Kenjō no bitoku

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Artikel aus: Lexikon der Kampfkünste<br.>Nachbearbeitet von: Werner Lind


Kenjō no bitoku (jap.: 謙譲の美徳) ist die „Tugend der Bescheidenheit“ (ken - 謙), sinngemäß: „Wahre Stärke kommt durch die Demut“. Der Budō-Leitsatz (kaisetsu) bezeichnet einen wichtigen Aspekt im Streben nach Fortschritt und Selbstverwirklichung.

Erklärung

Das Lebensziel vieler Menschen besteht im Streben nach Macht und Position, mittels derer sie sich durchsetzen und über anderen stehen wollen. Nur wenige fragen dabei nach dem Maß, nach der Verantwortung oder nach dem lebensgültigen Sinn, sondern nur nach dem praktischen Vorteil. In allen Lebensaspekten bemühen sich Menschen darum, in irgendeiner Weise die Ausnahme zu sein, sich im Überschreiten einer Norm vom Durchschnitt abzuheben und dadurch Vorteile zu erreichen. Dies ist auch die Grundlage der modernen Gesellschaft, deren Rang und Bedeutung in der Welt sich einzig auf ihrer Machtwirkung begründet.

Doch Wirkungen ohne lebensgültigen Sinn sind menschenunwürdig und verderben das Leben. Dieser Erkenntnis nicht fähig, hängen Menschen in den oberen und in den unteren Etagen der Gesellschaft dem Machtstreben an und üben durch die ihnen jeweils zur Verfügung stehenden Mittel eine destruktive Wirkung auf das Leben aus. Dies ist ein naiver und unreifer Selbstbestätigungskomplex, der jedoch viele zu solchen Demonstrationen von Stärke treibt. Schläger und Rowdies unterscheiden sich darin nur durch die Methode von manch hohem Beamten, der in derselben primitiven Gesinnung die Macht zur Verwirklichung ihres persönlichen Größenwahns verwendet.

Doch dies ist keine Stärke, sondern ein Zeugnis der Unreife, die im Besitz von Macht zur gefährlichen Waffe werden kann. Erst die Demut kann sie überwinden und innere Stärke zulassen. Menschliche Reife äußert sich nie durch den Geltungsdrang, sondern durch Harmonie und Frieden. Wahre Stärke kommt erst mit der Demut.

Wahre Demut entsteht im Kampf gegen das Ich und führt zur Erkenntnis, dass wir mit allem Lebendigen auf intensive Weise verbunden sind. Sie macht bewusst, wie klein und unbedeutend wir einerseits und wie gefährlich wir andererseits sein können, wenn wir die Verantwortung für unser Handeln ablehnen. Demut bezeugt sich in der Bewunderung für die Welt und in der Dankbarkeit, dass wir in ihr leben dürfen.

Demut kommt mit der Erkenntnis, dass wir trotz allem, was wir erreichen können, dennoch klein und unwichtig bleiben. Doch der unreife Mensch setzt sich immer darüber hinweg. Erhält er Macht, wird seine aus der Dummheit geborene Überheblichkeit zur Gefahr für andere. Dies ist einer der Gründe, warum die Übung der Kampfkünste die Demut erfordert.

Auch übermäßiges Lautsein, Angeberei, Arroganz und Unmaß sind Merkmale eines Menschen, dem es an Demut fehlt. Sie wirken in jeder Handlung mit und beeinflussen, unscheinbar im kleinen und wirkungsvoll im großen, das Leben in der Welt. Sie sind weder harmlos noch ungefährlich, sondern ein Zeugnis dafür, wie der Mensch in persönlicher Unschuld zu jener Kettenreaktion von lebensbedrohlichen Wirkungen beitragen kann, für die kein einzelner, sondern nur die Summe der einzelnen verantwortlich ist. Die Übung des budō macht darauf aufmerksam. Die aus der Demut entstehende Stärke führt zum Geist des budō. Übung, die das nicht berücksichtigt, verletzt die Grundregeln des Weges ().

Studien Informationen

Siehe auch: Kaisetsu |

Literatur

  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste. BSK-Studien 2010.

Weblinks