Yoroi

Aus Budopedia
Version vom 22. Januar 2012, 22:51 Uhr von Stephanie Kaiser (Diskussion | Beiträge) (Dekorative Rüstungen (uchidashidō))
(Unterschied) ← Nächstältere Version | Aktuelle Version (Unterschied) | Nächstjüngere Version → (Unterschied)
Wechseln zu: Navigation, Suche
120px-Qsicon Ueberarbeiten.svg.png Der Inhalt dieser Seite ist nicht vollständig und muss überarbeitet werden.

Artikel aus: Lexikon der Kampfkünste<br.>Nachbearbeitet von: Werner Lind

Yoroi (鎧 oder 甲) bedeutet Rüstung, Harnisch. Andere Begriffe sind katchū und gusoku).


Der Begriff gusoku (具足) bezeichnet japanische Rüstungen, Panzer, Waffen (yoroi); kodai gusoku - alte Rüstungen, tōsei gusoku - moderne Rüstungen, kogusoku - leichte Rüstung/Rüstungsbestandteile, gusokushi - Waffenschmied.

Allgemeines zu japanischen Rüstungen

Der Begriff bezeichnet die vollständige Ausstattung (bugu: bu - Rüstung, Militär; gu - Ausstattung, Werkzeug) eines samurai. s.a. kogusoku, buki.

In Japan gab es durch die Jahrhunderte mehrere Alternativbegriffe, die für Rüstung gebraucht wurden. So löste der Begriff gusoku im muromachi jidai den Ausdruck yoroi ab, der bis dahin verwendet wurde. Im späten tokugawa jidai wurde wiederum gusoku von katchū ersetzt, obwohl es auch hier keine Veränderung in der inhaltlichen Bedeutung gab.

Einteilung der Rüstungen

Japanische Rüstungen lassen sich zunächst in zwei große Gruppen gliedern: kodai gusoku (alte Rüstungen vom 8. bis zum 16. Jh.) und tōsei gusoku (moderne Rüstungen ab dem 16. Jhr.):

GUSOKU – Geschichtliche Einteilung
- Kawara gusoku - Dachziegelrüstung
- Tankō - „kurze Rüstung“ im Kofun jidai
- Keikō - Mantelrüstung Kofun- / Nara j.
  • Yoroi - Kastenrüstungen ab dem 10.Jhr.
- Ōyoroi - große Kastenrüstung
- Dōmaru - runder Harnisch
- Hara ate - kleiner Brustharnisch
- Tatamidō - Strohmattenrüstung
- Okegawadō - Kübel-Plattenpanzer
- Nanbandō - europäischer Metallpanzer
- Hotokedō - Buddha-Rüstung
- Niōdō - Mönchs-Panzer
- Kusaridō - Kettenpanzer
- Uchidashidō - dekorativer Panzer

Handwerkliche Herstellungstechnik, funktioneller Gebrauch und Repräsentationsformen ermöglichen eine weitere Möglichkeit der Einteilung:

GUSOKU – erweiterte Einteilung
  • Konstruktion- und Herstellungstechnik
- Sanedō - Plättchenpanzer
- Kozane - kleine Plättchen
- Iyozane – Metallplättchen
- Kawazane – Lederplättchen
- Shikorozane – Strohplättchen
- Takezane – Bambusplättchen
- Itazane - größere Rüstungssegmente
- Nanbandō - ausländische Panzer
- Nanbanita - Plattenpanzer
- Hatamunedō - Gänsebauch-Rüstung
- Kusaridō - Kettenpanzer
  • Funktionalität und Gebrauch
- Yoroi - schwere Kastenrüstungen
- Nanbandō - europäischer Metallpanzer
- Kogusoku - leichte Rüstung
- Hara ate - kleiner Brustharnisch
  • Dekorative Gestaltungsformen
- Kawari gusoku - dekorative Rüstungen
- Ikoku shumi - ausländische Rüstungen
- Koshiki fukkō - historische Rüstungen

Konstruktion und Herstellung

Die alten japanischen Rüstungen (kodai gusoku) bestanden bis ins 16. Jh. (sengoku jidai) aus verschiedenen Einzelteilen, die mit Scharnieren (chōtsugai) zur gesamten Rüstungskomposition zusammengefügt wurden. Jedes dieser Einzelteile bestand wiederum aus vielen kleinen Leder- oder Metallplättchen (sane), die mit Bindeschnüren aus Leder verbundenen waren. Grundlegend dabei war der Harnisch (), der entsprechend der Zusammensetzung seiner Einzelteile als nimaidō (zweigeteilt), sanmaidō (dreigeteilt) oder gomaidō (fünfgeteilt) die Brust (mune), den Bauch (hara) und den Rücken (senaka) schützen sollte. Inwieweit weitere Rüstungselemente hinzugefügt werden konnten, hing außerdem vom sozialen Status des jeweiligen Kriegers ab, da eine vollständige Rüstung sehr teuer war und sich nur hochrangige Krieger leisten konnten.

