Satsuma-Invasion: Unterschied zwischen den Versionen

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==Entstehung des Tōde==
 
==Entstehung des Tōde==
Durch die Verbindung mit dem ''quánfǎ'' wurde die Effizienz des ''te'' wesentlich gesteigert. Aus der Kombination der beiden etablierte sich das ''tōde'', dessen Ansatz auf der tatsächlichen Fähigkeit zum Kämpfen beruhte. Das ''tōde'' musste sich in realistischen Auseinandersetzungen bewähren und verwendete tödliche Techniken, die gegen die japanischen Invasoren angewendet wurden.
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Durch die Verbindung mit dem chinesischen ''[[quánfǎ]]'' wurde die Effizienz des ''[[te]]'' wesentlich gesteigert. Aus der Kombination der beiden etablierte sich das ''[[tōde]]'', dessen Ansatz auf der tatsächlichen Fähigkeit zum Kämpfen beruhte. Das ''tōde'' musste sich in realistischen Auseinandersetzungen bewähren und verwendete tödliche Techniken, die gegen die japanischen Invasoren angewendet wurden.
  
*'''[[Tōde]]''' (唐手): So veränderte sich das okinawanische ''te'' (Hand, Technik) durch den Einfluss des ''quánfǎ'' allmählich zum ''tōde'' (China-Hand), eine Bezeichnung, die sich ab ca. 1470 zu entwickeln begann, sich aber erst nach der Satsuma-Invasion (1609) etablierte. Die Bezeichnung verweist darauf, dass es sich um ein okinawanisches Kriegssystem mit chinesischen Einflüssen handelt. Das Schriftzeichen für ''tō'' 唐 bezeichnet „China“, ''de'' 手 ist eine phonetische Verzerrung des früheren ''te'' und bedeutet „Technik“ oder „Hand“. Dadurch entstand der Begriff ''tōde'' (Hand aus China), der die Kombination des te mit dem ''quánfǎ'' enthält.<br.>Das ''tōde'' ist ein Produkt der okinawanischen Selbstverteidigung gegen die japanische Besatzung. Die Okinawaner intensivierten ihre Widerstand und da sie keine Waffen hatten, entwickelten sie die Atemi-Techniken am Schlagpfosten (''[[makiwara]]'') und ihre Arbeitsgeräte (''[[dogū]]'') zu tödlichen Techniken. Das einzige Ziel des ''tōde'' war das Töten des Feindes, um selbst zu überleben.<br.>Die Methode wurde strikt geheim gehalten. In den ersten dreißig Jahren der Besatzung war sie so geheim, dass nur nahe Verwandte von einem Meister unterrichtet wurden. Selbst die geschriebene Chronik der okinawanischen Kriegssysteme wurde angehalten und erst um 1700 wieder fortgeführt. So blieb die Zeit von fast 90 Jahren, in der das ''tōde'' und ''[[kobujutsu]]'' definiert wurde, in der Geschichte des Landes praktisch inexistent.<br.>Durch viele Begegnungen der Satsuma-Samurai mit den Tōde-Experten, die oft mit dem Tod des [[samurai]] endeten, wusste auch das Volk um die ungeheure Wirkung dieser Kriegskunst. Doch kein Uneingeweihter kannte die Praxis oder die Lehrer. Das ''tōde'' wurde innerhalb der Familien weitergegeben und nur engsten Vertrauten unterrichtet. Die einfachen Menschen konnten sich die außergewöhnliche Wirkung des ''tōde'' nicht erklären und nannten die Kunst ''reimyō tōde'' (wunderbare chinesische Kunst) oder ''shinpi tōde'' (unerklärbare mysteriöses Kunst). Es entwickelte einen eigenen Kodex (''[[kikotsu]]'')[1] laut dem es dazu gedacht war, die Heimat zu verteidigen.
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*'''[[Tōde]]''' (唐手): So veränderte sich das okinawanische ''te'' (Hand, Technik) durch den Einfluss des ''quánfǎ'' allmählich zum ''tōde'' (China-Hand), eine Bezeichnung, die sich ab ca. 1470 zu entwickeln begann, sich aber erst nach der Satsuma-Invasion (1609) etablierte. Die Bezeichnung verweist darauf, dass es sich um ein okinawanisches Kriegssystem mit chinesischen Einflüssen handelt. Das Schriftzeichen für ''tō'' 唐 bezeichnet „China“, ''de'' 手 ist eine phonetische Verzerrung des früheren ''te'' und bedeutet „Technik“ oder „Hand“. Dadurch entstand der Begriff ''tōde'' (Hand aus China), der die Kombination des te mit dem ''quánfǎ'' enthält.<br.>Das ''tōde'' ist ein Produkt der okinawanischen Selbstverteidigung gegen die japanische Besatzung. Die Okinawaner intensivierten ihre Widerstand und da sie keine Waffen hatten, entwickelten sie die Atemi-Techniken am Schlagpfosten (''[[makiwara]]'') und ihre Arbeitsgeräte (''[[dogū]]'') zu tödlichen Techniken. Das einzige Ziel des ''tōde'' war das Töten des Feindes, um selbst zu überleben.<br.>Die Methode wurde strikt geheim gehalten. In den ersten dreißig Jahren der Besatzung war sie so geheim, dass nur nahe Verwandte von einem Meister unterrichtet wurden. Selbst die geschriebene Chronik der okinawanischen Kriegssysteme wurde angehalten und erst um 1700 wieder fortgeführt. So blieb die Zeit von fast 90 Jahren, in der das ''tōde'' und ''[[kobujutsu]]'' definiert wurde, in der Geschichte des Landes praktisch inexistent.<br.>Durch viele Begegnungen der Satsuma-Samurai mit den Tōde-Experten, die oft mit dem Tod des [[samurai]] endeten, wusste auch das Volk um die ungeheure Wirkung dieser Kriegskunst. Doch kein Uneingeweihter kannte die Praxis oder die Lehrer. Das ''tōde'' wurde innerhalb der Familien weitergegeben und nur engsten Vertrauten unterrichtet. Die einfachen Menschen konnten sich die außergewöhnliche Wirkung des ''tōde'' nicht erklären und nannten die Kunst ''reimyō tōde'' (wunderbare chinesische Kunst) oder ''[[shinpi tōde]]'' (unerklärbare mysteriöse Kunst). Es entwickelte einen eigenen Kodex (''[[kikotsu]]'')<small>[1]</small> laut dem es dazu gedacht war, die Heimat zu verteidigen.
  
