Shī (Löwe): Unterschied zwischen den Versionen

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K (Der Löwe in der chinesischen Kunst)
K (Wächterlöwen)
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Die sogenannten Wächterlöwen, Löwentorwächter oder auch Steinlöwen werden als ''shíshī'' (chin. 石狮) bezeichnet. Wie der chinesische Drache (''[[lóng]]'', - 龍,) hat der steinerne Löwe eine Schutzfunktion von Amtsgebäuden oder Tempeln. Als Wächter ist der Löwe aber auch innerhalb von Gebäuden oder auf Brücken anzutreffen. So schmücken die sogenannte Marco-Polo-Brücke (''Lúgōuqiáo'') in der Nähe von Peking beidseitig mehrere hundert Wächterlöwen.
 
Die sogenannten Wächterlöwen, Löwentorwächter oder auch Steinlöwen werden als ''shíshī'' (chin. 石狮) bezeichnet. Wie der chinesische Drache (''[[lóng]]'', - 龍,) hat der steinerne Löwe eine Schutzfunktion von Amtsgebäuden oder Tempeln. Als Wächter ist der Löwe aber auch innerhalb von Gebäuden oder auf Brücken anzutreffen. So schmücken die sogenannte Marco-Polo-Brücke (''Lúgōuqiáo'') in der Nähe von Peking beidseitig mehrere hundert Wächterlöwen.
  
Bei paarweise aufgestellten Löwen ist der rechte Löwe östlich ausgerichtet. Er ist das männliche Tier (''[[yīn und yáng|yáng]]'') und hält unter seiner linken Pranke einen gestickten Ball oder auch eine Perle. Das linke Tier ist westlich ausgerichtet und weiblich (''[[yīn und yáng|yīn]]'') und hat unter der rechten Pranke ein Löwenjunges, das es säugt.
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Bei paarweise aufgestellten Löwen ist der rechte Löwe östlich ausgerichtet. Er ist das männliche Tier (''[[Yīn und Yáng|yáng]]'') und hält unter seiner linken Pranke einen gestickten Ball oder auch eine Perle. Das linke Tier ist westlich ausgerichtet und weiblich (''[[Yīn und Yáng|yīn]]'') und hat unter der rechten Pranke ein Löwenjunges, das es säugt.
  
 
Symbolisch steht der Ball für die Einheit und Kraft des Reiches. Die Perle ist ebenfalls ein Attribut des chinesischen Drachen und symbolisiert die Reinheit. Es heißt aber auch, dass der Ball wie ein Ei das Löwenjunge enthält. Das Rollen des Balles (Eies) durch das männliche Tier bewirkt das Ausschlüpfen, während das weibliche Tier das Junge mit seiner Pranke säugt. Einer weiteren Version der Geschichte um den Ball zufolge, bildet sich dieser durch ausgerissene Löwenhaare beim Liebesspiel, wodurch der Ball zum Symbol der Fruchtbarkeit wird. Der Ball, bzw. die Perle diente aber auch – wie beim Drachen – dazu, das Temperament des wilden Tieres zu besänftigen.
 
Symbolisch steht der Ball für die Einheit und Kraft des Reiches. Die Perle ist ebenfalls ein Attribut des chinesischen Drachen und symbolisiert die Reinheit. Es heißt aber auch, dass der Ball wie ein Ei das Löwenjunge enthält. Das Rollen des Balles (Eies) durch das männliche Tier bewirkt das Ausschlüpfen, während das weibliche Tier das Junge mit seiner Pranke säugt. Einer weiteren Version der Geschichte um den Ball zufolge, bildet sich dieser durch ausgerissene Löwenhaare beim Liebesspiel, wodurch der Ball zum Symbol der Fruchtbarkeit wird. Der Ball, bzw. die Perle diente aber auch – wie beim Drachen – dazu, das Temperament des wilden Tieres zu besänftigen.