Gravierende Veränderungen in der japanischen Rüstungskonstruktion entstanden nach der Einführung der europäischen Feuerwaffen (s. teppō und arkebuse), auf Grund derer Erneuerungen in der Herstellung eines Harnisch aufkamen, so dass der Harnisch () zwar immer noch aus Einzelteilen zusammengesetzt wurde, diese jedoch nach europäischer Vorlage (nanbandō) nun aus durchgehenden Metallplatten bestanden, um sich dadurch besser vor Gewehrkugeln schützen zu können.

Funktionalität und Gebrauch

Durch die Zeiten veränderte sich die Kriegsführung und damit auch laufend die japanischen Rüstungen. Anfangs hing die Funktionalität und dementsprechende Zusammensetzung der Rüstung vorrangig davon ab, ob ein Krieger zu Fuß in der Bodentruppe (ashigaru) oder im gehobenen Rang (bushi) in der Kavallerie zu Pferd kämpfte, sowie von seinem benötigten Gebrauchszweck als Schwertkämpfer oder z.B. als Bogenschütze. Entsprechend seines Status und seiner finanziellen Leistungsfähigkeit wurde die letztendliche Komposition seiner persönlichen Rüstung bestimmt.

Unabhängig von der Konstruktionsform gab es sowohl schwere, vollständige Rüstungen, sowie auch leichte Rüstungen.

Nach der Einführung der europäischen Feuerwaffen ('teppō') jedoch entstand ein aufkommender Wettstreit zwischen den Herstellern von Rüstungen und Waffen, die sich fortan an europäischen Modellen (nanbandō) orientierten und sich gegenseitig mit neuartigen Konstruktionen versuchten zu übertreffen. Einen endgültigen Schutz gegen die modernen Waffen gab es jedoch nicht mehr.

Dekorative Rüstungen (uchidashidō)

Diese Rüstungen dienten nicht mehr als Schutz zum realistischen Gebrauch im Krieg, sondern hauptsächlich zu Repräsentationszwecken, die ab der zweiten Hälfte des tokugawa jidai in Mode kamen. Es gab eine große Vielfalt an Variationen, die darauf zurück zu führen ist, dass die individuellen Gestaltungen versucht wurden, mit dem Namen und Charakter des Trägers in Verbindung zu bringen. Sie lassen sich grob wie folgt unterteilen:

Kawari gusoku (dekorative Rüstungen) - Rüstungen mit künstlerischen Arbeiten auf der Oberfläche des Panzers () und Helm (kabuto). Mit einfachen kreativen Hilfsmitteln, wie z.B. modelliertem Pappmaché (ikkanbari, harinuki), konnte jede Idee zur Dekoration auf den Panzer realisiert werden.

Die Traditionalisten lehnten solche Selbstdarstellungen (basara - Extravaganzen) stets ab und bezeichneten sie als unrealistische Zurschaustellung fiktiver kriegerischer Gesinnungen und eines männlichen Rollenverhaltens, ohne tatsächlichen Hintergrund.

Ikoku shumi (ausländische Rüstungen: ikoku - Ausland, Fremde; ikoku shumi - Insel südlich des Berges shumi, ein buddhistisches Symbol für die Welt außerhalb Japans). Der Begriff bezeichnet Rüstungskompositionen aus Europa, China oder Korea, die im Original bestanden oder mit klassischen japanischen Rüstungselementen kombiniert wurden. Besonders beliebt waren europäisch inspirierte Rüstungsensembles (nanbandō).

Koshiki fukkō (historische Rüstungen: koshiki - alte Riten; fukkō - Wiederaufleben; Wiederherstellung; Rekonstruktion). Der Name verweist darauf, dass diese Rüstungen moderne Reproduktionen der alten japanischen Rüstungen (kodai gusoku) waren, die im tokugawa jidai zu Repräsentations- und Werbezwecken verwendet wurden. Die aufwendige Konstruktion der alten Lamellenrüstung war zum größten Teil aber nur imitiert. Tokugawa Ieyasu ließ damit am eigenen Hof repräsentieren und verschenkte solche Exemplare auch nach Europe, weshalb solche Exemplare oft in europäischen Museen zu finden sind.