 
=== Reimyō tōde 霊妙唐手 und Shinpi tōde 神秘唐手 ===
 
=== Reimyō tōde 霊妙唐手 und Shinpi tōde 神秘唐手 ===
 
Die strenge Geheimhaltung, die jahrhundertlang wie ein undurchdringbarer Schleier über dem okinawanischen ''tōde'' lag, schob nicht nur den japanischen Interessen einen Riegel vor, sondern auch der okinawanischen Unterschicht, die zu den geheim gehaltenen ''[[dōjō]]'' der Tōde-Lehrer keinen Zugang hatte. Vom Tag der Satsuma-Invasion (1609) bis zu dem Tag, als Meister Funakoshi das okinawanische ''tōde'' in Japan vorstellte (1921), waren die Japaner erfolglos bemüht, den Schleier des Geheimen um das okinawanische Kampfsystem zu lüften.
 
Die strenge Geheimhaltung, die jahrhundertlang wie ein undurchdringbarer Schleier über dem okinawanischen ''tōde'' lag, schob nicht nur den japanischen Interessen einen Riegel vor, sondern auch der okinawanischen Unterschicht, die zu den geheim gehaltenen ''[[dōjō]]'' der Tōde-Lehrer keinen Zugang hatte. Vom Tag der Satsuma-Invasion (1609) bis zu dem Tag, als Meister Funakoshi das okinawanische ''tōde'' in Japan vorstellte (1921), waren die Japaner erfolglos bemüht, den Schleier des Geheimen um das okinawanische Kampfsystem zu lüften.
  
Tōdejutsu und Kobujutsu - ein tödliches Kampfsystem (1609 - 1724)
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=== Tōdejutsu und Kobujutsu - ein tödliches Kampfsystem (1609 - 1724) ===
 
 
 
Die meisten Okinawaner waren schwer arbeitende Bauern, aber auch jene, die aus höheren Gesellschaftsschichten stammten (Adel, Palastwachen, Beamte) übten die Kampftechniken lediglich aus praktischen Gründen. Sie entwickelten ihr Können darin ohne jedwedes ethisches Beiwerk, denn sie wollten die ständigen Angriffe der Satsuma-Samurai überleben und ihre Familien und Dienstherren schützen. Obwohl immer zusammengehörend, unterscheidet man aus heutiger Sicht zwei Systeme:
 
Die meisten Okinawaner waren schwer arbeitende Bauern, aber auch jene, die aus höheren Gesellschaftsschichten stammten (Adel, Palastwachen, Beamte) übten die Kampftechniken lediglich aus praktischen Gründen. Sie entwickelten ihr Können darin ohne jedwedes ethisches Beiwerk, denn sie wollten die ständigen Angriffe der Satsuma-Samurai überleben und ihre Familien und Dienstherren schützen. Obwohl immer zusammengehörend, unterscheidet man aus heutiger Sicht zwei Systeme:
  
 
*'''Tōdejutsu''' 唐手術 (Technik der China-Hand) – Das tōdejutsu wurde bald zu einer tödlichen Waffe. Die Okinawaner, denen das Tragen von Waffen unter Androhung der Todesstrafe verboten war, wurden mit kampferprobten samurai konfrontiert, gegen die sie sich verteidigen mussten. Die einzige Möglichkeit dazu bestand im Gebrauch ihrer Arme und Beine. In intensivem Training wurden die Extremitäten gestählt, so dass sie selbst einen Samurai-Panzer durchdringen konnten.<br.>Das tōde jener Zeit war ein einfaches aber effektives System zum Töten. Es bestand aus einer extrem harten Körperdisziplin und der Ausbildung der Extremitäten zu gefährlichen Körperwaffen. Am makiwara wurden einfache Techniken zu tödlichen Wirkungen gebracht. Das Zentrum des Trainings waren die kata, die sich nach chinesischen Vorgaben, aber mit eigenwilligen okinawanischen Interpretationen entwickelten. Der erste bekannte Meister war Sakugawa Kanga (1733 - 1815), der in der Entwicklung des tōde zum okinawate eine entscheidende Rolle spielen sollte.
 
