Dāntián

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Artikel von: Gabi Fischer-Lind<br.>Nachbearbeitet von: Werner Lind

Dantian

Der chinesische Begriff dāntián (丹田), W.-G. tan t´ein (jap. tanden) kommt aus den verschiedenen Schulen der Energie-, Meditations-Lehren und Spirituellen Schulen, die heute oft mit dem Begriff "qìgōng" zusammen gefasst werden. Dāntián bedeutet wörtlich „Zinnoberfeld". Zinnober war ein wichtiger Bestandteil der alchimistischen Praktiken in China. Es galt als sehr wertvoll und als unentbehrlich im hochwertigen alchimistischen Prozess. Im übertragenen Sinne steht er hier für die wertvolle Zutat, die benötigt wird, den inneren Prozess der Läuterung und des Wachstums hin zur Erleuchtung erreichen zu können.<br.>Die Bezeichnung dāntián meint die besonderen Bereiche im Körper, in denen man das in besonderer Qualität und Intensität zu diesem Zweck speichern kann. Stark beeinflusst wurde diese Theorie von der indischen Chakra-Lehre.

Etymologie

Der Begriff "tián" (田) das Feld, zeigt zwei interessante Bilder: Zum einen zeigt schon das Schriftzeichen vier aneinandergrenzende Felder/Äcker, die sich in der Mitte einen Brunnen teilen. Er ist die Mitte des zentralen Kreuzes und deutet auf eine wichtige Quelle hin, ohne die alle Arbeit auf dem Feld sinnlos wäre. Zusätzlich steht das Feld für die Arbeit des Bauer. Er bereitet das Feld vor, säht die Samen, pflegt und hegt das Wachstum seiner Pflanzen, um nach einem langen mühsamen Prozess, die Ernte einzuholen.<br.>Gemeinsam weist die Symbolik hinter dem Begriff dāntián darauf hin, dass nur eine geduldige, beständige und langwierige Pflege bzw. Übung den erwünschten inneren Prozess der energetischen und seelisch-geistigen Transformation erwirken kann.

Einteilung

Im qìgōng werden meist drei dāntián unterschieden:

  • Shàng dāntián: das obere dāntián befindet sich innerhalb das Schädels, hinter dem „dritten Auge“, dem Breich zwischen den Augenbrauen.
  • Zhōng dāntián: das mittlere dāntián liegt hinter dem Brustbein in der Mitte des Brustkorbs.
  • Xià dāntián: das untere dāntián befindet sich in der Mitte des Unterbauchs, etwas unterhalb des Bauchnabels.
  • Hòu dāntián: das hintere dāntián wird manchmal zusätzlich genannt. Es bezeichnet aber vor allem den Zugang zum unteren dāntián vom unteren Rücken aus.

In unterschiedlichen Schulen des qìgōng werden unterschiedliche Lokalisationen und Bezeichnungen gebraucht. Daher kommt es manchmal zur Verwirrung. Die Zentren existieren aber für alle Übenden gleichermaßen. Der Unterschied liegt eher im Schwerpunkt der Übungen, den Zielen in der Wirkung oder besonderen Akzenten. So kann gibt es z.B. auch Schulen, die das mittlere dāntián hinter dem Solarplexus und das obere im Brustkorb lokalisieren.

Bedeutung

Die dāntián als besondere Knotenpunkte des mit dem Potenzial, zu speichern und zu transformieren (auf eine höhere Stufe zu bringen) sind im qìgōng von zentraler Bedeutung. Alle Übung, die über die rein körperliche Ebene hinausgeht, setzt bei der Arbeit mit den dāntián an. Wenn es auch viele Übungen gibt, das durch den Körper zu bewegen, oder auch über den Körper hinaus zu sammeln oder zu zerstreuen, beginnt und endet jede Übung in den dāntián. Daher sollen die verschiedenen Lagen des dāntián ausführlicher besprochen werden:

