Tonfa

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Artikel aus: Lexikon der Kampfkünste<br.>Nachbearbeitet von: Peter Crepon

Tonfa (トゥンファー) bedeut wörtlich „Kurbel“ und bezeichnet eine okinawanische Waffe des kobujutsu und kobudō. Als Haushaltsgerät zum Mahlen von Getreidekörnern wurde sie im gesamten ostasiatischen Raum benutzt und mancherorts auch als Verteidigungswaffe umfunktioniert. Auf Okinawa nennt man sie tuifa, tunfa, tuifu, tongwa oder tunkua.<br.>Unter tonfajutsu wird das Technik-System der tonfa erläutert, unter tonfakata sind die Formen der tonfa aufgeführt und unter Tonfa-Meister die hauptsächlichen okinawanischen Vertreter diese Waffe.

Allgemeines über Tonfa

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Mühlstein mit Kurbel

Eigentlich war das tonfa anfangs nur eine Kurbel. Man verwendete sie, indem man den langen Teil oder den Griff (tsuka) in das Loch eines horizontal stehenden Mühlsteins steckte. Ein Teil des tonfa stand dann nach oben und konnte so als Kurbel benutzt werden. Dann füllte man das Korn in die Öffnung des Mühlsteins. Danach wurde der Mühlstein mit dem tonfa, also dieser Kurbel, gedreht und so das Getreide gemahlen. Am Ende des Tages nahm man die Kurbel aus der Mühle heraus. Eine perfekt getarnte Waffe in der Hand eines geübten Meisters.<br.>Die Handhabung des tonfa verlangt ein gutes Gleichgewichtsgefühl des Körpers und eine kraftvolle Geschmeidigkeit in den Handgelenken. Das Üben mit dem tonfa gewährleistet einen wirkungsvollen Schutz gegen Angreifer.<br.>Die Waffe wird ebenfalls von Polizeikräften genutzt; in dieser Verwendung jedoch nur als eine Art Schlagstock, mit dem ebenfalls gehebelt werden kann. Diese Art der Nutzung hat jedoch nichts mit der klassischen Anwendung gemeinsam.

Bestandteile der Tonfa

  • Zen atama (Nr. 1 Draufsicht) - das vordere Ende der tonfa.
  • Ushiro atama (Nr. 2 Draufsicht) - das hintere Ende der tonfa (ragt ca. 2 cm über den Ellenbogen heraus)
  • Monouchi (Nr. 3 Draufsicht) - der gesamte Holzkörper (ohne tsuka) hat diverse Konstruktionsformen
  • Yoko (Nr. 4 Draufsicht) - Seiten des Tonfa-Holzkörpers
  • Shomen (Nr. 2 Seitenansicht) - Innenseite des Tonfa-Holzkörpers. Sie liegt beim gyakute mochi am Unterarm an
  • Yoko nage (Nr. 2 Seitenansicht) - obere Seite des Tonfa-Holzkörpers
  • Tsuka (Nr. 4 Seitenansicht) - Griff der tonfa, angepasst an die Handgröße
  • Soko (Nr. 7 Seitenansicht) - Bezeichnung für die Außenseite der tonfa von ushiro atama bis zen atama
  • Tasui (Nr. 7 Seitenansicht) - untere Seite der tonfa
  • Sokumen (Nr. 6 Seitenansicht) - Bezeichnung für die Außenseite von ushiro atama bis zur Höhe der tsuka
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Konstruktionsformen der Tonfa

Der Hauptkörper (monouchi) der tonfa bestand auf Okinawa grundsätzlich aus Holz, wurde jedoch in verschiedenen Formen hergestellt:

  • Kaku tonfa - die eckige Tonfa-Form nennt sich kaku, was soviel wie Ecke oder Winkel bedeutet. Es ist ein tonfa, das aus einem vierkantigen monouchi hergestellt wird. Die Praxis hat gezeigt, dass diese Form sehr gut ausgewogen ist und sich besonders für das kumite (Kampf) eignet. Diese Variante gibt es auch noch mit konisch zulaufenden Enden. Dadurch wird eine hohe Rotationsgeschwindigkeit erreicht.
  • Hankei maru tonfa - tonfa mit dem halbrunden tasui (Unterseite des tonfa) nennt man hankei maru tonfa. Diese Waffe besitzt ähnliche Eigenschaften wie das kaku tonfa. Beide Formen, hankei maru und kaku, sind heute noch in den Tonfa-Stilen weit verbreitet.
  • Maru tonfa - tonfa mit rundem Körper ist die wohl am häufigsten verwendete Form. Man nennt diese Waffe mit rundem monouchi maru tonfa. Hier gibt es mehrere Varianten, bei denen das monouchi entweder nur am Ende oder aber vorn und hinten konisch zuläuft. Weiterhin gibt es tonfa, bei denen im ushiro atama (hinteres Ende der Waffe) kleine Gewichte eingearbeitet sind, um so eine höhere Rotation zu erreichen. Die Materialien sind ebenfalls sehr unterschiedlich und reichen von Roteiche bis Esche. Das tonfa wurde sogar aus Metall hergestellt. Im Allgemeinen werden aber Harthölzer verwendet.
  • Togarasu tonfa - wurde die Waffe aus einem Rundholz gefertigt, konnte sie zusätzlich noch am ushiro atama und zen atama angespitzt werden. Diese Form konnte zwar erhebliche Verletzungen beim Gegner hervorrufen, war aber auch in der Handhabung recht gefährlich. Das Zurückziehen des Armes zur Hüfte verlangte sehr viel Geschick, da man sich sonst durch das spitz zulaufende monouchi verletzen konnte. Diese Form des tonfa nennt man togarasu tonfa.
  • Sunakake tonfa - diese Form erinnert an ein Paddel oder eine Hacke. Der Begriff sunakake (auch eiku) bezeichnet ein Bootsruder. Dieses Ruder diente unter anderem auch als Gundlage für den sunakake . Die Kanten dieser tonfa konnten angeschärft werden, so dass es eine äußerst gefährliche Waffe darstellte. Man vermutet, dass diese Form eher aus einer Hacke (kuwa) entwickelt wurde.