Version vom 7. November 2014, 18:09 Uhr

Artikel von: Stephanie Kaiser

Der Löwe (chin. 獅 – shī) ist ein chinesisches Symbol für Macht und Kraft, aber auch für Schutz, insbesondere für den Staat und die Regierung. Er ist eine der beliebtesten Tierdarstellungen in der chinesischen Kunst. Der Löwe zählt zu den „wundertätigen Tieren, deren Anwesenheit die Gunst des Himmels anzeigte.“

Vorkommen und Arten

Der Löwe (Panthera leo) ist nach dem Tiger die zweitgrößte lebende Großkatze (Pantherinae), die in Afrika und Asien beheimatet ist. Der Asiatische Löwe (Panthera leo persica), auch Persischer Löwe oder Indischer Löwe, ist eine Unterart des Löwen und war früher auch in Südosteuropa, dem Mittleren und Nahen Osten verbreitet und stand 1913 kurz vor der Ausrottung. Heute kommt er, außer in Zoologischen Gärten, nur noch in Indien im Gir-Nationalpark auf der Halbinsel Kathiawar vor, weshalb auch zeitweilig die Bezeichnung Gir-Löwe verwendet wird. Aufgrund der geringen Population (250-300 Exemplare) und der stark begrenzten genetischen Vielfalt in diesem Gebiet wird die Unterart in der Roten Liste der IUCN (International Union for Conservation of Nature and Natural Resources) als „stark gefährdet“ (endangered) geführt. Der Asiatische Löwe ist ein Tier im Europäischen Erhaltungszuchtprogramm (EEP) der Zoos zur Erhaltung der Art.

Etymologie und Darstellung

Der Löwe ist in China nicht heimisch. Die Großkatze kam mit dem Buddhismus nach China, der im 3. Jahrhundert anfänglich den Herrschaftseliten und erst ab dem 7. Jahrhundert der Bevölkerung zugänglich war. Der Löwe wurde in China durch Gesandtschaften aus Westasien bekannt, die die Tiere aus diplomatischen Gründen, als Geschenke oder Tributgaben mitbrachten. Die Raubtiere wurden dann in den Gärten der chinesischen Kaiser gehalten. Es fanden sich allerdings auch bildliche oder plastische Darstellungen afrikanischer Löwen als Geschenk an den Kaiser. Der erste historische Beleg für einen lebenden Löwen in China stammt aus dem Jahr 87 n. Chr., der von einem asiatischen Prinzen als Tausch für die Heirat mit einer chinesischen Prinzessin an den Kaiserhof gebracht wurde. Auch der Seidenhandel brachte Löwen durch die Römer nach China.

Daher gab es im Chinesischen kein Wort für den Löwen und das Wort shī für Löwe entstammt dem Persischen shiar (شیر), das den Löwen bezeichnet.

Der Löwe in der chinesischen Kunst

Die häufigsten Abbildungen eines Löwen finden sich in der buddhistischen Kunst Chinas. Da der Löwe in China nicht vorkommt und das Tier ausschließlich dem Kaiser vorbehalten und am Kaiserhof zu sehen war, war das reale Aussehen der Großkatze den meisten Menschen unbekannt. Die Seltenheit des Tieres in China war vermutlich ein Grund, weshalb es eine große Faszination auf die Menschen ausübte. Die Künstler stellten das Raubtier deshalb ihrer Vorstellung entsprechend dar. Wie beim Tiger auch, gab es zwei unterschiedliche Stile, den Löwen in der chinesischen Kunst auf Bildern oder in Form von Skulpturen darzustellen: Die realistische Darstellungsweise, die weniger vertreten ist, und die eines Phantasietieres, die sich am häufigsten findet. Realistische Darstellungen des Löwen finden sich vorwiegend in der Tang-Dynastie (618-907). Eine Zeit, in der der Handel blühte und militärische Expansion einen größeren und engeren Kontakt mit dem „Löwenland“ brachte. In dieser Zeit war der Löwe das Symbol für die Tapferkeit der Tang. Nach dem Fall der Dynastie kehrten die Künstler zur übertriebenen und merkwürdigen Darstellung des Tieres zurück. Als Phantasietier hat der Löwe wenig Ähnlichkeit mit seinem wirklichen Aussehen. Es fanden sich sogar die Darstellungen des Löwen mit Flügeln oder als Chimäre[1]. Zeitweilig gibt es solche Übertreibungen in der Darstellung, dass der Löwe eher einem Pekinesenhund, dem sogenannten Fo-Dog („Buddhisten-Hund“) gleicht, als dem Raubtier. Äußerst charakteristisch ist aber in allen Löwendarstellungen die Mähne der Großkatze, die durch zahlreiche Locken gebildet wird. Die unrealistische Darstellung des Tieres zeigt sich außerdem beim weiblichen Löwen, der ebenfalls eine Mähne hat, die eine Löwin naturgemäß nicht besitzt.

