Hyeong

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Artikel aus: Lexikon der Kampfkünste<br.>Nachbearbeitet von: Werner Lind | Markus Metzmann |

Hyeong (hangeul 형; hanja 形 / 型) ist die Bezeichnung für die Formen, später teul und pumsae in den koreanischen Stilen des taekwondo.

Etymologie des Begriffes

Der Begriff hyeong ist die neue Transkription (revidierte Romanisierung) des koreanischen Schriftzeichens (형) und wird in der älteren Transkription (McCune-Reischauer) als hyong bezeichnet. Im koreanischen Alphabet (hangeul) wird hyeong mit dem Zeichen 형 geschrieben, in seinem sino-japanischen Ursprung (hanja) schreibt man den Begriff mit 形 oder 型. Die letzteren Zeichen verweisen auf eine Verwandtschaft mit den gleichlautenden Begriffen aus China und Japan.<br.>Die Schriftzeichen 形 und 型 bedeuten „Form“, „Modell“ oder „Gestalt“. In China werden sie als xíng (形 - „Ablauf“, „Aussehen“, „Form“, „Muster“) oder als tàolù (套路 - „Behältnis für den Weg“) gelesen. In Japan bezeichnen sie die kata (形 oder 型 - „Form“). Zum Verständnis der hyeong ist daher eine Betrachtung ihrer Ursprünge und Inhalte nötig, denn traditionell sind sie mehr als nur ein technisches Konzept und erfordern ein intensives Studium in Theorie und Praxis.

Formbegriff in China

Hauptartikel: Tàolù | Xíng

Um die hyeong in ihrem gesamten Umfang zu deuten, sind Forschungen in ihrem chinesischen und japanischen Ursprung nötig:

  • (路) - das Schriftzeichen liest man im Chinesischen als oder luò, im Japanischen als michi (ro, 路) oder (道) und im Koreanischen als ro (로). In allen Fällen bedeutet das Schriftzeichen „Weg“, „Pfad“ oder „Straße“.
  • Tào (套) - im Japanischen (套), koreanisch to (토) oder tu (투). Der Begriff bezeichnet ein „Behältnis“ und steht auch für „umhüllen“ oder „bedecken“.
  • Tàolù (套路) - „Behältnis für den Weg“, z.B. auf einem Weg () der Übung werden Erkenntnisse in einem Behältnis (tào) versteckt. Damit gemeint sind auch die komplexen Formen (jap. kata) des chinesischen quánfǎ (拳法).
  • Xíng (形) - „Ablauf“, „Aussehen“, „Form“, „Muster“, im Japanischen gyō, kei, kata, katachi, nari im Koreanischen hyeong. Bezeichnung für die Formen des quánfǎ in Japan als kata (形 oder 型) bezeichnet. Hauptsächlich bezeichnet dieser Begriff den „Verlauf“ der Formen (jap. genkyo, 原拠 oder genkei, 原形).

Formbegriff in Japan

Hauptartikel: Kata

Die Japaner benutzen in ihrer Schriftsprache zur Bezeichnung einer Form zwei verschiedene kanji (形 und 型), die beide kata bedeuten und in Korea als hyeong gelesen werden. Beide bezeichnen zunächst eine Form, doch in der genaueren Betrachtung ihres Bedeutungsspektrums sind die Schriftzeichen durchaus differenzierbar:

  • Kata (形) - dieses kanji (im Japanischen gyō, kei, katachi, nari; im Chinesischen xíng, 形; im Koreanischen hyeong, 형), bedeutet "Form", "Figur", "Aussehen", "Muster", "Spur" und bezeichnet in den Kampfkünsten einen ritualisierter Bewegungsablauf. Das Schriftzeichen stellt piktographisch ein Fenster dar, durch das Sonnenstrahlen (彡) einfallen, die ein Schattenmuster entstehen lassen. Dieses Muster erzeugt eine erste ursprüngliche Form (genkei, 原形), eine erste sichtbare Erscheinung/Form (keibō, 形貌), deren Spur (keiseki, 形跡) verfolgt werden kann. Dafür gebraucht man auch den Begriff genkyo (原拠 - "Grund", "Basis", "Ursprung einer Angelegenheit").
  • Kata (型) - dieses kanji (auch kei, gyō; chin. xíng; kor. hyeong) verweist durch das im rechten Teil des Schriftzeichens enthaltene Radikal für ein Schwert (刀) auf einen genauen Zuschnitt, das linke Radikal, durch die vier sich schneidenden Linien auf eine exakt definierte Form, der untere Teil auf das Material (土, Erde). Auch dieses Schriftzeichen bezeichnen den Ablauf einer Form, ein Muster oder ein Aussehen. Sie binden an das chinesische Schriftzeichen xíng (形 / 型) und an das koreanische Zeichen hyeong (형) an und bezeichnen in den Kampfkünste einen Prototypen - eine zum näheren Studium auffordernde komplexe Angelegenheit. Im kombinierten Verständnis ergibt sich daraus die spezielle Bedeutung einer „irdenen Gussform“.

