Deshi

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Artikel von: Werner Lind

Deshi (jap.: 弟子) ist die Bezeichnung für einen Schüler, einen Lernenden oder einen Auszubildenden im budō.

Erläuterung

Das grundlegende Benennungsmotiv für Bezeichnungen der Kampfkunstschüler ist immer der zwischenmenschliche Aspekt des Lernprozesses (hito to hito no aida), entweder zwischen Lehrer und Schüler (shitei) oder zwischen Schüler und Schüler (hai). Obwohl es auch im Japanischen Begriffe gibt, die wie das deutsche Wort „Schüler“ bloß auf die Zugehörigkeit zur Institution „Schule“ oder auf das reine „Lernen“ hinweisen (z.B. gakusei), finden sie im Kampfkunstbereich keine Verwendung. Im budō werden alle dafür verwendeten Bezeichnungen anhand der zwischenmenschlichen Beziehungen formuliert. Dies gibt es zwischen Schülern und Lehrer (shitei) und zwischen Schülern untereinander (hai):

Shitei - Beziehung Lehrer-Schüler

  • Jiki deshi und Mata deshi - Jiki bedeutet „direkt“ und verweist auf die unmittelbare Nähe eines Schülers zu seinem Lehrer bzw. darauf, dass der Schüler vom Meister selbst in einer Kunst unterwiesen wird. Im Gegensatz dazu erhält der „indirekte Schüler“ (mata deshi) seinen Unterricht hauptsächlich durch die Vermittlung von Schülern eines Meisters, ohne dass die äußere Beziehung zu letzterem in den Hintergrund rückt. Die globale Verbreitung der japanischen Kampfkünste und die weltweite Reputation der japanischen Lehrer in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts rührt unter anderem daher, dass einige wenige westliche Interessenten in Japan für eine gewisse Zeit als jiki deshi unterwiesen wurden, die nach der Rückkehr in ihre Heimatländer begannen, mata deshi auszubilden, ohne selbst als Meister aufzutreten. Die Struktur heutiger Kampfkunstgesellschaften und -organisationen beruht insbesondere, wenn sie traditionell orientiert sind und einen Hauptlehrer haben - oft auf der jiki deshi - mata deshi Korrelation.
  • Uchi deshi und soto deshi - Das Begriffspaar uchi und soto bedeutet „innen“ und „außen“ und stellt in Verbindung mit dem Wort deshi eine ähnliche Differenzierung der Schüler dar, wie sie bei den Bezeichnungen jiki deshi und mata deshi bereits festgestellt wurde. Uchi deshi verweist auf einen Schüler, der innerhalb der Hausgemeinschaft eines Lehrers lebt, in die er aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses und seines vom Meister erkannten Entwicklungspotenzials aufgenommen wurde. „Innerer Schüler“ steht damit als Begriff für eine Person, die den Meister nicht nur im Kampfkunsttraining erleben, sondern auch bei seinen alltäglichen Verrichtungen begleiten und unterstützen darf, und somit die Möglichkeit besitzt, aus dessen gesamten Handeln und Wirken zu lernen. Im Gegensatz dazu meint das Wort soto deshi einen Schüler, der außerhalb einer solch engen Beziehung zum Lehrer steht und in der Regel nur technisch unterwiesen wird. Die Essenz der Meisterlehre (ura, okuden) bleibt ihm daher verschlossen.

Hai - Beziehung Schüler / Schüler

  • Deshi und hai - In den Kampfkünsten werden die Schüler unabhängig von ihrer Graduierung allgemein mit dem Begriff deshi bezeichnet. Dieses Wort ist eine Zusammensetzung der Zeichen für „jüngerer Bruder“ und „Kind“, wodurch sich ein deutlicher Bezug zum Lehrer (sensei) als dem Älteren und Erfahreneren ausdrückt.

So wie das Wort deshi auf die Beziehung eines Schülers zu seinem Lehrer verweist, bezeichnet hai, (Kamerad) die Beziehung des Schülers zu seinen Mitschülern.