Folklore

Obwohl der wildlebende Löwe in China unbekannt war, spielte er im Volksleben eine bedeutende Rolle. Während der Sung-Dynastie (960 bis 1279 n. Chr.) wurde der Löwe als „König der Tiere“ bezeichnet. Eine Bezeichnung, die dem des Tigers ( - 虍), als „Großer Herrscher“ (wáng dà - 王大) oder „König der wilden Tiere“ (兽王 - shòuwáng) gleicht und zudem der Bezeichnung des Löwen in der westlichen Welt entspricht. In der chinesischen Literatur ist der Löwe in einem Roman aus dem 17. Jahrhundert ein „himmlisches Tier“.

Buddhismus

Im Volksglauben hatte der göttliche Drache neun Söhne (Drachensöhne), die alle von unterschiedlicher Gestalt waren und verschiedene Eigenschaften und Charakterzüge besaßen. Es heißt, dass sie sich erst später in Drachen verwandelten. Der achte Drachensohn, Suanni (狻猊), auch Suanmi, hatte die Gestalt eines Löwen. Von ihm heißt es, dass er Rauch und Feuer liebte. Er war allgemein sehr träge und faul und bewegte sich wenig. Dennoch nahm Buddha Suanni aufgrund seiner Gestalt in seine Dienste auf und der Drachensohn wurde aufgrund seiner Erscheinung der Wächter vor Buddhas Thron. So finden sich häufig Buddha-Darstellungen mit einem Löwen. Löwen werden auch als Buddhas Hunde, oder bofo, bezeichnet. Ein Beiname Siddhartha Gautamas (sanskrit: सिद्धार्थ गौतम), auch Sakyamuni, dem Begründer des Buddhismus, war „der furchlose Löwe“.

Der Löwe „mit einer Goldhaarmähne“ ist das Reittier des Mañjuśrī (chin. 文殊 - wén shū), dem Bodhisattva der Weisheit und des Wissens. Er gleicht darin ebenfalls dem Tiger, der einigen Gottheiten als Reittier diente.

Da der Löwe als Symboltier mit dem Buddhismus nach China kam und Begleiter vieler Heiliger ist, findet man ihn außerhalb des buddhistischen Pantheons meist als Steinskulptur an heiligen Wegen.

Wächterlöwen

Die sogenannten Wächterlöwen, Löwentorwächter oder auch Steinlöwen werden als shíshī (chin. 石狮) bezeichnet. Wie der chinesische Drache (lóng, - 龍,) hat der steinerne Löwe eine Schutzfunktion von Amtsgebäuden oder Tempeln. Als Wächter ist der Löwe aber auch innerhalb von Gebäuden oder auf Brücken anzutreffen. So schmücken die sogenannte Marco-Polo-Brücke (Lúgōuqiáo) in der Nähe von Peking beidseitig mehrere hundert Wächterlöwen.

Bei paarweise aufgestellten Löwen ist der rechte Löwe östlich ausgerichtet. Er ist das männliche Tier (yáng) und hält unter seiner linken Pranke einen gestickten Ball oder auch eine Perle. Das linke Tier ist westlich ausgerichtet und weiblich (yīn) und hat unter der rechten Pranke ein Löwenjunges, das es säugt.

Symbolisch steht der Ball für die Einheit und Kraft des Reiches. Die Perle ist ebenfalls ein Attribut des chinesischen Drachen und symbolisiert die Reinheit. Es heißt aber auch, dass der Ball wie ein Ei das Löwenjunge enthält. Das Rollen des Balles (Eies) durch das männliche Tier bewirkt das Ausschlüpfen, während das weibliche Tier das Junge mit seiner Pranke säugt. Einer weiteren Version der Geschichte um den Ball zufolge, bildet sich dieser durch ausgerissene Löwenhaare beim Liebesspiel, wodurch der Ball zum Symbol der Fruchtbarkeit wird. Der Ball, bzw. die Perle diente aber auch – wie beim Drachen – dazu, das Temperament des wilden Tieres zu besänftigen.

Das Löwenjunge selbst steht für Wachstum, Wohlbefinden und das Gedeihen der Nachkommen.

Sind die Löwen Wächter von buddhistischen Tempeln, so bewacht der rechte Löwe die Schätze des Tempels und die buddhistischen Gesetze. Der linke Löwe hingegen, dessen Maul geschlossen ist, ist der Hüter der geheimen Kräfte des Buddhismus und des Universums, was durch das geschlossene Maul symbolisiert wird.