Formbegriff in Korea

Hauptartikel: Formen im Taekwondo | Teul | Pumsae

Die Formen der koreanischen Kampfsysteme berufen sich auf einen Ursprung in eigener Tradition, sind aber ausschließlich von chinesischen, okinawanischen und japanischen Modellen beeinflusst.

  • Hyeong (hangeul 형; hanja 形 / 型) - 20 traditionelle Formen, im ursprünglich koreanischen System, entwickelt von General Choi Hong Hi.
  • Teul (틀) - 24 Formen, aus den hyeong von General Choi Hong Hi in seiner neu gegründeten International Taekwondo Federation (ITF) weiterentwickelt.
  • Pumsae (hangeul 품새 / 태극; hanja 太極) - Bezeichnung der World Taekwondo Federation (WTF) für eigene Formen, die mit ihrer Gründung (1973) in Kraft traten.

Geschichte

Ursprünglich gab es im taekwondo 20 hyeong. Die verwendeten Bezeichnungen entsprechen der Umschrift für die koreanische Sprache nach der Revidierten Romanisierung und sind sowohl in den Schriftzeichen hageul und hanja angegeben.

Ursprüngliche Hyeong

Ursprünglich gab es im taekwondo 20 hyeong, die von Choi Hong Hi gegründet wurden:

  1. Cheon Ji (천지 / 天地) - 19 Bewegungen (auch chonji - Himmel und Erde), Symbol für einen Neuanfang.
  2. Dan Gun (단군 / 檀君) - 21 Bewegungen, (auch tangun). Dangun war nach einer koreanischen Legende der Sohn eines Gottes, der 2333 v.Chr. Korea gegründet haben soll.
  3. Do San (도산 / 島山)- 24 Bewegungen (auch tosan), Pseudonym des koreanischen Patrioten (An Chang Ho), der für Unabhängigkeit und Bildung eintrat.
  4. Won Hyo (원효 / 元曉 ) - 28 Bewegungen, auch Name eines buddhistischen Mönches, der in der Silla-Dynastie (686) den Buddhismus nach Korea brachte.
  5. Yul Gok (율곡 / 栗谷) - 38 Bewegungen (auch yulkok), Synonym für den 38. Breitegrad, auf dem der Geburtsort des Philosoph und Gelehrter Yi I liegt. Er legte sich dieses Pseudonym zu.
  6. Jung Geun (중근 / 重根) - 32 Bewegungen (auch chunggun), stehen für das Alter in dem An Chung Gun wegen der Ermordung des japanischen Generalgouverneurs für Korea Itō Hirobumi, im Jahre 1910 hingerichtet wurde. An Chung Gun war ein Patriot, der als Freiheitskämpfer gegen die Japaner zum koreanischen Nationalhelden wurde.
  7. Toi Gye (퇴계 / 退溪) - 37 Bewegungen, bezieht sich auf den Geburtsort des neokonfuzianischen Gelehrten (Konfuzianismus) und Schriftstellers Yi Hwang aus dem 16. Jahrhundert, der auf dem 37. Breitengrad lag. Das Schrittdiagramm der Form folgt dem Schriftzeichen für "Gelehrter" ().
  8. Hwarang (화랑 / 忠武) - der Begriff bezeichnet eigentlich eine alte koreanische Kriegerkaste und wird von Choi Hong Hi als Form mit 29 Bewegungen im taekwondo interpretiert. Geschichtlich entstanden die hwarang (Jugendblüten), nachdem der König Chin Hung im Jahre 576 eine Jugendorganisation ins Leben rief, deren Mitglieder sich später zu einer Kriegerkaste entwickelten und letztendlich die drei Königreiche Goguryeo, Silla und Baekje zu Korea vereinten. Die 29 Bewegungen stehen für die 29. Infanterie-Division, in der taekwondo hauptsächlich entwickelt wurde. In welchem Zusammenhang die hwarang dazu stehen, ist unklar.
  9. Chung Mu (충무 / 忠武) - Pseudonym für den Admiral I Sun Sin, der 1592 (Joseon-Dynastie) das erste gepanzerte Schlachtschiff (Schildkrötenschiff) erfand. Damit gelang es dem Admiral den Nachschub der japanischen Invasoren im Imjin-Krieg abzuschneiden und sie zum Rückzug zu zwingen. Choi Hong Hi verwendet die Bezeichnung für seine gleichnamige hyeong mit 30 Bewegungen. Einen Zusammenhang gibt es jedoch nicht.
  10. Gwang Gae (광개 / 廣開) - Namensgeber dieser hyeong ist der 19. König der Goguryeo-Dynastie. Er gewann alle verlorenen Gebiete einschließlich der Mandschurei zurück. Die 39 Bewegungen stehen für die 39 Jahre seiner Herrschaft.
  11. Po Eun (포은 / 圃隱)- Synonym für Chong Mong Chu, einem koreanischen Dichter, Physiker und Philosophen aus dem 14. Jahrhundert. Die hyeong besteht aus 36 Bewegungen.
  12. Gye Baek (계백 / 階伯) - diese hyeong (auch Ge Baek, 44 Bewegungen) wurde nach einem General aus der Baekje-Dynastie (um 660) entwickelt.
  13. Yu Sin (유신 / 庾信)- General Kim Yu Shin aus der Silla-Dynastie, ist der Namensgeber der 13. Hyeong. Er war maßgeblich zusammen mit China und der in Korea operierenden Hwarang-Organisation (siehe auch Hwarang hyeong) an der Vereinigung des dreigeteilten Korea beteiligt. Die 68 Bewegungen der Yu Sin hyeong stehen für das Jahr der Vereinigung (668) der drei Königreiche.
  14. Chung Jang (충장 / 忠壯) - General und Dichter Kim Duk Ryang (Yi-Dynastie) aus dem 15. Jahrhundert legte sich dieses Pseudonym zu. Er starb im Alter von 27 Jahren im Gefängnis.
  15. Eul Ji (을지 / 乙支) - General (auch Ul Ji, 42 Bewegungen), der Korea 612 gegen eine übermächtige chinesische Invasionsarmee verteidigte.
  16. Sam Il (삼일 / 三一) - bezeichnet das historische Datum der Unabhängigkeit Koreas von Japan. Anfangs der koreanischen Unabhängigkeitsbewegung (1. März 1919). Die 33 Bewegungen der hyeong erinnern an die 33 Koreaner, die die Unabhängigkeitsbewegung organisiert hatten.
  17. Go Dang (고당 / 古堂) - Patriot Cho Man Sik (Pseudonym Ko Dang), widmete sein Leben der koreanischen Unabhängigkeit und Bildung seines Volkes (diese Form wurde von der WTF gegen juche ausgetauscht. Die Idee, dass der Mensch alles beherrschen und entscheiden kann, kommt in dieser hyeong (39 Bewegungen) zum Ausdruck.
  18. Choe Yeong (최영 / 崔榮) - General Choe Yeung aus der Goryeo-Dynastie (14. Jahrhundert) ware der Namensgeber dieser hyeong (aucg Choi Yong, 45 Bewegungen). Er wurde vom späteren König, General Yi Song Gae, hingerichtet.
  19. Se Jong (세종 / 世宗) - König der 1443 das koreanische Alphabet hangeul erfand. Die nach ihm benannte hyeong hat 24 Bewegungen (entsprechend den 24 Grundbuchstaben des koreanischen Alphabetes) und zeichnet mit ihrem Schrittdiagramm das chinesische Zeichen für "König".
  20. Tong Il (통일 / 統一) - mit 56 Bewegungen steht für die Entschlossenheit, das seit 1945 gespaltene Korea wieder zu vereinigen. Korea wurde nach dem 2. Weltkrieg durch den ideologischen Konflikt zwischen den Russen und den Amerikanern in Nord- und Süd-Korea gespalten. Das Schrittdiagramm der hyeong symbolisiert die Wiedervereinigung von Nord und Süd.