*'''Tōdejutsu''' 唐手術 (Technik der China-Hand) – Das tōdejutsu wurde bald zu einer tödlichen Waffe. Die Okinawaner, denen das Tragen von Waffen unter Androhung der Todesstrafe verboten war, wurden mit kampferprobten samurai konfrontiert, gegen die sie sich verteidigen mussten. Die einzige Möglichkeit dazu bestand im Gebrauch ihrer Arme und Beine. In intensivem Training wurden die Extremitäten gestählt, so dass sie selbst einen Samurai-Panzer durchdringen konnten.<br.>Das tōde jener Zeit war ein einfaches aber effektives System zum Töten. Es bestand aus einer extrem harten Körperdisziplin und der Ausbildung der Extremitäten zu gefährlichen Körperwaffen. Am makiwara wurden einfache Techniken zu tödlichen Wirkungen gebracht. Das Zentrum des Trainings waren die kata, die sich nach chinesischen Vorgaben, aber mit eigenwilligen okinawanischen Interpretationen entwickelten. Der erste bekannte Meister war Sakugawa Kanga (1733 - 1815), der in der Entwicklung des tōde zum okinawate eine entscheidende Rolle spielen sollte.
*'''Kobujutsu''' 古武術 (Technik der alten Waffen) – Die Japaner merkten bald, dass die Okinawaner ihnen durch das tōde gefährlich werden konnten und unternahmen ständig Anstrengungen, die Tōde-Meister ausfindig zu machen. Sie stellten das Training des tōde unter Todesstrafe und kontrollierten die Bürger nach sichtbaren Zeichen von Makiwara-Training. Doch die Okinawaner benutzten zunehmend mehr ihre täglichen Arbeitsgeräte zur Verteidigung und funktionierten ihren Gebrauch in gefährliche Waffen um. Viele dieser Waffen wurden dabei auch von ähnlichen Waffenkünsten in China inspiriert.<br.>Legenden überliefern Berichte über einen Kobujutsu-Experten namens Akahachi Ōyakei[2], der auf der Insel Yaeyama den Umgang mit dem Langstock (bō) lehrte. Ihm folgte Matsu Higa[3], der auf Hamahiga in den Waffen bō, tonfa und sai nachhaltige Überlieferungen hinterließ.
 
  
Damals befand sich der bedeutende Satsuma-Klan von Kyūshu (Japan), der von der Familie Shimazu angeführt wurde, im japanischen Bürgerkrieg von 1600 auf der Seite der Verlierer. Der Tokugawa-Klan, der die Entscheidungsschlacht von Sekigahara gewonnen hatte, erlaubte den unterlegenen Satsuma, ihre Fürstengebiete zu behalten (als Tozama-Daimyo - Fürst von außerhalb). Wegen der möglichen Bedrohung jedoch, die von den Tozama-Daimyo immer ausging, behielt man die Satsuma im Auge. Eines Tages erließ die Regierung das sogenannte "Tokugawa-Dekret", in dem den Satsuma erlaubt wurde, Okinawa zu erobern. 1609 beendete die Invasion der Satsuma die Unabhängigkeit Okinawas.<br.>Japans Interesse an Okinawa geht auf das 12. Jahrhundert zurück und begründet sich darin, dass der erste König Okinawas, Shunten, japanischer Abstammung war. Dafür mußten die Okinawaner ab 1451 den Japanern Tribut bezahlen. Okinawa, ohne militärische Macht, unterwarf sich den Forderungen Japans, obwohl es bereits den Chinesen Tribut bezahlte. Doch der letztendliche Grund für die Eroberung Okinawas war keinesfalls der Freibrief der Tokugawa-Regierung, die dem Satsuma-Clan die Invasion in Okinawa erlaubte, um diesem die Möglichkeit zu geben, die Schande des verlorenen Krieges abzuwaschen, sondern Japans Zorn auf die Okinawaner, die ihm im vorausgegangenen China-Krieg die Unterstüptzung erwehrt hatten. Die Invasion des Satsuma-Clans auf Okinawa störte die Chinesen jedoch nur wenig. China wußte, dass es zur Zeit nicht in der Lage war, einen Krieg gegen Japan zu gewinnen, zumal es in der vorausgegangenen Schlacht einen Großteil seiner Schiffe verloren hatte.
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*'''Kobujutsu''' 古武術 (Technik der alten Waffen) – Die Japaner merkten bald, dass die Okinawaner ihnen durch das tōde gefährlich werden konnten und unternahmen ständig Anstrengungen, die Tōde-Meister ausfindig zu machen. Sie stellten das Training des tōde unter Todesstrafe und kontrollierten die Bürger nach sichtbaren Zeichen von Makiwara-Training. Doch die Okinawaner benutzten zunehmend mehr ihre täglichen Arbeitsgeräte zur Verteidigung und funktionierten ihren Gebrauch in gefährliche Waffen um. Viele dieser Waffen wurden dabei auch von ähnlichen Waffenkünsten in China inspiriert.<br.>Legenden überliefern Berichte über einen Kobujutsu-Experten namens Akahachi Ōyakei<small>[2]</small>, der auf der Insel Yaeyama den Umgang mit dem Langstock (''[[bō]]'') lehrte. Ihm folgte Matsu Higa<small>[3]</small>, der auf Hamahiga in den Waffen bō, tonfa und sai nachhaltige Überlieferungen hinterließ.
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Damals befand sich der bedeutende Satsuma-Klan von [[Kyūshu]] (Japan), der von der Familie [[Shimazu]] angeführt wurde, im japanischen Bürgerkrieg von 1600 auf der Seite der Verlierer. Der Tokugawa-Klan, der die entscheidende [[Schlacht von Sekigahara]] gewonnen hatte, erlaubte den unterlegenen Satsuma, ihre Fürstengebiete zu behalten (als [[Tozama Daimyo]] - Fürst von außerhalb). Wegen der möglichen Bedrohung jedoch, die von den ''Tozama Daimyo'' immer ausging, behielt man die Satsuma im Auge. Eines Tages erließ die Regierung das sogenannte "Tokugawa-Dekret", in dem den Satsuma erlaubt wurde, Okinawa zu erobern. 1609 beendete die Invasion der Satsuma die Unabhängigkeit Okinawas.<br.>Japans Interesse an Okinawa geht auf das 12. Jahrhundert zurück und begründet sich darin, dass der erste König Okinawas, Shunten, japanischer Abstammung war. Dafür mussten die Okinawaner ab 1451 den Japanern Tribut bezahlen. Okinawa, ohne militärische Macht, unterwarf sich den Forderungen Japans, obwohl es bereits den Chinesen Tribut bezahlte. Doch der letztendliche Grund für die Eroberung Okinawas war keinesfalls der Freibrief der Tokugawa-Regierung, die dem Satsuma-Clan die Invasion in Okinawa erlaubte, um diesem die Möglichkeit zu geben, die Schande des verlorenen Krieges abzuwaschen, sondern Japans Zorn auf die Okinawaner, die ihm im vorausgegangenen China-Krieg die Unterstüptzung verwehrt hatten. Die Invasion des Satsuma-Clans auf Okinawa störte die Chinesen jedoch nur wenig. China wusste, dass es zu der Zeit nicht in der Lage war, einen Krieg gegen Japan zu gewinnen, zumal es in der vorausgegangenen Schlacht einen Großteil seiner Schiffe verloren hatte.
  
