Klassische Karate-Kata: Unterschied zwischen den Versionen

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== Alte Kata (Koryū Kata) ==
 
== Alte Kata (Koryū Kata) ==
Mit dem Begriff ''[[koryū kata]]'' bezeichnet man das "alte System der kata" im okinawanischen ''[[karate]]'' (''[[koryū uchinādi]]'' - alte Schule des ''[[okinawate]]''). Dieses wurde über Jahrhunderte in einer Weise verwirklicht, in der  persönliche Erkenntnisse und Forschungen der Meister weitgehend in ein stilunabhängiges "Neutrum" zurückgefügt wurden, aus dem folgend sich weitere Entwicklungen etablieren konnten. Die Verteilung der okinawanischen ''kata'' auf die sich heranbildenden Stile (''[[ryū]]'') erfolgte z.B. nach diesem Muster. Auf Okinawa gab es lange Zeit nur "ein" von allen Stilen unabhängiges ''karate'' ([[Funakoshi Gichin]] beharrte noch in Japan darauf), das, ohne definiert zu sein, als "zentrales Neutrum" die persönlichen Interpretationen der Meister speiste, lenkte und orientierte.<br.>Zu jener Zeit gab es keine Bücher und keine Videos. Die Meister waren auf  ihre persönlichen Kontakte unterreinander angewiesen, und nur dort, wo diese funktionierten, entstanden gegenseitige Beeinflussungen. Erst dadurch öffnete sich das stets anonyme „Zentralarchiv", und nur dadurch konnten sich die verschiedenen ''kata'' in den Meisterlehren verbreiten.<br.>Entsprechend ihren Möglichkeiten und Absichten stellten die Meister ihr persönliches Programm für ''kata'' zusammen. So geschah es manchmal, dass eine ''kata'' aus ihrem Ursprungsstil verschwand, in einem neuen Stil aufgegriffen und inhaltlich verändert wurde (z.B. ''[[seisan]]'' oder ''[[naihanchi]]''). Falsche Interpretationen endeten in früheren Zeiten stets mit dem Tod des Initiators.
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Mit dem Begriff ''[[koryū kata]]'' bezeichnet man das „alte System der kata“ im okinawanischen ''[[karate]]'' (''[[koryū uchinādi]]'' - alte Schule des ''[[okinawate]]''). Dieses wurde über Jahrhunderte in einer Weise verwirklicht, in der  persönliche Erkenntnisse und Forschungen der Meister weitgehend in ein stilunabhängiges „Neutrum“ zurückgefügt wurden, aus dem folgend sich weitere Entwicklungen etablieren konnten. Die Verteilung der okinawanischen ''kata'' auf die sich heranbildenden Stile (''[[ryū]]'') erfolgte z.B. nach diesem Muster. Auf Okinawa gab es lange Zeit nur „ein“ von allen Stilen unabhängiges ''karate'' ([[Funakoshi Gichin]] beharrte noch in Japan darauf), das, ohne definiert zu sein, als „zentrales Neutrum“ die persönlichen Interpretationen der Meister speiste, lenkte und orientierte.<br.>Zu jener Zeit gab es keine Bücher und keine Videos. Die Meister waren auf  ihre persönlichen Kontakte unterreinande angewiesen, und nur dort, wo diese funktionierten, entstanden gegenseitige Beeinflussungen. Erst dadurch öffnete sich das stets anonyme „Zentralarchiv“, und nur dadurch konnten sich die verschiedenen ''kata'' in den Meisterlehren verbreiten.<br.>Entsprechend ihren Möglichkeiten und Absichten stellten die Meister ihr persönliches Programm für ''kata'' zusammen. So geschah es manchmal, dass eine ''kata'' aus ihrem Ursprungsstil verschwand, in einem neuen Stil aufgegriffen und inhaltlich verändert wurde (z.B. ''[[seisan]]'' oder ''[[naihanchi]]''). Falsche Interpretationen endeten in früheren Zeiten stets mit dem Tod des Initiators.
  