Im taekwondo gibt es heute 24 hyeong, die für die 24 Stunden des Tages stehen und dadurch ein ganzes Leben symbolisieren. Denn "das ganze Leben scheint am Ende wie ein einziger Tag" (Choi Hong Hi), Die von Choi gegründete International Taekwondo Federation hat die Bezeichnung in teul geändert und gleichzeitig einige technische Aspekte verändert. Die World Taekwondo Federation (WTF) führte bei ihrer Gründung 1973 eigene Formen ein, die sogenannten pumsae.

Ergänzende und ausgetauschete Hyeong

  1. Eui Am (의암 / 義菴) - 45 Bewegungen. Son Byong Hi legte sich dieses Synonym zu. Er leitete am 1. März 1919 die koreanische Unabhängigkeitsbewegung (siehe die 16. Hyeong: Sam Il).
  2. Juche (주체 / 主體) - 45 Bewegungen, steht für eine koreanische Volksideologie vom Berg Baekdu.Choi Hong Hi ersetzte Ko Dang mit dieser hyeong.
  3. Yeon Gae (연개 / 淵蓋) - 49 Bewegungen (auch yongae). Im Jahr 649 (daher 49 Bewegungen) befreite General Yeon Gae Somun Korea von der Herrschaft der Tang-Dynastie und tötete dabei angeblich 300.000 chinesische Soldaten.
  4. Mun Mu (문무 / 文武) - 61 Bewegungen (auch moonmoo). Der 30. König der Silla-Dynastie vereinigte Goguryeo, Baekje und Silla zum Königreich Korea. Die 61 Bewegungen entsprechen den letzten Ziffern des Jahres 661, als Munmu den Thron bestieg.
  5. Seo San (서산 / 西山) - 72 Bewegungen (auch sosan). Im Jahr 1592 (Joseon-Dynastie) gründete der Mönch Choi Hyon Ung (Pseudonym Seo San) und sein Schüler Sa Myung Dang eine militante Gruppe von Kriegermönchen, die Korea vom Einfluss der Seepiraten wōkòu (jap. wakō) befreiten. Er war bereits 72 Jahre alt.

Studien Informationen

Siehe auch: Korea | Koreanischer Kampfsport | Taekwondo | Pumsae | Teul

Literatur

  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste. BSK-Studien 2010.

Weblinks