 
== Angliederung an Japan ==
 
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Version vom 23. Juni 2014, 20:04 Uhr

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Unter den Königen der zweiten Shō-Dynastie erblühte Okinawa bis 1609 sowohl kulturell als auch wirtschaftlich vor allem durch den Einfluss der Chinesen. Das verhängnisvolle Datum Okinawas sollte der 5. April 1609 sein, als der japanische Satsuma-Klan die Insel eroberte.

Vorgeschichte

Der Satsuma-Klan von Kyūshū, angeführt von der Shimazu-Familie, unterlag 1600 in der Schlacht von Sekigahara den Streitkräften von Tokugawa Ieyasu, durfte aber als tozama daimyō („Fürst von außerhalb“) seine Hoheitsgebiete behalten. Da der Klan dem Tokugawa-Shōgun nach wie vor bedrohlich erschien, wurde ihm zum Ausgleich für die Niederlage erlaubt, die Insel Okinawa zu erobern. Im Jahre 1609 beendete die Satsuma-Invasion die Unabhängigkeit Okinawas und beanspruchte gleichzeitig die Vorherrschaft über alle Ryūkyū-Inseln.

Die Satsuma-Herrschaft

Nachdem der Satsuma-Klan Okinawa besetzt und unterworfen hatte, beanspruchte er gleichzeitig auch die Vorherrschaft über alle Ryūkyū-Inseln. Shimazu Iehisa erließ mit sofortiger Wirkung eine ganze Reihe von beschränkenden Verordnungen für das Inselreich, u. a. ein erneutes Waffenverbot für alle okinawanischen Bürger. Der amtierende okinawanische König Shō Nei (1589 - 1620) wurde festgenommen und als Geisel nach Japan gebracht. Das Ryūkyū-Königreich wurde den Satsuma mit sofortiger Wirkung tributpflichtig.<br.>Eine ganze Reihe von beschränkenden Verordnungen, die von Shimazu Iehisa verkündet wurden, beinhalteten auch eine Erneuerung des alten Waffenverbotes. Dennoch gab es zahlreiche Zusammenstöße zwischen den japanischen Samurai und den Inselbewohnern. In jener Zeit fanden die Kampfkünste einen enormen Aufschwung. Verschiedene Quánfǎ- und Te-Gemeinschaften trafen sich in geheimen Konferenzen, und schließlich wurden die Stile 1629 zu einer gemeinsamen Front gegen den Feind mobilisiert. Dies hatte zur Folge, dass sich aus der Kombination zwischen te und quánfǎ ein neuer Kampfstil entwickelte, der tōde genannt wurde. Es war ein chinesisch beeinflusster Kampfstil, dessen Ansatz auf der „echten“ Anwendung der Te-Techniken beruhte. Das tōde verwendete tödlich effektive Methoden, die gegen die japanischen Unterdrücker angewendet wurden. Auch begann man noch intensiver den Gebrauch verschiedener Arbeitsgeräte als Waffen zu studieren, und damit nahm auch die Weiterentwicklung des kobujutsu einen ungeheuren Aufschwung. Diese Entwicklung im 17. Jahrhundert ist der erste überlieferte Beweis für die okinawanische Selbstverteidigung te, die von den chinesischen Systemen des quánfǎ beeinflusst wurde und später zum tōde und okinawate, den Vorläufern des modernen karate führen sollte.<br.>In der Gesellschaft herrschte Anarchie und Gesetzlosigkeit. Die samurai der Satsuma zogen durchs Land und plünderten die Bevölkerung. Die Bauern konnten die hohen Tributforderungen an Reis, Korn und anderen Waren nicht erbringen, die von den Japanern gefordert wurden. Gleichzeitig mussten sie auch noch den Chinesen Tribut zahlen. Willkürliche Plünderungen, Vergewaltigungen und Selbstjustiz beherrschten das Land. Zum ersten Mal stand das okinawanische Volk einer feindlichen Besatzungsmacht gegenüber, gegen die es sich verteidigen musste.<br.>Diese Umstände intensivierten den Widerstand der Okinawaner gegen die japanischen Satsuma-Samurai. Doch sie waren weder organisiert, noch hatten das te, die erforderliche Kraft, gegen einen kampferprobten samurai zu bestehen.<br.>Überall auf der Insel fanden zunehmlich mehr tätliche Auseinandersetzungen zwischen okinawanischen Bürgern und japanischen samurai statt. Die Okinawaner mussten sich einzeln gegen professionelle samurai zur Wehr setzen, die ständig ihre Existenz und Familie bedrohten.<br.>Die auf Okinawa stationierten Chinesen störte die Invasion der Satsuma zunächst nur wenig. Politisch geschwächt, war China damals nicht in der Lage, einen Krieg gegen Japan zu führen. Doch zunehmend mehr unterstützten sie die Okinawaner in ihrem Widerstand gegen die Satsuma.<br.>Schließlich wurden 1629 Geheimbünde gegründet, die zu einer gemeinsamen Front gegen die Satsuma mobilisierten. Darin vereinigten sich verschiedene Gemeinschaften des quánfǎ und des te, um den Widerstand gegen die Japaner zu organisieren. Doch es kam nie zu einem organisierten Aufstand gegen die Japaner.

