Yūdansha

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Artikel von: Werner Lind; nachbearbeitet von Stephanie Kaiser

Die yūdansha (jap.: 有段者), „Personen mit einem Grad“ (dan) sind im Graduierungssystem (kyūdan) des budō Träger des schwarzen Gürtels (kuro obi), und folgen auf die Stufe der mudansha (Personen ohne Grad). Die yūdansha umfassen die Graduierungen shodan, nidan, sandan und yondan. Nach den yūdansha folgt die Grupe der kodansha (Personen mit hohem Grad).

Etymologie des Begriffes

Der Begriff yūdansha (有段者) setzt sich aus den Zeichen 有 ( - vorhanden; da sein), 段 (dan - Rang bei Budō-Disziplinen und Brettspielen; Stufe, Sprosse; Abschnitt) und 者 (sha - Person; jemand) zusammen. Yūdansha bezeichnet eine Person, die einen Grad besitzt/inne hat.

Erläuterung und Einteilung

Die yūdansha bezeichnen eine Stufe von fortgeschrittenen Budō-Schülern, die berechtigt sind einen Schwarzgurt (kuro obi) zu tragen. Sie unterscheiden sich von den vorausgegangenen mudansha (Personen ohne dan) prinzipiell dadurch, dass sie eine technische Grundausbildung abgeschlossen haben und nun über die Voraussetzungen verfügen, einen Kampfkunst-Weg () zu gehen. Ob sie dazu tatsächlich in der Lage sind, ist jedoch noch nicht entschieden.<br.>Wer in der Stufe der yūdansha ankommt, hat die Aufmerksamkeit seines Lehrers (sensei) erweckt. Doch er ist nicht am Ziel, sondern muss sich den Anforderungen seiner Kunst immer wieder aufs neue stellen. Ein Schüler, der regelmäßig übt, die technischen Voraussetzungen und die menschlichen Wertvorgaben der mudansha erfüllt, kann diese Stufe in ca. 6 Jahren erreichen. Voraussetzung dafür ist, dass er von seinem sensei zur Prüfung für den 1.dan aufgefordert wird.<br.>Die yūdansha beinhalten die Dan-Grade 1 bis 4 (shodan, nidan, sandan und yondan) und unterteilen sich in zwei Hauptgruppen: omote (vordergründige Lehre) und ura (hintergründige Lehre).

Yūdansha - niedere Dan-Grade

Omote - Vordergrund

  • Shoden (初伝) - erste Einweihung in die Formtradition
- 1. Dan (shodan)
  • Chūden (中伝) - weitere Einweihung in die Formtradition
- 2. Dan (nidan)

Ura - Hintergrund

  • Okuden (奥伝) - Einweihung in die Hintergründe der Tradition
- 3. Dan (sandan)
  • Kaiden (皆伝) - vollständige Einweihung in die Tradition
- 4. Dan (yondan)

Omote und Ura

Hauptartikel: Omote und Ura

Die Bezeichnungen omote (außen) und sein Gegenpart ura (innen) sind zwei in der ostasiatischen Kultur verankerte Begriffe, deren tatsächlicher Sinngehalt für das westliche Verständnis schwierig zu erläutern ist. In der japanischen Alltagssprache stehen diese beiden sich ergänzenden Begriffe symbolisch für untrennbare Zweiheiten wie „außen und innen“, „vorn und hinten“, „zugekehrt und abgewandt“. Wie bei den beiden Seiten einer Münze gibt es das eine nicht ohne das andere.<br.>Das omote einer Kunst ist das, was an der Oberfläche liegt, was ein Betrachter oder Übender mit seinem rationalen Erkenntnisvermögen begreift. Ura hingegen existiert unter dieser Oberfläche und kann nur mit Intuition und Gefühl erfahren werden. Das omote des budō ist die siegreiche Technik, sein ura aber ist eine Lebensführung mit überwundenem Ego, eine Reise zu sich selbst, zur eigenen Persönlichkeit, verbunden mit gegenseitigem Respekt - also ein kontemplativer Weg des Bekenntnisses zu inneren menschlichen Werten. Das omote ist Form und nicht schwer zu begreifen, zum Verständnis des ura bedarf es der Hilfe eines Meisters.

