Dǎoyǐn

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Version vom 8. Januar 2015, 20:14 Uhr von Stephanie Kaiser (Diskussion | Beiträge) (Dǎoyǐn 导引 (導引) und yǎngshēng 养生 (養生))
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Artikel aus: Lexikon der Kampfkünste<br.>Nachbearbeitet von: Stephanie Kaiser

Dǎoyǐn (chin.: 導引) bedeutet „Führen und Lenken“ und ist die Bezeichnung für eine Methode des qìgōng (jap. 道引 - dōin) und eine der drei strukturellen Säulen des qìgōng. Es sind meditative gymnastische Übungen, die das bewusste Lenken des in der körperlichen Bewegung lehren und die Grundlage aller ostasiatischen Kampfkünste sind. Ganz allgemein nannte man diese Übungen im Volk auch noch gōngfū (kungfu - intensive/harte Arbeit). Derselbe Begriff wurde später im Westen fälschlicherweise für die chinesischen Kampfkünste verwendet.

Heilsysteme im Alten China

Empirische Erkenntnisse ermöglichten den Chinesen die Linderung von auftretenden Krankheiten. In diesem Zusammenhang entstanden bereits 5000 v. Chr. die ersten chinesischen Heilmethoden. Sie unterschieden sich damals in territoriale Zonen und hingen zusätzlich von den Lebensgewohnheiten der dort lebenden Volksgruppen ab:

  • Běi 北 (Norden) – Die Heilsysteme um den nördlichen Gelben Fluss (huánghé) stehen in enger Beziehung zur Natur des Landes und entwickelten früh die Akupunktur, (zhēnzhì) die Kräuterverbrennung (moxa) auf der Haut (jiǔfǎ) und die Massage (ànmó), als wichtigste Verfahren.
  • Nán 南 (Süden) – Der südliche Teil Chinas wird von dem längsten chinesischen Strom yángzǐjiāng (chángjiāng oder jangtsekiang) vom Norden abgetrennt. Südlich des Flusses gab es fruchtbare Böden und eine üppige Vegetation. Die Menschen in diesen Gebieten brauten sich eine heilsame Medizin aus verschiedenen Baumwurzeln oder Pflanzen. Entsprechend gibt es im südlichen China viele Tinkturen, medizinische Weine, Pillen, Pulver, Salben und Pflaster. Die bekannteste südliche Medizin ist noch heute Ginseng, eine Wurzel, die im alten China für fast alle Krankheiten benutzt wurde.

In derselben Zeit etablierten sich daoistische Betrachtungen über die Grundbedingungen des Lebens, die den Menschen dazu anhielten, sich den natürlichen Prozessen des dǎo anzupassen. In diesem Zusammenhang entstand die erste präventive Gesundheitsgymnastik der Chinesen:

  • Dǎoyǐn 导引 (vorzeitliche Gesundheitsgymnastik) – Die dǎoyǐn (Führen und Lenken, jap. dōin) bestanden in alter Zeit aus Schwungbewegungen der Arme, die von einer rhythmischen Atmung begleitet wurden. Ziel der frühen dǎoyǐn war es, die Gelenke und Muskeln zu lockern und die Spannungsverhältnisse im Körper durch bewusste Atemlenkung (tùnà) und Meditation kontrollieren zu lernen. Als erste psycho-physische Übungen lehrten sie das Übertragen, Lenken, Kontrollieren und Anwenden der kosmischen Energie () im persönlichen Leben. Im chinesischen Volksmund bezeichnete man sie als gōngfū (kungfu - harte Arbeit). Später gebrauchte man diesen Begriff im Westen fälschlicherweise für die chinesischen Kampfkünste (quánfǎ).

Die dǎoyǐn gelten als die frühesten Formen des qìgōng. Sie waren weder kämpferisch noch kannten sie Vitalpunkte (xuè), doch sie legten den Grundstein zu späteren daoistisch-buddhistischen Übungen. Es gibt nachweisbare Verbindungen zwischen ihnen und den bāduànjǐn, wǔqínxì, wǔxíng, wǔqínquán, qìgōng und den späteren Übungskomplexen (tàolù) des quánfǎ.

Noch heute werden sie im qìgōng als Körpergymnastik zur Vorbeugung oder Bekämpfung von Krankheiten verwendet. Doch sie sind untrennbar mit dem alten Prinzip der chinesischen Lebenspflege (yǎngshēng) verbunden. Dadurch konstituieren sie ein kombiniertes System aus Gymnastik und Lebensanleitung (Verhalten, Ernährung, Umgang mit Emotionen und Anpassung an die Natur).

Dǎoyǐn 导引 (導引) und yǎngshēng 养生 (養生)

Bereits die dǎoyǐn, die mit der altertümlichen Lebenspflege yǎngshēng verbunden waren (5000 v. Chr. - man kennt die Reihenfolge ihrer Entstehung nicht), verhalfen zu einer wirkungsvollen Lebensbewältigung durch die Verwirklichung des dào im Selbst. Dào ist überall und in jedem. Wird es durch Einfachheit () und Natürlichkeit (zìrán) zugelassen, entsteht die innere Stille, wodurch es im Nicht-Handeln (wúwéi) wirken kann.