Wächterlöwen finden sich, wie der Tiger, häufig auch als Grabwächter. So sind die ersten Beispiele hierfür aus der Han-Dynastie (206 v. Chr. bis 220 n. Chr.) überliefert. Als Grabwächter kommen Löwen dann später häufiger vor und sind dann paarweise aufgestellt.

Von den beiden vergoldeten Wächterlöwen vor der „Halle der Pflege der Persönlichkeit“ in Yangxing Dian, dem Privatquartier der letzten drei Qing-Kaiser, heißt es, dass nur jene Menschen durch das Tor gehen könnten, die „reinen Herzens“ sind.

Beamtentum und Militär

Im chinesischen Beamtentum zeigen Löwenwächter vor dem Gebäude den Dienstrang eines Beamten durch die Locken in der Mähne an. Diese sind je nach Rang von größerer oder kleinerer Anzahl. Zudem kann der linke Löwe das Amt des höchsten Meisters darstellen, während der rechte, den „kleineren Beschützer“ symbolisiert. Letzteres ein Amt, das im kaiserlichen China, dennoch ein hohes Amt war.

Der Löwe fand sich ebenfalls in gestickter Darstellung auf Gewändern von Gerichtsbeamten oder auf der Kleidung von Soldaten, um militärische Dienstränge zu kennzeichnen.

In der Ming- und Qing-Dynastie war der Löwe im Militär der 1. beziehungsweise 2. Rang.

Löwentanz

Der Löwentanz ist traditioneller Bestandteil des mehrtägigen chinesischen Neujahrsfestes. Er wird aber auch bei dem sogenannten Laternenfest am 15. Tag des ersten Mondmonats getanzt, das das Neujahrsfest abschließt. In den Anfängen trugen die Darsteller Holzmasken und der Schwanz des Tieres wurde durch Fäden dargestellt. Die Augen des Tieres waren golden, die Zähne silbern. Wie beim Drachentanz wird der Löwe, je nach Größe des Tieres, von mehreren Männern unter einem großen Löwenkostüm mit Löwenmaske dargestellt und musikalisch begleitet. Der Löwentanz dient als glücksbringendes Ritual. Bedroht der Löwe während des Löwentanzes Straßenläden, kann er durch das Werfen von Münzen besänftigt werden.

Der Löwe in den Kampfkünsten

Neben den anderen Großkatzen Asiens, wie dem Tiger ( - 虍) oder dem Leopard (bào - 豹), ist auch der Löwe in den chinesischen Kampfkünsten der shǎolín in den sogenannten Tierstilen des quánfǎ aus der Provinz Fújiàn Shěng im Südosten Chinas im shīquán (獅拳 - Löwenboxen) und dem shīxingquán (Löwen-Tierboxen) vertreten. Wie viele andere Tiere in den Kampfkünsten, kommt der Löwe nicht nur in seinem eigenen Tierstil vor. So findet er sich beispielsweise auch im bāguà qìgōng (八卦氣功) als Schrittart wieder, wo der Löwenschritt in der Schrittfolge vor dem Schlangen- und dem Kranichschritt an erster Stelle steht.

Anmerkungen und Verweise

[1] Mischwesen in der Mythologie

Studien Informationen

Siehe auch: Shǎolínquán | Quánfǎ |

Literatur

  • Anthony Christie: Chinesische Mythologie. Emil Vollmer Verlag, Wiesbaden 1968, S. 132.
  • Wolfram Eberhard: Lexikon Chinesischer Symbole. Die Bildsprache der Chinesen. Heinrich Hugendubel, München 2004, ISBN 3-89631-428-9, S. 31, 181-182.
  • Roger Goepper: Das Alte China. Geschichte und Kultur des Reiches der Mitte. Bertelsmann, München 1998, ISBN 3-572-00868-9, S. 103, 105, 454.
  • Josef Guter: Lexikon der Götter und Symbole der Alten Chinesen. Marix, Wiesbaden 2004, ISBN 3-937715-04-5, S. 212, 222, 246.
  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste. BSK-Studien 2010.
  • Jeremy Roberts: Chinese Mythology A-Z. 2nd Edition, Chelsea House Publications 2009, ISBN 978-1-60413-436-0, S. 73-74.
  • John Seidensticker, Susan Lumpkin: Große Katzen. Jahr-Verlag, Hamburg, ISBN 0-86438-233-2, S. 202-203.
  • Clemens Zerling: Lexikon der Tiersymbolik. Mythologie – Religion – Psychologie. Drachen, Klein Jasedow 2012, ISBN 978-3927369-61-0, S. 197-202.

Weblinks