Die Zeit der Satsuma-Herrschaft

Alle Systeme waren geheim und natürlich gab es Konzepte, die ihre Schwerpunkte mehr im te hatten, während andere stärker vom quánfǎ beeinflusst wurden. Die Kampfkunstmeister übten sich entsprechend dem alten okinawanischen Kodex (kikotsu), laut dem sie ihre Kampfkraft zur Verteidigung ihrer Heimat einsetzen mussten. Sie bildeten geheime Widerstandsgruppen und bekämpften die japanischen samurai mit allen Mitteln. Viele starben in diesen Auseinandersetzungen, da die unbewaffneten Okinawaner nur wenig Chancen gegen die Waffen der samurai (bujutsu) hatten. Manche entwickelten auch unscheinbare Waffen (, nunchaku, tonfa, kama usw.), die sie als Landwirtschaftsgeräte mit sich tragen und im Kampf gegen die samurai einsetzen konnten. Sie überfielen die samurai überall, wo sie sie trafen, töteten sie und zogen sich unbemerkt zurück.<br.>Doch bald wurde der Satsuma-Regierung klar, dass die okinawanische Kampfkunst eine starke Beeinträchtigung ihrer Macht bedeutete. Daher wurde jeder Okinawaner, der sich in den bewaffneten oder unbewaffneten Künsten übte, gefangengenommen oder getötet. Die samurai untersuchten die Bauern nach Zeichen von Makiwara-Training an den Fäusten, nach waffenverdächtigen Arbeitsgeräten, kontrollierten ihre Häuser und versuchten ihre geheimen Treffpunkte aufzuspüren. Sie blieben immer in größeren Gruppen zusammen, um die beständigen Angriffe der Okinawaner abzuschwächen. Doch viele von ihnen starben im Kampf Mann gegen Mann durch die „leere Hand“ (kara-te) eines okinawanischen Bürgers, der im tōde ausgebildet war.<br.>Als die japanischen Herrscher merkten, dass sie durch Kontrollmaßnahmen die Entwicklung nicht stoppen konnten, belegten sie das ganze Land mit schweren Strafen. Zuerst wurden die Steuern erhöht. Die Beamten fanden immer neue Wege, von der Bevölkerung enorme Produktionsleistungen zu erzwingen, so dass für die Menschen kaum noch etwas zum Leben übrig blieb. Die Okinawaner wurden im wahrsten Sinne des Wortes terrorisiert. Auf Yanaguni (Nebeninsel) z.B. gab es inmitten der Insel einen Gong, den die Satsuma-Samurai dann schlugen, wenn sie alle Inselbewohner zum Rapport antreten lassen wollten. Dann mussten die Bewohner so schnell es ging übers Feld zur Sammelstelle laufen, die man Isshoda nannte. Die Älteren und Kranken, die dies nicht mehr schafften, wurden getötet.<br.>Am Strand von Kubuwari (Nebeninsel) gab es einen 3,60 m breiten Spalt in einem Felsen. Alle schwangeren Frauen mussten auf Anordnung der Satsuma darüberspringen. Diejenigen, die dies nicht schafften, stürzten in den Tod. Die Bewohner waren gezwungen, äußerste Härten zu ertragen, um erhöhte Produktionen an Reis, Korn und anderen Waren zu erbringen, die die Satsuma forderten. Gleichzeitig mussten sie auch noch den Chinesen Tribut zahlen. Solche und viele andere Begebenheiten fanden zu jener Zeit auf der Insel statt.<br.>Die meisten okinawanischen Geheimgruppen hatten das Ziel, ihren in Japan gefangenen König zu befreien. Erst zwei Jahre nach der Invasion kam dieser wieder nach Okinawa zurück, nachdem ein Vertrag mit der Tokugawa-Regierung geschlossen wurde, der Okinawa als das Alleineigentum der Satsuma garantierte. Der König wurde erneut in sein Amt eingesetzt, blieb jedoch unter ständiger Aufsicht und war eine Marionette der Satsuma.<br.>So hatten die Okinawaner auch weiterhin allen Grund, ihren Widerstand gegen die Satsuma aufrechtzuerhalten. Ihr bestes Mittel dazu waren die Kampfkünste. Obwohl es niemals zu einem organisierten Aufstand kam, gab es überall auf der Insel tätliche Auseinandersetzungen. Das tōde, das in diesen Auseinandersetzungen angewendet wurde, blieb bis 1900 von äußerster Geheimhaltung umgeben. In den ersten dreißig Jahren der Besetzung wurden die Kampfkünste so geheim gehalten, dass es nur nahen Verwandten gelang, von einem Meister unterrichtet zu werden. Wären diese Meister bekannt geworden, hätte man sie mit dem Tod bestraft. In dieser Zeit wurde auch die geschriebene Chronik der okinawanischen Kampfkünste angehalten und erst um 1700 wieder aufgenommen. So blieb diese Zeit von fast 90 Jahren, in der der Grundstein des okinawanischen tōde und kobujutsu gelegt wurde, in der Geschichte des Landes praktisch inexistent.