 
== Übungskata (Renshūhō Kata) ==
 
== Übungskata (Renshūhō Kata) ==
Mit ''[[renshūhō kata]]'' bezeichnet man verschiedene festgelegte Übungsmethoden, die in den  jeweiligen Stilen dem Lehrer helfen sollen, den Schüler nach seiner persönlichen Art und Weise zu unterrichten. '''Renshūhō''' (''renshū'' - Übung, ''hō'' - Methode) sind keine im klassischen ''karate'' festgelegten formalen Übungen, sondern vom ''[[sensei]]'' zur gezielten Ausbildung seiner Schüler übernommene, von ihm selbst gegründete oder veränderte Formen und können entsprechend den  Trainingsaufgaben auch variieren. Alle Methoden der ''renshūhō'' dienen vorwiegend dem Sichtbarmachen verschiedener vom ''sensei'' angestrebter Kampfkunstinhalte, die er unterrichten will.<br.>Seit jeher wurden von den ''sensei'' solche Übungsmethoden verwendet, mittels derer sie versuchten, ihren Schülern die Lehre des ''karatedō'' zu vermitteln. Die Methoden der ''renshūhō'' können als einzelne Übungssequenzen (z.B. ''renraku waza'') oder auch als komplexe formale ''kata'' (z.B. ''taikyoku kata'' oder ''jiyū ippon kumite'') angelegt werden. In vielen Stilen werden sie den Übenden anfangs als feste Form vermittelt, doch danach vom ''sensei'' in ihren eigentlichen Sinngehalt geführt. Keine dieser Methoden darf in ihrem anfänglichen Formzustand verbleiben (dieser ist nur Mittel zum  Zweck), sondern muss letztendlich vom ''sensei'' zum Fortschritt geführt werden. Die Fähigkeit zu Letzterem hängt aber vom ''sensei'' ab. Auch hier ist nicht der Stil und nicht die Form entscheidend, sondern die Weitsicht des Lehrers.
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Mit ''[[renshūhō kata]]'' bezeichnet man verschiedene festgelegte Übungsmethoden, die in den  jeweiligen Stilen dem Lehrer helfen sollen, den Schüler nach seiner persönlichen Art und Weise zu unterrichten. '''Renshūhō''' (''renshū'' - Übung, ''hō'' - Methode) sind keine im klassischen ''karate'' festgelegten formalen Übungen, sondern vom ''[[sensei]]'' zur gezielten Ausbildung seiner Schüler übernommene, von ihm selbst gegründete oder veränderte Formen und können entsprechend den  Trainingsaufgaben auch variieren. Alle Methoden der ''renshūhō'' dienen vorwiegend dem Sichtbarmachen verschiedener vom ''sensei'' angestrebter Kampfkunstinhalte, die er unterrichten will.<br.>Seit jeher wurden von den ''sensei'' solche Übungsmethoden verwendet, mittels derer sie versuchten, ihren Schülern die Lehre des ''karatedō'' zu vermitteln. Die Methoden der ''renshūhō'' können als einzelne Übungssequenzen (z.B. ''renraku waza'') oder auch als komplexe formale ''kata'' (z.B. ''taikyoku kata'' oder ''jiyū ippon kumite'') angelegt werden. In vielen Stilen werden sie den Übenden anfangs als feste Form vermittelt, doch danach vom ''sensei'' in ihren eigentlichen Sinngehalt geführt. Keine dieser Methoden darf in ihrem anfänglichen Formzustand verbleiben (dieser ist nur Mittel zum  Zweck), sondern muss letztendlich vom ''sensei'' zum Fortschritt geführt werden. Die Fähigkeit zu Letzterem hängt aber vom ''sensei'' ab. Auch hier ist nicht der Stil und nicht die Form entscheidend, sondern die Weitsicht des Lehrers.
  
 
== Studien Informationen ==
 
== Studien Informationen ==

Aktuelle Version vom 15. März 2012, 16:02 Uhr

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Artikel aus: Lexikon der Kampfkünste<br.>Nachbearbeitet von:

Das Konzept der klassischen karate kata ist die Grundlage für die Entwicklung der Grundschule (kihon) und der Partnerübungen (kumite) im karate. Im ersten Fall werden essentielle Grundlagen des qìgōng (Kultur der vitalen Energie) in Bewegung umgesetzt, im zweiten Fall werden technische und taktische Methoden der Selbstverteidigung (goshin) abgeleitet.<br.>Alle klassischen kata aus dem okinawanischen karate haben ihren Ursprung, ihren Sinn und ihre Anwendungsprinzipien im chinesischen quánfǎ. Es gibt keine andere Möglichkeit, die okinawanischen kata wirklich zu verstehen, außer durch ein intensives Studium der chinesischen Kampfkünste, aus denen sie abgeleitet wurden. Tradition, Geschichte und Philosophie spielen dabei eine wesentliche Rolle. Versucht man dennoch, sich einer kata nur über ihre äußere Form zu nähern, entstehen jene Missverständnisse, die seit vielen Jahren das moderne karate begleiten: naive Anwendungen oder improvisierte virtuose Technik-Kombinationen. Beides ist im sportlichen Bereich richtig, aber aus der Sicht des budō falsch.

