Sōchin

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Artikel erstellt von: Werner Lind | Hendrik Felber

Der Begriff sōchin (壯鎭 / 壮鎮 / 荘鎭 ) bezeichnet Bewegungsformen (kata) des okinawanischen und japanischen karate. Man übt sie unter anderem im shitō ryū, im kobayashi shōrin ryū (kyūdōkan), shōrinjiryū kenkōkan karate, im shōtōkan ryū und im chitō ryū .

[[Bild:|thumb|right|150px|Sōchin
(Mabuni Kenwa)]]

Der Name sōchin

Der Kata-Name wird in der Regel so dargestellt: 壮鎮 . Das erste Kanji ist ein Kompositum aus 爿 (Stab) und 士 (Mann) und verweist mit dem Bild eines einen Stock schwingenden Mannes auf solche maskulinen Tugenden wie "Kraft", "Stärke" und "Mut" bzw. allgemein auf eine Ausstrahlung von "Männlichkeit", so dass das Zeichen alltagssprachlich auch auf einen Mann "in seinen besten Jahren" bezogen werden kann. Das zweite Zeichen assoziert ein beschwerendes "Metallgewicht" 金 und "Fülle" 真 und meint damit ein "Niederdrücken". Bezogen auf menschliche Emotionen versteht man unter chin demnach "beruhigen", "besänftigen". Sōchin ist demnach mit "ruhende Kraft" oder "Stärke und Zurückhaltung" zu übersetzen.<br.>Vor diesem Hintergrund mag es auf den ersten Blick etwas seltsam erscheinen, dass Funakoshi Gichin die Form in hakkō 八荒, d.h. wörtlich "acht Stürme" bzw. "acht Extreme" umbenannte. Verständlicher wird dies jedoch, wenn man zur Kenntnis nimmt, dass mit dem Begriff hakkō alle japanischen Landesgrenzen gemeint sind (die Zahl 8 steht im Japanischen häufig für eine Gesamtheit, vergl. happō kumite). Auf diese Weise bewahrte Funakoshi mit der Umbenennung den beschränkenden Aspekt des Namens sōchin und implementiere mit dem neuen Namen nationale Anklänge. Eine solche japanophile Attitüde ist auch bei anderen Kata-Umbennungen Funakoshis (etwa von pinan zu heian) zu bemerken. Im Gegensatz zu dieser Formengruppe wurde der Name hakkō jedoch nur kurze Zeite gebraucht; schon bald firmierte die kata auch im shōtōkan wieder unter ihrem ursprünglichen Namen sōchin.

Varianten der sōchin: Fakten, Indizien, Mutmaßungen

Über die Herkunft der Form ist nicht viel mehr bekannt, als dass sie von den meisten Interpreten dem Meister Aragaki Seishō 新垣世璋 (1840-1920) als Gründer bzw. maßgeblichen Überlieferer zugeordnet wird. Funakoshi Gichin erwähnt in seinen ersten Werken Ryūkyū kenpō karate (1922) und Rentan goshin karate jutsu (1925) in der lauterklärenden Silbenschrift katakana wohl als erster eine Form namens sōchin ソーチン, ohne jedoch näher auf sie einzugehen. So blieb es Mabuni Kenwa vorbehalten, 1938 im von Nakasone Genwa herausgegebenen Sammelband Karatedō taikan in einem recht umfangreichen Kapitel den vollständigen Ablauf der kata und grundlegende Anwendungen einem breiteren Publikum vorzustellen. Dabei ordnet er die nun mit Kanji bezeichnete Form explizit der Überlieferungslinie des Meisters Niigaki 新垣 zu, wobei das erste Namenskanji des bereits erwähnten Aragaki Seishō in einer Lesevariante erscheint. In der Einleitung zu seinen Erläuterungen räumt Mabuni jedoch ein, dass es eine Reihe von anderen Varianten dieser Form gäbe, jeweils abhängig von den unterrichtenden Meistern. Mabuni selbst erwähnt in seinem Werk Kōbō kenpō karatedō nyūmon 攻防拳法空手道入門 (etwa: "Einführung in den Karateweg der offensiven und defensiven Methode der Faust") aus dem Jahr 1935, dass es eine sōchin des Meisters Higaonna Kanryō gebe, die mit der Form des Meisters Aragaki nicht mehr als den Namen gemein habe. Ähnlich formuliert Itoman Seishin 糸満盛信 in seinem Buch Karatejutsu no kenkyū 唐手術の研究 (etwa: "Studien zu den Techniken der China-Hand") 1938, dass es neben Aragakis Form (Aragaki-shi sōchin 新垣氏ソーチン) noch eine auf Motobu Chōyū zurückgehende kata (Motobu-shi sōchin 本部氏ソーチン) gebe.<br.> Da die Higaonna sōchin und die Motobu sōchin als verloren gelten, bleibt es fraglich, ob Formen, die eine deutliche andere Bewegungsstruktur und ein anderes technisches Repertoire als die Mabuni sōchin haben, auch nur irgendeinen Bezug zu dieser auch als Aragaki sōchin bezeichneten Form besitzen. Zu diesen absolut unähnlichen Varianten zählen die Formen des chitō ryū, die des shōtōkan sowie die auch als Kudaka sōchin bekannte des shōrinjiryū kenkōkan. Bemerkt werden muss dabei, dass die beiden zuletzt genannten Versionen offensichtlich untereinander verwandt sind.

Enbusen und Bewegungsstruktur der shitō sōchin

Das Schrittdiagramm (enbusen) der .

Enbusen und Bewegungsstruktur der shōtōkan sōchin

Studien Informationen

Siehe auch: Kata | Karate-Kata | Kata-Liste (Karate) | Aragaki Seishō | Mabuni Kenwa

Literatur

  • Habersetzer, Roland - Koshiki Kata. Die klassischen Kata des Karatedō. Chemnitz 2005
  • Mabuni, Kenwa - Die Form sōchin und die zugehörige Erläuterung. aus: Nakasone Genwa - Karatedō taikan, 1938
  • Kanazawa, Hirokazu - Shōtōkan Karate International. Kata (vol.1), 1982
  • Lind, Werner - Die klassische Kata. Geistige Herkunft und Praxis des traditionellen Karate. Bern, München, Wien 1995
  • Nakayama, Masatoshi - Best Karate 10. Unsu, Sōchin, Nijūshiho. 1987
  • Sakagami, Ryushō - Karatedō kata taikan, 1978
  • Takamiyagi Shigeru, Shinzato Katsuhiko, Nakamoto Masahiro [Autoren und Herausgeber] - Okinawa Karate kobudō jiten [Lexikon des okinawanischen karate und kobudō]. Tōkyō 2008.
  • Wittwer, Henning - Shōtōkan. Überlieferte Texte, historische Untersuchungen. Niesky 2007

Weblinks

  • Redmond, Rob - Kata. The Folk Dances of Shotokan.[1]
  • Sōchin (Shitō) [2]
  • Sōchin (Kyūdōkan) [3]
  • Sōchin(Shōtōkan) von Kanazawa Hirokazu [4]
  • Sōchin (Shōrinjiryū kenkōkan) [5]
  • Sōchin (Chitō ryū) [6]