<br.>Erst ab 1724 gibt es erneute Informationen über die Geschichte der okinawanischen Kampfkünste. Es hatte sich viel von der anfänglichen Spannung gelegt, wofür besonders König Sho Tei (1669-1709) sorgte, obwohl auch er nur eine Marionette der Satsuma war. Doch er setzte durch, dass höhere Stellungen im Staat wieder für Okinawaner zugänglich wurden und dass Okinawaner nach China fahren durften. Außerdem hatten viele der Satsuma-Samurai okinawanische Frauen geheiratet, was zu einer Annäherung der Japaner und Okinawaner führte. Keineswegs jedoch gab es Freundschaft, sondern bestenfalls einen Waffenstillstand.<br.>Zu jener Zeit bildeten sich drei führende Systeme des tōde, die man nach den Städten benannte, in denen sie hauptsächlich ausgeübt wurden: shurite, nahate und tomarite. Sie entwickelten sich etwa zur gleichen Zeit, jedoch unter verschiedenen Bedingungen. Erst gegen Ende des 17. Jahrhunderts wurden die Namen jener Meistern bekannt, die die jeweiligen Stile beeinflussten.<br.>Die Stile aus Shuri und Tomari bezeichnete man als shōrin ryū. Der erste Name, der genannt wird, ist der von Sakugawa aus Shuri. Ihm folgten in der Reihenfolge Sokon Matsumura, Yasutsune Itosu, Choshin Chibana, Chotoku Kyan u.a. In Tomari lebten Kosaku Matsumora, Oyadomari Peichin u.a. Das karate aus Naha nannte man shōrei ryū. Die ersten bekannten Namen waren Chatan Yara und Kanryo Higashionna, danach kam Chojun Miyagi, der das gōjū ryū gründete.

Entstehung des Tōde

Durch die Verbindung mit dem chinesischen quánfǎ wurde die Effizienz des te wesentlich gesteigert. Aus der Kombination der beiden etablierte sich das tōde, dessen Ansatz auf der tatsächlichen Fähigkeit zum Kämpfen beruhte. Das tōde musste sich in realistischen Auseinandersetzungen bewähren und verwendete tödliche Techniken, die gegen die japanischen Invasoren angewendet wurden.

  • Tōde (唐手): So veränderte sich das okinawanische te (Hand, Technik) durch den Einfluss des quánfǎ allmählich zum tōde (China-Hand), eine Bezeichnung, die sich ab ca. 1470 zu entwickeln begann, sich aber erst nach der Satsuma-Invasion (1609) etablierte. Die Bezeichnung verweist darauf, dass es sich um ein okinawanisches Kriegssystem mit chinesischen Einflüssen handelt. Das Schriftzeichen für 唐 bezeichnet „China“, de 手 ist eine phonetische Verzerrung des früheren te und bedeutet „Technik“ oder „Hand“. Dadurch entstand der Begriff tōde (Hand aus China), der die Kombination des te mit dem quánfǎ enthält.<br.>Das tōde ist ein Produkt der okinawanischen Selbstverteidigung gegen die japanische Besatzung. Die Okinawaner intensivierten ihre Widerstand und da sie keine Waffen hatten, entwickelten sie die Atemi-Techniken am Schlagpfosten (makiwara) und ihre Arbeitsgeräte (dogū) zu tödlichen Techniken. Das einzige Ziel des tōde war das Töten des Feindes, um selbst zu überleben.<br.>Die Methode wurde strikt geheim gehalten. In den ersten dreißig Jahren der Besatzung war sie so geheim, dass nur nahe Verwandte von einem Meister unterrichtet wurden. Selbst die geschriebene Chronik der okinawanischen Kriegssysteme wurde angehalten und erst um 1700 wieder fortgeführt. So blieb die Zeit von fast 90 Jahren, in der das tōde und kobujutsu definiert wurde, in der Geschichte des Landes praktisch inexistent.<br.>Durch viele Begegnungen der Satsuma-Samurai mit den Tōde-Experten, die oft mit dem Tod des samurai endeten, wusste auch das Volk um die ungeheure Wirkung dieser Kriegskunst. Doch kein Uneingeweihter kannte die Praxis oder die Lehrer. Das tōde wurde innerhalb der Familien weitergegeben und nur engsten Vertrauten unterrichtet. Die einfachen Menschen konnten sich die außergewöhnliche Wirkung des tōde nicht erklären und nannten die Kunst reimyō tōde (wunderbare chinesische Kunst) oder shinpi tōde (unerklärbare mysteriöse Kunst). Es entwickelte einen eigenen Kodex (kikotsu)[1] laut dem es dazu gedacht war, die Heimat zu verteidigen.

