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− | Im ''[[shōtōkan | + | Im ''[[shōtōkan]]'' bildeten sich durch sie die zwanzig Regeln von [[Funakoshi Gichin]], die ''[[shōtō nijūkun]]'' ab. Sie sind durch verschiedene Quellen beeinflusst und haben ihrerseits den Geist des ''budō'' in allen Stilrichtungen des ''karate'' stark geprägt. Andere Leitsätze jedoch stammen aus dem japanischen „Weg des Schwertes“ (''[[kendō]]'') und kommen entweder aus dem ''[[shintō]]'' oder aus dem ''[[zen]]'', das eine lange Zeit bei den Meistern des Schwertes große Bedeutung hatte.<br.>Nachfolgend die wichtigsten überlieferten Leitsätze. Sie werden hier in die übergreifenden Kapiteln der [[BSK-Dōjōkun]] eingeordnet und von ''sensei'' [[Werner Lind]] weiterführend philosophisch interpretiert. |
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Aktuelle Version vom 23. September 2014, 00:50 Uhr
Artikel von: Werner Lind<br.>Nachbearbeitet von:
Der Begriff kaisetsu (jap.: 解説) bedeutet „Erklärung“, „Erläuterung“, „Kommentar“ oder „Interpretation“ und bezeichnet kontemplative Hilfen (gensoku und hokusen) für die Übenden der Wegkünste geidō. Die Bezeichnung entstammt dem Buddhismus und wird dort als kairitsu benannt.
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Die traditionelle Literatur der Kampfkünste enthält viele Leitsätze, die dazu erdacht wurden, die kontemplativen Gedanken der Übenden zu fördern. In ihnen liegt weitgehend die philosophische Essenz des budō. Die meisten stammen aus dem bushidō und sind stark vom shintō, vom zen und von den chinesischen Philosophien beeinflusst. Diese Leitsätze sind untrennbar mit der Budō-Übung verbunden und sollen nicht als Theorie gelernt werden, sondern als Beispiele für die Verwirklichung der dōjōkun dienen. Sie beziehen sich auf konkrete innere Hindernisse (bonnō), die in der Entwicklung eines Kampfkunstübenden auftauchen können und bieten durch ihre Erläuterungen Hilfen, auftauchende Probleme zu bewältigen.
Kaisetsu im Karate
Im shōtōkan bildeten sich durch sie die zwanzig Regeln von Funakoshi Gichin, die shōtō nijūkun ab. Sie sind durch verschiedene Quellen beeinflusst und haben ihrerseits den Geist des budō in allen Stilrichtungen des karate stark geprägt. Andere Leitsätze jedoch stammen aus dem japanischen „Weg des Schwertes“ (kendō) und kommen entweder aus dem shintō oder aus dem zen, das eine lange Zeit bei den Meistern des Schwertes große Bedeutung hatte.<br.>Nachfolgend die wichtigsten überlieferten Leitsätze. Sie werden hier in die übergreifenden Kapiteln der BSK-Dōjōkun eingeordnet und von sensei Werner Lind weiterführend philosophisch interpretiert.
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- On ko chi shin - beschäftige dich mit dem Alten, um das Neue zu verstehen
- Meikyō shi sui - ein klarer Spiegel reflektiert die Realität
- Tōdai moto kurashi - am Fuße eines Leuchtturms ist es dunkel
- Sekka no ki - die Feuersteine, die Funken schlagen
- Mushin no kokoro - den Geist befreien
- Gishin fuki - Technik und Geist sind untrennbar
- Myo wa kyo jitsu no kan ni ari - die Essenz liegt zwischen Angriff und Abwehr
- Kenjō no bitoku - durch Demut kommt die Stärke
- Ichi michi isshō - ein Tag, ein Leben
- Ken zen ichi - das Schwert und Zen sind eins
- Ri no shūgyō, waza no shūgyō - das Studium des Geistes und der Technik
- Uchi ni sei araba onozutō soto ni arawaru - die innere Haltung spiegelt sich in der äußeren.
Verteidige die Wege der Wahrheit
- Dōjō nomino Karate to omou na - Karate findet nicht nur im Dōjō statt
- Karate wa gi no tasuke - Karate ist ein Helfer der Gerechtigkeit
- Fugen jikko - lass deine Handlungen für dich sprechen
- Setsu do motsu - sei stark, doch wisse, wann du nachgibst
- Mazu jiko wo shire, shikoshite tao wo shire - erkenne dich selbst zuerst, dann den anderen
- Gasshō - sei dankbar für jeden Augenblick deines Lebens
- Wazawai wa getai ni shozu - Unglück geschieht immer durch Unachtsamkeit
- Mizu no kokoro - ein Geist wie Wasser
- Koe naki o kiki, katachi naki o miru - das Nicht-Geräusch, das du hören, und das Nicht-Bild, das du sehen kannst
Pflege den Geist des Strebens
- Mosshōseki - lass keine Spur hinter dir
- Ikken hissatsu - mit einem Schlag töten
- Ko gaku shin - halte deinen Geist zum Lernen offen
- Hito no te ashi wo ken to omoe - deine Hände und Füße müssen zu Schwertern werden
- Kan ni hatsu o irezu - kein Raum für ein einziges Haar
- Dō mu kyoku - ein Leben lang keine Grenzen
- Nana korobi ya oki - wenn du siebenmal hinfällst, steh achtmal auf
- Karate wa yu no gota shi taezu netsudo wo ataezareba moto no mizu ni kaeru - wahres Karate ist wie heißes Wasser, das abkühlt, wenn du es nicht beständig erwärmst
- Karate no shūgyō wa isshode aru - im Karate gibt es keine Grenzen
- Hito kata san nen - drei Jahre für ein Kata
- Hito kome, hito ase - ein Korn Reis, ein Tropfen Schweiß
- Seiki ekisei - Fortschritt verpflichtet zum Lehren
Ehre die Prinzipien der Etikette
- Oshi shinobu osu - habe Geduld mit dir und mit anderen
- Karate do wa rei ni hajimari, rei ni owaru koto wo wasuruna - Karate beginnt und endet mit Respekt
- Omoiyari - kümmere dich um andere
Verzichte auf Gewalt
- Heijō shin kore michi - der ruhige Alltagsgeist
- Karate ni sente nashi - im Karate gibt es keinen ersten Angriff
- Gijutsu yōi shinjutsu - Intuition ist wichtiger als Technik
Studien Informationen
Siehe auch: Dōjōkun | Shōtō nijūkun | Oshi |
Literatur
- Werner Lind: Budo. Der geistige Weg der Kampfkünste. Bern, München, Wien 1992 (S.51 ff)
- Morio Higaonna: Traditional Karate do. (3 Vol.), Japan Publications.
- Tadashi Nakamura: Karate, technique and spirit. Shufunotomo.
- Richard Kim: The classical man, Masters Publication.