Xià dāntián - das untere Dantian

Das untere dāntián liegt in der Mitte des Unterbauches. Es ist durch seine Lage eng verbunden mit den Nieren (im chinesischen Sinne) und damit den Energiespeichern für die ursprüngliche Energie (yuan qi). Verschiedene Akupunktur-Punkte auf der Körper-Oberfläche haben eine enge Verbindung zu diesem dāntián:<br.>Die bekanntesten und meist genannten Punkte liegen auf dem Unterbauch-Verlauf des renmai. Vor allem guanyuan (rènmài 4), qihai (rènmài 6) und shenque (rènmài 8 / Nabel). Sie werden häufig benutzt, um das untere dāntián zu aktivieren, z.B. durch das Auflegen der Hände, Massage, Klopfen usw. Huiyin (rènmài 1) der auf der Mitte des Damms zwischen Anus und Geschlechtsorganen liegt, gilt als der untere Zugang. Als "Treffpunkt des Yin" hat er eine wichtige Schlüsselrolle in der Aufnahme und Verteilung von inne.<br.> Mingmen (dumai 4), manchmal auch als "hinteres dāntián" bezeichnet, bildet den rückwärtigen Eingang zum unteren dantian. In der Qigong-Kultivierung spielen diese Punkte eine wichtige Rolle, manchmal einzeln, manchmal gemeinsam oder nacheinander, werden sie eingesetzt, um im Unterbauch das zu vermehren und zu stärken. Dabei können sie verschiedene Schwerpunkte setzen und unterschiedliche Wirkungen auslösen.

Die Vermehrung des im unteren dāntián ist wesentlich für die weitere Energiearbeit. Ist das xià dāntián schwach kommt es zu allgemeiner Schwäche und Erschöpfung, zu Kälteempfindlichkeit, zu Problemen mit Wirbelsäule, Knien, Ohren, Zähnen... Nicht zuletzt ist es Quell der Energie, die wir von den Ahnen erhalten haben. Einmal in Hinsicht auf das genetische Gut - es selbst auszuleben, die Möglichkeiten auszuschöpfen und sie auch weiterzugeben. Dann auch im Sinne der Verwirklichung einer inneren Bestimmung und dem mutigen, kraftvollen, vertrauenden Ausschreiten ins Leben.

Zhōng dāntián - das mittlere Dantian

Diese Bezeichnung meint meist das Energiezentrum in der Mitte des Brustkorbs (zur Ausnahme siehe unten). Dieser Bereich in vorne mit der Mitte des Brustbeins, speziell mit dem Punkt tanzhong/shanzhong (renmai 17) verbunden. Hinten ist es die Wirbelsäule zwischen den beiden Schulterblättern und vor allem der Punkt shendao (dumai 11) unterhalb des 5. Brustwirbels.<br.>Schon auf den ersten Blick verrät die enge Beziehung zu Herz und Lunge auch die Wirkung des Energiezentrums auf diese körperlichen Ebenen (Herz und Lunge und deren Erkrankungen). Vor allem die Rhythmik (Tag und Nacht, Jahreszeiten, Arbeit und Ruhe, Herzschlag, Atemfrequenz ...) wird hier beeinflusst. Vor allem ist dies aber ein Energiezentrum, in dem der Einfluss der Himmels als spirituelle, inspirierende Kraft zum Tragen kommt. Die große Gabe, die Dinge, die da kommen, die Menschen um uns herum und sich selbst ins Herz zu schließen und alle Tätigkeiten "von Herzen" kommen zu lassen erlaubt einen kleinen Ausblick auf die energetische und spirituelle Bedeutung dieses Zentrums. Eine Widerspiegelung dieser Herzens-Qualität ist auch in allen traditionellen Lehrer-Schüler-Beziehungen zu finden, in denen die Lehre immer "von Herz zu Herz" und nicht von Kopf zu Kopf weiter gegeben wird.<br.>Das mittlere dantian spielt auch im qìgōng für Frauen eine wichtige Rolle, da es das Blut stärkt und richtig eingesetzt, die weibliche Energie harmonisiert.