Reimyō tōde 霊妙唐手 und Shinpi tōde 神秘唐手

Die strenge Geheimhaltung, die jahrhundertlang wie ein undurchdringbarer Schleier über dem okinawanischen tōde lag, schob nicht nur den japanischen Interessen einen Riegel vor, sondern auch der okinawanischen Unterschicht, die zu den geheim gehaltenen dōjō der Tōde-Lehrer keinen Zugang hatte. Vom Tag der Satsuma-Invasion (1609) bis zu dem Tag, als Meister Funakoshi das okinawanische tōde in Japan vorstellte (1921), waren die Japaner erfolglos bemüht, den Schleier des Geheimen um das okinawanische Kampfsystem zu lüften.

Tōdejutsu und Kobujutsu - ein tödliches Kampfsystem (1609 - 1724)

Die meisten Okinawaner waren schwer arbeitende Bauern, aber auch jene, die aus höheren Gesellschaftsschichten stammten (Adel, Palastwachen, Beamte) übten die Kampftechniken lediglich aus praktischen Gründen. Sie entwickelten ihr Können darin ohne jedwedes ethisches Beiwerk, denn sie wollten die ständigen Angriffe der Satsuma-Samurai überleben und ihre Familien und Dienstherren schützen. Obwohl immer zusammengehörend, unterscheidet man aus heutiger Sicht zwei Systeme:

  • Tōdejutsu 唐手術 (Technik der China-Hand) – Das tōdejutsu wurde bald zu einer tödlichen Waffe. Die Okinawaner, denen das Tragen von Waffen unter Androhung der Todesstrafe verboten war, wurden mit kampferprobten samurai konfrontiert, gegen die sie sich verteidigen mussten. Die einzige Möglichkeit dazu bestand im Gebrauch ihrer Arme und Beine. In intensivem Training wurden die Extremitäten gestählt, so dass sie selbst einen Samurai-Panzer durchdringen konnten.<br.>Das tōde jener Zeit war ein einfaches aber effektives System zum Töten. Es bestand aus einer extrem harten Körperdisziplin und der Ausbildung der Extremitäten zu gefährlichen Körperwaffen. Am makiwara wurden einfache Techniken zu tödlichen Wirkungen gebracht. Das Zentrum des Trainings waren die kata, die sich nach chinesischen Vorgaben, aber mit eigenwilligen okinawanischen Interpretationen entwickelten. Der erste bekannte Meister war Sakugawa Kanga (1733 - 1815), der in der Entwicklung des tōde zum okinawate eine entscheidende Rolle spielen sollte.
  • Kobujutsu 古武術 (Technik der alten Waffen) – Die Japaner merkten bald, dass die Okinawaner ihnen durch das tōde gefährlich werden konnten und unternahmen ständig Anstrengungen, die Tōde-Meister ausfindig zu machen. Sie stellten das Training des tōde unter Todesstrafe und kontrollierten die Bürger nach sichtbaren Zeichen von Makiwara-Training. Doch die Okinawaner benutzten zunehmend mehr ihre täglichen Arbeitsgeräte zur Verteidigung und funktionierten ihren Gebrauch in gefährliche Waffen um. Viele dieser Waffen wurden dabei auch von ähnlichen Waffenkünsten in China inspiriert.<br.>Legenden überliefern Berichte über einen Kobujutsu-Experten namens Akahachi Ōyakei[2], der auf der Insel Yaeyama den Umgang mit dem Langstock () lehrte. Ihm folgte Matsu Higa[3], der auf Hamahiga in den Waffen bō, tonfa und sai nachhaltige Überlieferungen hinterließ.