Omote - die vordergründige Seite

Der Begriff omote (表) bezeichnet die „offensichtliche Seite einer Angelegenheit“. In der Philosophie der Budō-Künste steht der Begriff für die vordergründige Lehre (oshi) einer Kampfkunst und enthält die Unterteilungen shoden und chūden.<br.>Der Kategorie shoden entspricht die Graduierung shodan (1. dan), der Kategorie chūden entspricht die Graduierung nidan (2. dan). Beide bezeichnen hauptsächlich die Perfektion der formalen Technik. Im Hintergund aber ist die Haltung des Schülers gefragt, durch die er dem sensei mitteilt, dass er zu weiterem Fortschritt in den Kampfkünsten bereit ist.<br.>Deshalb ist auf dieser Stufe eine intakte Lehrer-Schüler Beziehung (shitei) unabdingbar. Dazu muss der Schüler „sich zeigen“, durch Initiative Bereitschaft und Übernahme von Verantwortung Werte für sich und seine Mitübenden entwickeln.

  • Shoden (初伝) - der Begriff bezeichnet die erste Einweihung (den) von Kampfkunstübenden in die Tradition eines Stils ryū des budō. Die Kategorie enthält im Graduierungssystem kyūdan die Graduierung shodan (1.dan) und bezeichnet damit den Abschluss einer ersten technischen Grundausbildung. Mit dem shodan beginnt die Vertiefung der technischen Lehre und die Suche nach dem Weg ().
- Shodan (1. dan) - diese Stufe ist die des „Suchenden nach dem Weg“ und beinhaltet, dass der Übende die primären technischen Grundlagen weitgehend gemeistert und sein inneres Potenzial soweit ausgebaut hat, dass er sich für die kommenden Jahren zu höheren Fortschrittsstufen empfiehlt. Vor allem muss er für den sensei interessant genug sein, damit dieser ihm Übungsleiteraufgaben überträgt. Dadurch kann er lernen, der Mitläufer in der Budō-Gemeinschaft kann diese Stufe nicht erreichen. Wer sich entsprechend bemüht, kann den shodan nach ca. zwei Jahren ab dem 1. kyū erreichen.
  • Chūden (中伝) - der Begriff bezeichnet die mittlere Einweihung (den) von Kampfkunstübenden in die technische Tradition eines Stils ryū und entspricht im Graduierungssystem kyūdan dem nidan (2. dan).
- Nidan (2. dan) - die Stufe bezeichnet die fortgesetzte technische Ausbildung unter einem sensei und gleichzeitig seine Tätigkeit als Übungsleiter in den Unterstufen.<br.>Der nidan ist ein „Schüler am Anfang des Weges“. Er zeigt seinem sensei durch seine Haltung, dass er in der Weglehre () und nicht nur in der Form unterrichtet werden will. Zu seinem Fortschritt braucht er sowohl die Anleitung eines sensei, als auch die Erfahrung im Unterricht von Anfängern. Für den nidan beginnt ein Weg () erst als Übungsleiter. Das Sprichwort „karate beginnt erst dort, wo die Technik aufhört“ bezeichnet dieses Prinzip.