Geschichtliche Entwicklung der Tonfa

Der Gebrauch des tonfa als ein bäuerliches Werkzeug ist nicht okinawanischen Ursprungs. Von daher fand die Entwicklung auch nicht auf Okinawa statt. Die Historiker gehen von einer ursprünglichen Nutzung des tonfa als Waffe in China aus, wo es auch als „eisernes Lineal“ bekannt wurde. Darüber hinaus war das Werkzeug aber auch bei vielen anderen Völkern des fernen Ostens im täglichen Gebrauch.

Zwei bekannte Namen, die mit dem okinawanischen kobujutsu und kobudō, insbesondere tonfajutsu, in Verbindung gebracht werden, sind Matsu Higa und Hama Higa. Nach ihnen sind die kata matsuhiga no tonfa und hamahiga no tonfa benannt. Über die Geschichte der beiden gleichnamigen kata und ihrer Gründer ist sehr wenig bekannt, da es kaum historische Quellen zu Matsu Higa und Hama Higa gibt. Unter den Kampfkunstexperten und Historikern werden die Geburtsdaten und die Existenz der beiden Personen kontrovers diskutiert. Dies ist deshalb ein Versuch, die geschichtlichen Fakten und Meinungen darzustellen.<br.>Das Geburtsdatum Matsu Higas wird nach verschiedenen Quellen folgenden Jahren zugeordnet: um 1700, 1663-1738 aber auch 1790-1870.<br.>Matsu Higa soll um 1700 auf der Insel Hamahiga gelebt haben. Eine Geschichte erzählt von einer Begebenheit, in der Matsu Higa auf der Insel Bokuto, in der Nähe von Formosa gegen einen chinesischen Tonfa-Meister mit seinem kämpfte. Matsu Higas beeindruckte den Tonfa-Meister so sehr, dass er dem Okinawaner seinen Tonfa-Stil lehrte, der heute in der matsuhiga no tonfa überliefert ist. Diese kata wird als der Ausgangspunkt für die Entwicklung der Tonfa-Stile Okinawas angesehen.<br.>Verwirrung herrscht jedoch über die kata hamahiga no tonfa und über ihren Gründer. So gibt es die Ansicht, dass die hamahiga no tonfa aus der früheren matsuhiga no tonfa entwickelt wurde. Daher soll die hamahiga no tonfa nach der gleichnamigen Insel benannt worden sein und repräsentativ für das tonfajutsu der Insulaner stehen.<br.>Andere Quellen behaupten, dass die hamahiga no tonfa von Hama Higa Pechin entwickelt wurde. Demnach war Hama Higa Pechin als Verwalter der gleichnamigen Insel Hama Higa Jime eingesetzt und ein Zeitgenosse von Matsu Higa. Beide mussten sich also gekannt haben und Hama Higa lernte von Matsu Higa. Nach dem bekannten Kobudō-Experten Taira Shinken, führte ein Hama Higa Pechin vor dem 5. Tokugawa-Shōgun Tsunayoshi (1646-1709) in Edo tōde und saijutsu vor. Dies wiederum belegt auch, dass die sogenannten „versteckten Waffen“ nicht nur von Bauern benutzt wurden, sondern auch von höheren gesellschaftlichen Klassen dieser Zeit.

Zuerst wurden jedoch sai und in den Kampfkunstschulen Okinawas geübt, bevor mit dem Training des tonfa begonnen wurde. Dies ist auch heute noch Praxis in den klassischen Schulen Okinawas. Man ging davon aus, dass es schon erheblicher Erfahrung in den Kampfkünsten bedurfte, um mit einer Waffe auf Leben und Tod bestehen zu können, die vordergründig einem landwirtschaftlichen Gerät ähnelt.<br.>Der Gebrauch des tonfa hat sich bis heute erhalten, wenn auch in stark veränderter Form. Die Waffe wird heute aus Kunststoff hergestellt und von der Polizei als eine Art Schlagstock eingesetzt. Diese Methode hat jedoch wenig mit dem ursprünglichen tonfajutsu, in dem die Waffe paarweise zum Schlagen, Blocken und Stoßen benutzt wird, zu tun.

Studien Informationen

Siehe auch: Kobujutsu (Okinawa) | Kobudō (Okinawa)

Literatur

  • Peter Crepon: Klassisches Tonfajutsu, Grundschule, Übungsmethoden und Kata, BSK Verlag 2005.
  • Katherine Loukopoulos, Andreas Quast: Eine Einführung in Ryukyu Kobudo (Eigenverlag 2002)

Weblinks