Begriffe für Rüstungsbestandteile

Eine genaue Benennung der japanischen Rüstungskomponenten ist aus heutiger Sicht sehr schwierig geworden, da sie im Laufe der Jahrhunderte immer wieder umbenannt wurden. Oft erhielten einzelne Bestandteile mehrere Bezeichnungen oder wurden sogar mit Namen versehen, die zuvor einem völlig anderen Teil zugeordnet waren. Im Folgenden werden die wichtigsten Bezeichnungen, die sich durch die Jahrhunderte durchgesetzt haben, nach alphabetischem System aufgeführt:

Durch die Zeitalter änderten sich die Begriffe ständig. Untenstehend ist eine Chronologie der Begriffe, unabhängig von den Zeitaltern angegeben.

BEGRIFFE - Bestandteile Rüstungen
- Ashi ate 足当 - Fußschützer
- Chōtsugai 蝶番 - Scharniere der jap. Rüstung
- 胴 - Rumpfpanzer, Harnisch, Kürass
- Eboshi 烏帽子 - Stoffmütze unter dem Helm
- Fukigaeshi 吹返 - Wangenschützer
- Gesan 下散 - unterer Panzerrock
- Gomaidō 五枚胴 - fünfgeteilter Harnisch
- Gyōyō 杏葉 - „Aprikosenblätter“
- Hachimaki 鉢巻 - Stirntuch
- Haidate 佩楯 - Oberschenkelschutz
- Hakimono 履物 - Fußbekleidung
- Hō ate 頰当 - Kieferschutz
- Ikoku shumi 異国須弥 - ausländische Rüstungen
- Kabuto 兜 - Helm, Kopfschutz
- Kata ate 肩当 - Schulterschutz
- Kawari gusoku 変り具足 - dekorative Rüstungen
- Kōdō 衡胴 - Bauchschutz des Panzers
- Koshiki fukkō 古式腹腔 - historische Rüstungen
- Kote ate 籠当 - Unterarmschutz
- Kumihimo 組紐 - Verbindungsschnüre
- Kusazuri 草摺 - Panzerrock, Schenkelschutz
- Kyūbi no ita 鳩尾板 - Platte auf der linken Brust
- Mae tateage 前立挙 - Brustschutz des Panzers
- Menpō 面頬 - Gesichtsmaske
- Nagakawa 長側 - Bauchschutz des Panzers
- Nimaidō 二枚胴 - zweigeteilter Harnisch
- Nodowa 喉輪 - Kehlenschutz
- Sane 札 - Rüstungsplättchen
- Sanedō 札胴 - Panzer aus Plättchen
- Sendan no ita 栴壇板 - Platte auf der rechten Brust
- Shikoro 錣 - Nackenschutz
- Sode ate 袖当 - Armschutz
- Sune ate 臑当 - Schutz der Unterschenkel
- Takahimo 高紐 - seitliche Bindeschnur Kürass
- Tsurumaki 弦巻 - Fußbekleidung
- Ushiro tateage 後立挙 - Rückenschutz Panzers
- Uwa obi 上帯 - Schärpe um den Bauch
- Waidate 脇楯 - Verschlussplatte am Panzer
- Waraji 草鞋 - Strohsandalen
- Yugake ユガケ oder 決拾 - Handschuhe
- Yurugi no ito 揺ぎの糸 - Schnürungslitzen

Studien Informationen

Siehe auch: Japanische Rüstungen | Gusoku

Literatur

  • Teru Akiyama: Japanese Helmets and Armour. in Japan Picture Vol. 5, Tokyō 1937.
  • Arai Hakuseki: The Armour Book in Honcho Gunkiko. Tōkyō 1964.
  • Willis Hawley: O yoroi, the Great Harness. Hollywood 1977.
  • J. Hopson: The Armour of Feudal Japan, Chitora Kawasaki- Military Costume of Old Japan. Tōkyō 1893.
  • Oscar Ratti & Adele Westbrook: Secrets of the Samurai. Tuttle 1973.
  • Mitsuo Kure: Samurai, der Weg des Kriegers. Stocker-Schmid AG, Zürich 2006.
  • Stephen Thurnbull: Geschichte der Samurai. Stocker-Schmid AG, Zürich 2005.
  • Sasama, Yoshiko (2003): Nihon Budō-Jiten. Tōkyō 2003.
  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste BSK 2009.

Weblinks