohl dieses Datum von den meisten Ge-schichtsforscher verwendet wird, war die Trennung Ōtsukas von Funakoshi nicht so definitiv, wie wir dies heute gerne annehmen. Beide Männer schienen nach wie vor eini-germaßen miteinander auszukommen - wenn sie sich trafen, grüßten sie sich und sprachen miteinander. Es gibt auch Photographien, auf denen Ōtsuka in Funakoshis 1935er Ausgabe von Karate dō Kyohan Techniken demonstriert (man weiß allerdings nicht, wann diese aufgenommen wurden), und Ōtsuka ist auch auf einem Gruppenbild vor Funakoshis Haus im Jahre 1935 zu sehen.

Harada Mitsusuke nahm in einem Inter-viev im Jahre 1987 zu der Behauptung Stellung, daß es tatsächlich Yoshitaka gewesen sei, der Ōtsuka aus der Shōtōkan-Gruppe trieb. Er erklärte, dass er über diese Ge-schichte lange nachgedacht hatte und nicht glaubt, daß Yoshitaka dies aus einer persön-lichen Abneigung gegenüber Ōtsuka getan hat, sondern weil es nötig war, um die Einheit der Gruppe zu bewahren. Harada sagte, dass er die Problemem einer solchen Situation später selbst kennengelernt hat, als in seiner eigenen Shotokai-Organisation ein solches Verhalten auftauchte - auch er musste einen ähnlich klaren Schnitt machen.

Wie auch immer man Ōtsukas Weggang werten mag, sein Verhalten wird aus dem Blickpunkt der traditionellen Kampfkunstregeln als Verrat an seinem Lehrer gewertet. Funakoshi schätzte Ōtsuka - diesem jedoch gelang es nicht, einen harmonischen Weg mit seinen Mitübenden zu gehen. Er wählte ein Verhalten, das die Budō-Gemeinschaft gegen ihn aufbrachte, und erzwang die nachfolgende Reaktion. Ōtsuka hatte vermutlich bereits in den späten 20er Jahren den Großteil seiner Ideen ausgearbeitet. Bereits 1934 wurde sein Konzept in der Öffentlichkeit als Stil anerkannt und 1939 als erster japanischer Karate-Stil unter der Bezeichnung wadō ryū vom butokukai registriert. Darin verband er Elemente aus dem shōtōkan, aus dem motobu ryū und aus shindō yōshin ryū. Am 25. April 1966 erhielt Ōtsuka vom japanischen Kaiser ein Diplom, das seine große Bedeutung in der Entwicklung des karate ehrte. Am 29. Januar 1982 verstarb Meister Ōtsuka im Alter von 91 Jahren.

Literatur: JULIA KARZAU - Große Budomeister, Sportverlag, Videos: OTSUKA HIRONORI - Wado ryu (2 vol.), bei Abanico

Ōtsuka Hironori II 大塚博紀: mit ursprünglichem Namen JIRŌ, Sohn des Wadō-Begründers ŌTSUKA HIRONORI. Ōtsuka Jiro wurde 1934 geboren und begann seine Budō Laufbahn 1943 mit Kendō. Ab 1945 erhielt er Karate Unterricht von seinem Vater. Am 29. November 1981 ernannte der Altmeister seinen Sohn offiziell zu seinem Nachfolger und damit zum 2. Großmeister des Wadō ryū. Ōtsuka Jirō der 1982 den Namen seines Vaters (Hironori) annahm, trägt heute den 10. Dan und den Titel Hanshi. Er ist Hauptinstruktor der wadō ryū karate dō Abteilung im Kokusai Budō Renmei.