Ura - die hintergründige Seite

Der Begriff ura (裏) bezeichnet die „versteckte Seite einer Angelegenheit“. In den Graduierungen der Budō-Künste steht der Begriff für die hintergründige Lehre einer Kampfkunst und enthält die Unterteilungen okuden und kaiden.<br.>Okuden beinhalten den sandan (3. dan) und kaiden den yondan (4. dan). Beide korrespondieren mit der Stufe ha des Konzeptes shuhari und sind sicherlich das bedeutendste Ereignisse im Leben eines budōka. Schlägt der sensei einen Übenden zur Prüfung für diese Niveaus vor, gibt er ihm zu verstehen, dass er dazu bereit ist, ihn als persönlichen Schüler (uchi deshi) anzunehmen und zu begleiten.<br.>Manche Schüler unterschätzen das oder verstehen es nicht - denn es ist weniger eine technische Lehre, sondern ein Pakt zwischen Lehrer und Schüler, innerhalb dessen beide klar umrissene Aufgaben haben: Der sensei kümmert sich um den Fortschritt des Schülers, der Schüler kümmert sich um eine anhaltende intakte Beziehung zum Lehrer, trägt Verantwortung gegenüber seinen Mitübenden und gegenüber seinem dōjō.<br.>Ohne diese schwierige Herausforderung anzunehmen, kann kein Übender die Stufe ura betreten, denn das Hintergründige kann nicht allein durch Worte vermittelt werden. Voraussetzung dafür ist die persönliche Nähe zum Meister, das intuitive Verstehen seiner Verhaltensweisen und das Übersetzen des Gelernten in das eigene Verständnis. Sich für eine solche Lehre bereit zu halten und dies in der Haltung kund zu tun, ist die primäre Aufgabe eines „inneren Schülers“ (uchi deshi). Von diesem unterschieden wird der „äußere Schüler“ (soto deshi): Während der uchi deshi durch die Verantwortung zur persönlichen Bindung an seinen Lehrer lernt, fehlt es dem soto deshi an echter Lernbereitschaft. Er akzeptiert nur seine eigene Meinung, lernt nur Formen und begründet darauf ein eigenes Konzept.

  • Okuden (奥伝) - der Begriff bezeichnet den Grad der Einweihung in die Hintergründe (ura) der Tradition und enthält den 3. dan (sandan). Mit diesem Grad wird der Übende vom Meister als uchi deshi (innerer Schüler) angenommenen und beginnt mit der Einweihung in die hintergründige Lehre des budō.
- Sandan (3. dan) - bezeichnet die Bereitschaft des Lehrers, einen Schüler als uchi deshi anzunehmen und ihm den Zugang zu den Hintergründen des budō zu ermöglichen. Der sandan ist jedoch eine sehr schwierige Fortschrittsstufe, denn viele Übende verstehen sich auf ihr als „angekommen“ und merken nicht, dass dieses Niveau lediglich die erste Bewährungsprobe zu einem fortgeschrittenen Kampfkunstverständnis ist. Da sie oft falsch verstanden wird, schaffen nur wenige budōka eine Graduierung über den sandan hinaus.<br.>Es ist die Selbstgefälligkeit und nicht die mangelnde Technik, die einem Übenden ab dieser Stufe höhere Niveaus verwehrt. Wenn der Übende die Lehrer-Schüler-Beziehung vernachlässigt, wenn er die Lehre ignoriert und statt Komunikation mit dem sensei nur noch sich selbst in den Mittelpunkt stellt - andererseits aber auch, wenn er keine Verantwortung übernimmt - wird der sensei sein Angebot, ihn als uchi deshi zu unterrichten, wieder zurückziehen.
  • Kaiden (皆伝) - der Abschnitt kaiden bezeichnet den Grad der vollständigen Einweihung in die Tradition, einen Experte mit dem 4. dan (yondan). Nachdem er die technische Lehre vertieft hat, befindet er sich im Stadium der Initiation zum selbstständigen Meister.
- Yondan (4. dan) - der Übende hat sich auf der Stufe okuden bewährt, was den sensei dazu veranlasst, ihm den yondan (4. dan) zuzusprechen. Der budōka hat die gefährliche Hürde des sandan überschritten und den sensei davon überzeugt, dass er dazu bereit ist, mit budō einen Weg () zu gehen. Ab dieser Graduierung wird er vollständig in die Hintergründe des Stilkonzepts eingeweiht (kaiden), was die Voraussetzung zu einer möglichen, eigenen Meisterschaft ist, die der sensei durch das menkyo kaiden bescheinigen kann. Das menkyo kaiden vergibt der sensei an einen oder an mehrere seiner bewährten uchi deshi (innere Schüler). Es weist den Besitzer als einen Stilerben aus und zugleich als jemand, der die Kunst im Namen des Meisters weiterführen darf.<br.>Einer von tausend Anfängern erreicht die Stufe des kaiden. All jene, die sie nicht erreichen, scheitern nicht an der Technik, sondern an sich selbst. Sie überbewerten das körperliche Training, unterschätzen das rechte Studium des budō, die Lehrer-Schüler Beziehung (shitei) und überschätzen sich vor allem selbst.