Alte Kata (Koryū Kata)

Mit dem Begriff koryū kata bezeichnet man das „alte System der kata“ im okinawanischen karate (koryū uchinādi - alte Schule des okinawate). Dieses wurde über Jahrhunderte in einer Weise verwirklicht, in der persönliche Erkenntnisse und Forschungen der Meister weitgehend in ein stilunabhängiges „Neutrum“ zurückgefügt wurden, aus dem folgend sich weitere Entwicklungen etablieren konnten. Die Verteilung der okinawanischen kata auf die sich heranbildenden Stile (ryū) erfolgte z.B. nach diesem Muster. Auf Okinawa gab es lange Zeit nur „ein“ von allen Stilen unabhängiges karate (Funakoshi Gichin beharrte noch in Japan darauf), das, ohne definiert zu sein, als „zentrales Neutrum“ die persönlichen Interpretationen der Meister speiste, lenkte und orientierte.<br.>Zu jener Zeit gab es keine Bücher und keine Videos. Die Meister waren auf ihre persönlichen Kontakte unterreinande angewiesen, und nur dort, wo diese funktionierten, entstanden gegenseitige Beeinflussungen. Erst dadurch öffnete sich das stets anonyme „Zentralarchiv“, und nur dadurch konnten sich die verschiedenen kata in den Meisterlehren verbreiten.<br.>Entsprechend ihren Möglichkeiten und Absichten stellten die Meister ihr persönliches Programm für kata zusammen. So geschah es manchmal, dass eine kata aus ihrem Ursprungsstil verschwand, in einem neuen Stil aufgegriffen und inhaltlich verändert wurde (z.B. seisan oder naihanchi). Falsche Interpretationen endeten in früheren Zeiten stets mit dem Tod des Initiators.

Übungskata (Renshūhō Kata)

Mit renshūhō kata bezeichnet man verschiedene festgelegte Übungsmethoden, die in den jeweiligen Stilen dem Lehrer helfen sollen, den Schüler nach seiner persönlichen Art und Weise zu unterrichten. Renshūhō (renshū - Übung, - Methode) sind keine im klassischen karate festgelegten formalen Übungen, sondern vom sensei zur gezielten Ausbildung seiner Schüler übernommene, von ihm selbst gegründete oder veränderte Formen und können entsprechend den Trainingsaufgaben auch variieren. Alle Methoden der renshūhō dienen vorwiegend dem Sichtbarmachen verschiedener vom sensei angestrebter Kampfkunstinhalte, die er unterrichten will.<br.>Seit jeher wurden von den sensei solche Übungsmethoden verwendet, mittels derer sie versuchten, ihren Schülern die Lehre des karatedō zu vermitteln. Die Methoden der renshūhō können als einzelne Übungssequenzen (z.B. renraku waza) oder auch als komplexe formale kata (z.B. taikyoku kata oder jiyū ippon kumite) angelegt werden. In vielen Stilen werden sie den Übenden anfangs als feste Form vermittelt, doch danach vom sensei in ihren eigentlichen Sinngehalt geführt. Keine dieser Methoden darf in ihrem anfänglichen Formzustand verbleiben (dieser ist nur Mittel zum Zweck), sondern muss letztendlich vom sensei zum Fortschritt geführt werden. Die Fähigkeit zu Letzterem hängt aber vom sensei ab. Auch hier ist nicht der Stil und nicht die Form entscheidend, sondern die Weitsicht des Lehrers.

Studien Informationen

Siehe auch: Karate-Kata | Methoden der Karate-Kata | Geschichte der Karate-Kata | Studium der Karate-Kata | Bedeutung der Karate-Kata | Prinzipien der Karate-Kata | Philosophie der Karate-Kata | Kata-Liste (Karate) |

Literatur

  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste. BSK-Studien 2010.
  • Werner Lind: Budo - der geistige Weg der Kampfkünste. Scherz 1991.
  • Werner Lind: Okinawa Karate. Sportverlag Berlin 1998.
  • Werner Lind: Karate Grundlagen. BSK 2005.
  • Werner Lind: Karate Kihon. BSK 2007.
  • Werner Lind: Karate Kumite. BSK 2010.
  • Werner Lind: Karate Kata. BSK 2011.
  • Shoshin Nagamine: The Essence of Okinawan Karate. Tuttle 1976.
  • Richard Kim: The Weaponless Warriors. Ohara 1974.
  • Morio Higaonna: Okinawa Goju ryū. Minamoto Research, 1985.
  • Mark Bishop: Okinawan Karate. A & B Black 1989.
  • Pierre Portocarrero: Tode les origines du Karate do. Sedirep.
  • Kenji Tokitsu: Histoire du Karate do. SEM 1979.
  • Hokama Tetsuhiro: Timeline of Karate history. 2007.

Weblinks