Übungsinhalte

Die dǎoyǐn des qìgōng kombinieren sich seit altersher mit den Atemübungen (tùnà) und der Diätik (chángmìng, wörtlich „Methoden zur Lebensverlängerung“). Ziel der dǎoyǐn ist es, Gelenke und Muskeln locker zu machen und die Entspannung und Anspannung des Körpers durch das Bewusstsein kontrollieren zu lernen. Die Übungsformen verhelfen zu einer guten Körperhaltung und dienen der Vorbeugung oder Bekämpfung von Krankheiten. Man kann diese Übungen auch selbständig (nur als Gymnastik) ohne Verbindung zu den Atemübungen betreiben, um seine Gesundheit zu fördern. Weitere populäre Formen der dǎoyǐn sind zafubei, das „Beklopfen von Bauch und Rücken“, und lishou, das „Hände Schwingen“. Beide Techniken finden auch heute noch große Anwendung, da sie leicht und wirkungsvoll sind. Heute wird der Name dǎoyǐn häufig für die Selbstmassage (Ziwo anmo) verwendet.

Ursprünge

dǎoyǐn

Die „Kunst der fünf Tiere“ oder „Spiel der fünf Tiere“ (wǔqínxì), die von Huá Tuó erschaffen wurde, bildet heute die Grundlage der chinesischen therapeutischen Gymnastik. Doch es besteht die Annahme, dass die dǎoyǐn die älteren chinesischen Bewegungsübungen darstellen. Es gibt sicherlich Verbindnungen zwischen den dǎoyǐn, den wǔqínxì, den später entstandenen bāduànjǐn und den Dào-Komplexen des quánfǎ.

Acht der beliebtesten dǎoyǐn sind:

  1. Zähneklappern und Trommeln: Zuerst werden die Backenzähne mehrmals- aufeinandergeschlagen, so als würde man kauen. Dann hält man mit beiden Handflächen die Ohren in einer Weise zu, daß die Finger sich am Hinterkopf berühren. Nun wird mit dem Zeigefinger der linken Hand auf den Mittelfinger der rechten Hand gedrückt, wobei man den Finger abrutschen lässt. Diese Form bringt Kopfschmerzen, Schwindelgefühle und Ohrensausen zum Abklingen.
  2. Nach links drehen und nach rechts schauen: Diese Form dient der Lockerung und Entspannung.
  3. Umrühren des Meeres und Schlucken des Speichels: Man bewegt die Zunge kreisend im Mund, damit viel Speichel produziert wird, den man dann schluckt. Diese Form behebt bitteren Mundgeschmack und dient der Verdauung.
  4. Massage der Kreuzbeingegend mit beiden Händen: Man erwärmt durch Reibung die Handflächen und massiert die Kreuzbeingegend beidseitig in senkrechter Richtung. Dies hilft bei Kreuzschmerzen und Menstruationsbeschwerden. Diese Form dient zur Befreiung von Kreuzschmerzen.
  5. Armstrecken: Man ballt die Fäuste und streckt beide Arme seitlich aus. Dann zieht man sie heran, als solle man sich etwas heranholen. Diese Form dient dem Ausrichten der Wirbelsäule.
  6. Doppelte Winde: Beide Hände liegen zur Faust geschlossen auf dem Brustkorb. Nun werden Schultern und Arme vor- und rückwärtskreisend bewegt. Diese Form regt die Fähigkeit der Atmungsorgane an.
  7. Heben der Handflächen: Man streckt die Arme mit nach oben gekehrten Handflächen vorwärts aus. Dann winkelt man die Unterame an, und zwar so, dass die Handflächen vor dem Gesicht stehen. Diese Form fördert die Fähigkeit der Magen- und Darmtätigkeit.
  8. Entspannte Muskeln, lockere Gelenke: Man streckt im Sitzen die Beine aus, senkt den Kopf, streckt die Arme vorwärts und ergreift die Zehen. Diese Form dient der Entspannung und Anregung des Kreislaufes.

Einfluss auf die Kampfkunst

Diese als therapeutische Übung gedachte Methode hat nicht nur Huá Tuó beeinflusst, sondern wurde in den Schulen des quánfǎ in ein kämpferisch orientiertes Körpertraining umgewandelt, behielt aber nach wie vor ihre gesundheitsfördernden Merkmale bei. Man kann sagen, dass die chinesische Heilgymnastik die gesundheitsfördernde Bewegungsgrundlage in allen kämpferischen Stilen des quánfǎ bildet und lediglich hinsichtlich der geistigen Grundhaltungen des Kämpfens und der technischen und taktischen Konzepte ergänzt wurde. Die Meister des quánfǎ analysierten auch die energetischen Strukturen der Tiere und bauten die Kampfgewohnheiten einzelner Tiere in ein Schema technischer und taktischer Manöver ein, aus denen sich die dào der Tierstile entwickelten.

Studien Informationen

Siehe auch: Qìgōng |

Literatur

  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste. BSK-Studien 2010.

Weblinks