  • Senpai, Dōhai und Kōhai - Diese Wörter bedeuten der Reihe nach „älterer Kamerad“, „gleichaltriger Kamerad“ und „jüngerer Kamerad, wobei der Bezug auf das Lebensalter nicht in jedem Fall wörtlich, sondern vielmehr übertragen hinsichtlich des Fortschritts auf dem Kampfkunstweg zu verstehen ist. Ausgangspunkt der Betrachtung ist dabei immer der eigene Fortschritt und die eigene Erfahrung. Schüler, die fortgeschrittener sind als man selbst, sind die ®senpai. Mitübende, die über ungefähr denselben Erfahrungshorizont verfügen wie man selbst, werden als ®dōhai bezeichnet, während Schüler, denen man im Sinne des Weges voraus ist, ®kōhai genannt werden.

Außer den unmittelbaren Anfängern in einer Kunst können daher alle Schüler eines Meisters zugleich senpai, dōhai und kōhai sein. Von entscheidender Bedeutung ist dabei die Beziehung der senpai zu den kōhai. Die senpai stellen das Bindeglied zwischen den weniger erfahrenen Schülern und dem Meister bzw. seiner Lehre (oshi) dar. Die Fortgeschrittenen haben die Aufgabe, darauf zu achten, dass sich die kōhai in das Regelgefüge der Kampfkunstschule (dōjōkun) gut eingliedern, und stehen diesen dabei mit Rat und Tat zur Seite. Durch ihre technische Überlegenheit sind die senpai als Übungspartner der kōhai in der Lage, diese im Training zur fördern und zu fordern; durch ihren geistigen Fortschritt auf dem Weg haben sie ein Bewusstsein entwickelt, das sie diese Überlegenheit nicht missbrauchen lässt.

Hintergründe

In den Wegkünsten hat das Schülersein jedoch eine andere Bedeutung als in den herkömmlichen Lernprozessen. Der Schüler einer Weglehre steht im Gegensatz zum Schüler der Wettkampfrichtungen in einer besonderen Beziehung (shitei) zu seinem Lehrer (sensei). Sein Fortschritt im System des kyūdan hängt von dieser Beziehung weit mehr ab als vom Lernen selbst.<br.>Die Vorstufe zu diesem Verstehen (mudansha) bezeichnet man in den Weglehren als shu, die Hilfestellung des Meisters im bereits erreichten Verständnis, d.h. die eigentliche Weglehre (yudansha), als ha und die selbständige Wegübung, d.h. die Meisterschaft (kodansha), als ri. Schüler eines Weges zu sein bedeutet, letztendlich in die Ha-Stufe einzutreten, eine unwiderrufliche Entscheidung zum Weg zu treffen und dieser Herausforderung in einem beständigen inneren Kampf zu entsprechen.<br.>Ob ein Meister einen Übenden als Wegschüler annimmt, wird nicht durch das Talent, sondern durch seine innere Fähigkeit (shisei) entschieden. In den meisten Fällen gibt es dafür eine lange Testzeit der ausschließlichen Formübung, in der sich der Übende als Mensch bewähren und zum Wegschüler entwickeln kann. Alle wirklichen Meister betrachten die Förderung eines nur auf Formperfektion bedachten Schülers ohne inneren Kampf, ohne die Fähigkeit zum Opfer und zum Ideal als Verrat am Weg. Nur die wenigsten Mitglieder eines dōjō können daher die Formhürde (shu) überspringen und in die Schülerstufe (ha) gelangen.

Studien Informationen

Siehe auch: Uchi deshi | Soto deshi | Shitei | Oshi |

Literatur

  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste. BSK-Studien 2010.
  • Werner Lind: Budo, der geistige Weg der Kampfkünste. Scherz-Verlag 1995.
  • Werner Lind: Klassisches Karatedō. Sportverlag 1997.
  • Werner Lind: Karate Grundlagen. BSK 2005.
  • Karlfried Graf Dürckheim: Der Ruf nach dem Meister. Barth-Verlag 1986.

Weblinks

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