Mushin

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Artikel aus: Lexikon der Kampfkünste

Mushin (jap. 無心) bedeutet „Nicht-Geist“, „Nicht-Sein", im übertragenen Sprachgebrauch „Unschuld“, „geistige Haltung der Absichtslosigkeit“. Der Begriff meint das Freimachen des Geistes von Vorurteilen und Gedanken, um unvoreingenommenes Handeln zu erreichen.

Allgemein

In den Interpretationen des budō steht der Begriff für die Absichtslosigkeit des Geistes (Freiheit vom Ich-Wollen), einem Zustand völliger Natürlichkeit und Unabhängigkeit vom dualistischen Denken, eine Geisteshaltung ohne Fixieren irgendeiner Art, offen für das intuitive Empfinden zusammenhängender Wirklichkeiten (Intuition und shisei). Dafür muss der Geist (shin) frei von belastenden Gedanken sein und darf nicht an Wunschvorstellungen oder Vorurteilen haften. Dies sind störende Faktoren aus dem rationalen Denken, die das Sehen beeinträchtigen. Mushin - der leere Geist - steht daher für ein Empfindungsorgan, das in der Lage ist, die Situation ungetrübt von eigenen Vorstellungen zu betrachten.

Anwendung

Mushin war ein bedeutungsvolles Ziel der samurai, die in ihrer Absicht „Jenseits von Leben und Tod gehen“ (Budō-Psychologie), die Übungsmethode des zen für ihre Zwecke gebrauchten. Wesentlich war dabei, durch Übung einen Zustand zu erreichen, in dem die Überwindung der Trennung der Welt in Subjekt und Objekt (Nicht-Dualismus) möglich wurde. Die Welt der Unterscheidungen (shabetsu) existiert nur in jenem Bewusstsein, in dem die Unwissenheit (mumyō) und der Wahn (bonnō) die Fähigkeit das Selbst zu betrachten verhindern. In jenem Zustand glaubt der Mensch an sein Ich als Endgültigkeit (Ich) und verhindert die Anpassung an das beständige Werden. Mushin ermöglicht eine Art Überindividualität, die sich aus dem kleinen Ich herauslöst, das Bewusstsein des Habens durch das Bewusstsein des Seins ersetzt und in der Lage ist, die eigene ursprüngliche Natur zu erkennen. Diese ist dieselbe, die die Buddhisten das „Herz Buddhas“, das Absolute nennen. Der Weg dahin führt über eine Form der Askese, die die Überwindung des „Habens“ anzielt, die Abhängigkeit von allem Irdischen besiegt und einem neuen Bewusstsein Raum schafft. Dieses ist jenseits von der Unterscheidung zwischen Objekt und Subjekt, also auch jenseits jeder Dualität, auch jener von Leben und Tod. Das Erwachen zu diesem Bewusstsein ist satori. Dies ist auch das Ziel aller Kampfkünste, die vom zen beeinflusst sind. Mushin ist das Gegenteil von ushin, dem in logischen Unterscheidungen fixierten und demzufolge oberflächlichen Geist, der einem nichtgeübten Menschen eigen ist. Munen mushin ist der Zustand der „Leere“ (shūnya), die totale Befreiung des Geistes, der nicht mehr fixiert (fudō shin) und sich nicht mehr durch die Erscheinung der Dinge beeinflussen lässt. Es ist dasselbe wie das chinesische wúwéi - „Nicht Handeln“. Suisei mushin bezeichnet, das eigene Leben beständig zu überdenken, wodurch man lernen kann, die Wichtigkeit der gewöhnlichen Dinge zu verstehen.

Studien Informationen

Siehe auch: Zanshin | Isshin | Kokoro

Literatur

  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste. BSK-Studien 2010.