Damals befand sich der bedeutende Satsuma-Klan von Kyūshu (Japan), der von der Familie Shimazu angeführt wurde, im japanischen Bürgerkrieg von 1600 auf der Seite der Verlierer. Der Tokugawa-Klan, der die entscheidende Schlacht von Sekigahara gewonnen hatte, erlaubte den unterlegenen Satsuma, ihre Fürstengebiete zu behalten (als Tozama Daimyo - Fürst von außerhalb). Wegen der möglichen Bedrohung jedoch, die von den Tozama Daimyo immer ausging, behielt man die Satsuma im Auge. Eines Tages erließ die Regierung das sogenannte "Tokugawa-Dekret", in dem den Satsuma erlaubt wurde, Okinawa zu erobern. 1609 beendete die Invasion der Satsuma die Unabhängigkeit Okinawas.<br.>Japans Interesse an Okinawa geht auf das 12. Jahrhundert zurück und begründet sich darin, dass der erste König Okinawas, Shunten, japanischer Abstammung war. Dafür mussten die Okinawaner ab 1451 den Japanern Tribut bezahlen. Okinawa, ohne militärische Macht, unterwarf sich den Forderungen Japans, obwohl es bereits den Chinesen Tribut bezahlte. Doch der letztendliche Grund für die Eroberung Okinawas war keinesfalls der Freibrief der Tokugawa-Regierung, die dem Satsuma-Clan die Invasion in Okinawa erlaubte, um diesem die Möglichkeit zu geben, die Schande des verlorenen Krieges abzuwaschen, sondern Japans Zorn auf die Okinawaner, die ihm im vorausgegangenen China-Krieg die Unterstüptzung verwehrt hatten. Die Invasion des Satsuma-Clans auf Okinawa störte die Chinesen jedoch nur wenig. China wusste, dass es zu der Zeit nicht in der Lage war, einen Krieg gegen Japan zu gewinnen, zumal es in der vorausgegangenen Schlacht einen Großteil seiner Schiffe verloren hatte.

Angliederung an Japan

In der Mitte des 19. Jahrhunderts erreichten Expeditionen aus dem Westen (Großbritannien, Frankreich, Niederlande und USA) die kleine Insel Okinawa. Noch immer kontrollierte der Satsuma-Clan die Geschicke des Landes. 1853 kam Matthew Calbraith Perry mit seiner Flotte nach Okinawa (Tomari). Er bot Freundschaft, Handel und Hilfe an, was die Satsuma erstmals gewährten.<br.>1868 fand in Japan die Meiji-Restauration statt, durch die der Stand der samurai und somit auch der der Satsuma offiziell aufgehoben wurde. 1871 wurde Okinawa voll an Japan angegliedert. Der Ryūkyū-König wurde 1879 abgesetzt und nach Japan gebracht, wo man ihm eine hohe Beamtenstellung und eine beträchtliche Pension anbot. Gleichzeitig endeten auch die jahrhundertelangen Tributzahlungen an China. Der japanische Kaiser (shōgun) wurde 1879 zum alleinigen Herrscher auf Okinawa ausgerufen. Damit endete die 259-jährige Herrschaft der Satsuma, und Okinawa wurde 1895 offiziell zur 47. Präfektur Japans erklärt. Zwar blieben die wichtigsten Regierungsposten in den Händen der Satsuma, aber all ihre früheren Edikte wurden durch den Kaiser aufgehoben.<br.>Die japanische Regierung schickte nun Unterstützung nach Okinawa, um die Lebensbedingungen der Menschen zu verbessern. Ein umfassendes Programm der Erziehung und des Unterrichts in japanischer Sprache wurde eingeleitet. Das Land wurde industrialisiert und viele Einrichtungen modernisiert.<br.>Im Jahre 1905 wurde karate durch Meister Itosu Yasutsune als offizieller Teil des Unterrichts an den Schulen Okinawas eingeführt. Wann der Begriff okinawate durch karate ersetzt wurde, ist nicht genau bekannt. Erst 1936 wurden die alten Ideogramme durch die neuen ersetzt.<br.>Im Jahre 1921 brachte Meister Funakoshi Gichin das okinawanische karate nach Japan. Danach kamen mehrere Meister Okinawas nach Japan (Miyagi Chōjun und Mabuni Kenwa) und gründeten ihre eigenen Stile. In den fünfziger Jahren begann die weltweite Verbreitung des karate als Sport.

Im Zweiten Weltgkrieg fielen 1945 in der Entscheidungsschlacht um Okinawa 17.000 amerikanische und 75.000 japanische Soldaten. Vom 23. Juni 1945 bis zum 15. Mai 1972 kontrollierten dann die Amerikaner die Ryūkyū-Inseln und errichteten in Naha eine starke Militärbasis.

[1] Kikotsu 気骨 - wörtlich „Rückgrad“, „Charakterstärke“, „Standfestigkeit“ (kotsu), stand in Japan während der Tokugawa-Zeit (1600) sinngemäß für den Moral- und Ehrenkodex der japanischen Stadtbewohner, entgegen dem Kriegerkodex (bushidō). Auf Okinawa wurde der Begriff entliehen und entwickelte sich zum Kodex des okinawanischen Widerstandes gegen die Satsuma.

[2] Akahachi Ōyakei 赤蜂大屋慶 - okinawanischer Experte des bō in der Frühzeit (vor 1600), ein Stammeshäuptling auf einer der Yaeyama-Inseln. Ihm schreibt man die erste systematisierte okinawanische kata für bō (Langstock) und eiku (Ruder) zu.

[3] Matsu Higa マチュー ヒジャー - früher okinawanischer Experte des kobujutsu (ca. 1700), besonders in den Waffen bō, tonfa und sai. Man weiß wenig über ihn, der Name ist vielleicht nur eine Symbolfigur für das kobujutsu von Hamahiga. Manche vermuten, dass er der Lehrer von Takahara Peichin war, der danach Sakugawa Kanga, den Lehrer von Matsumura Sōkon unterrichtete.

Studien Informationen

Siehe auch: Schlacht von Sekigahara |

Literatur

  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste. BSK-Studien 2010.