Uchi deshi und Soto deshi

Hauptartikel: Uchi deshi | Soto deshi

Zunächst widmen sich die Inhaber des shodan und des nidan in einer Phase des Suchens und der Selbstprüfung vertieften Studien des Formensystems der Kampfkunst, wodurch sie von der Shu-Stufe des Formbefolgens zur Ha-Stufe des Form-Verständnisses gelangen. Sie stehen dabei im beständigen Austausch mit ihrem sensei, der ihrer Entwicklung aufmerksam begegnet und durch Ratschläge Impulse verleiht. Die Graduierung zum sandan beinhaltet neben der Attestierung weiteren technischen Fortschritts auch die Einschätzung des Lehrers, dass der Schüler nicht nur das Potenzial zum eigenen lebenslangen Kampfkunstweg besitzt, sondern dieses auch nutzen wird. Der sensei akzeptiert ihn als Wegschüler (uchi deshi - innerer Schüler) und führt ihn auf dieser und der nächsten Dan-Stufe (yondan) zum inneren Kern und vollständigen Verständnis seiner technischen und geistigen Lehre (okuden bzw. kaiden) und initiiert ihn damit zum Meister.<br.>Von den yūdansha wird im BSK die Übernahme eigener Unterrichtsverantwortung erwartet, da das „Lernen durch Lehren“ in dieser Stufe unabdingbar für persönlichen Fortschritt ist. Je nach ihrem Entwicklungsstand und den personellen Voraussetzungen eines dōjō wirken sie daher selbstständig als Übungsleiter (shidōin) oder als Assistenzübungsleiter (fuku shidōin) in der Ausbildung der mudansha.<br.>Die traditionelle Wegausbildung der uchi deshi - als Schüler, die früher im Haus des Meisters gelebt haben - findet in der heutigen globalisierten und von modernen Kommunikationsmitteln geprägten Welt oft in veränderter Weise statt. Diese moderne Art des persönlichen Unterrichts ist zu begrüßen, verlangt aber vom Schüler die Übernahme einer neuen, nicht zu unterschätzenden Verantwortung: Er muss selbständig die Verbindung zu seinem sensei pflegen und erhalten. Einzig und allein, wie der Schüler dieses Problem löst, veranlasst den sensei ihn auf höhere Stufen zu führen.<br.>Viele, der heutigen Stilvorstände im budō sind lediglich Verwalter des ursprünglichen Formsystems ihres Stilgründers und somit soto deshi. Denn die „Geheimnisse“ (gokuhi) der Kampfkünste wurden von Generation zu Generation nur in verschlüsselter Form (okuden) überliefert, fehlen aber in den meisten aktuellen Stilen. Den Zugang dazu erreichten nur die uchi deshi, denn die gokuhi können weder im bedingungslosen Lehrergehorsam noch im selbstgefälligen Eigenstudium verstanden werden. Bevor der Lehrer sie einem Schüler offenbart, muss der Schüler sich viele Jahre lang bereithalten und durch das Verständnis von omote und ura seine Persönlichkeit entwickeln.

Studien Informationen

Siehe auch: Kyūdan | | BSK-Graduierungen |

Literatur

  • Werner Lind: Budo, der geistige Weg der Kampfkünste. O. W. Barth 1992.
  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste. BSK 2010.
  • Werner Lind: Karate Grundlagen: Kihon, Kata, Kumite. BSK 2005.
  • Francis Didier: Karate dō - L´Esprit Guerrier. Sedirep 1988.

Weblinks