In manchen Richtungen des qìgōng bezeichnet man mit zhōng dāntián das Energie-Zentrum hinter dem Solar-Plexus, in der Mitte des Oberbauchs. Eng verbunden ist dieses dāntián mit zhongwan (renmai 12) und auf dem Rücken mit den gegenüberliegenden Punkten. Die enge Beziehung zum Zwerchfell, zu Leber, Gallenblase, Magen und Milz zeigt den starken Einfluss auf die "Mitte" im Sinne der chinesischen Medizin. Auf körperlicher und energetischer Ebenen betrifft das die Fähigkeit, aus Nahrung, eigene Energie zu gewinnen und damit kraftvoll und voller geerdetem Tatendrang durch den Alltag zu gehen. Hier klingt auch die Fähigkeit an, "in der eigenen Mitte zu bleiben", die Vergangenheit (Familie, Ahnen, Kindheit, Abstammung)und die persönlichen Ziele, Wünsche und Lebenswege in einen zufriedenen Einklang zu bringen. Gelingt dies nicht, ist man "nicht in der Mitte", kann dies schnel zu Erschöpfung, Trägkeit, Frust und Resignation führen.

Shàng dāntián - oberes Dantian

Das höchst gelegene Energiezentrum befindet sich hinter der Stirn, in der Schädelmitte (außer in den Schulen, die das mittlere dantian im Solar-Plexus lokalisieren; hier liegt es dann in der Brustmitte...). Auf der Stirn bietet der Extrapunkt yintang, auch "das dritte Auge" genannt, einen Zugang.

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Quánfǎ - Kampfkunst

Die Techniken werden von dem unteren dāntián (xià dāntián) aus koordiniert, von dem die Kampfkraft ausgeht. Über bestimmte Schlüssel1punkte an Händen und Füßen kann das in die Technik übertragen werden und diese in ihrer Wirkung vielfach verstärken. Durch Konzentration und Gedankenführung wird es an jede beliebige Stelle des Körpers bewegt und verstärkt dort die Handlung. Um dies zu ermöglichen, geht die Aufmerksamkeit (chūi) immer der Technik voraus. So wird das dāntián auch mit Autosuggestion und Vorstellungskraft gestärkt und mit zunehmender Übung deutlich als Mittelpunkt des Menschen empfunden. Dadurch, dass der Schwerpunkt aus dem Kopf nach unten verlagert wird, stellt sich automatisch eine Veränderung in der geistigen und körperlichen Haltung, Spannung und Atmung des Menschen ein.<br.>In den Kampfkünsten wird das untere dāntián nicht als Punkt, sondern als Feld verstanden. Dieses Feld befindet sich in der Tiefe der Bauchhöhle. Es umfasst die Punkte guanyuan (rènmài 4), qihai (rènmài 6), shimen (rènmài 5) und zhongji (rènmài 3). Über sein Zentrum, den Punkt qìhăi (气海 (氣海) - „Meer der Energie“, jap.: kikai), kann man das dāntián beeinflussen. Das dāntián im engeren Sinn ist der Bereich um den Punkt guanyuan und mit einer Beuteltasche zu vergleichen. Sammelt der Übende kein , bleibt sie leer. Nur durch die richtige Übung kann sie mit gefüllt werden und stellt dann ein Reservoir an Energie dar, die jederzeit abgerufen werden kann.

Studien Informationen

Siehe auch:<br.> Chin.: Zhōng | Qìgōng | Quánfǎ | Qìhăi | | Dāntián qì<br.>Jap: Hara | Tanden | Kikai | Naka<br.>Ablagen Dāntián

Literatur

  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste. BSK-Studien 2010.
  • Gabi Fischer-Lind: Qigong für alle Kampfkünste. Sportverlag Berlin.
  • Werner Lind: Karate Kihon. BSK 2007.
  • Werner Lind: Karate Kata. BSK 2011.
  • Werner Lind: Karate Kumite. BSK 2014.