Kata bunkai

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Artikel aus: Lexikon der Kampfkünste<br.>Nachbearbeitet von: Werner Lind

Mit kata bunkai (型分解) bezeichnet man das Studium der Karate-Kata. Grundsätzlich besteht diese Methode (bunkai) aus einem zweigleisigen Studienweg (理論と実践, riron to jissen), das das Studium der Theorie (型の理論, kata no riron) und das Studium der Praxis (型の実践, kata no jissen) enthält, auf dem Voraussetzungen für das korrekte Verständnis einer kata als Wegübung () gegründet werden. Dies jedoch nur dann, wenn das Gesamtkonzept der Übung einem klassischen Konzept unter einem sensei folgt. Die Wettkampf-Kata entspricht nicht diesem Konzept.

Klassik und Moderne

Hauptartikel: Methoden der Karate-Kata

Wörtlich bezeichnet der Begriff bunkai (分解), eine „komplexe Angelegenheit“, die zunächst in ihre Einzelteile (bun - „Teil“, „Zerlegung“, „Analyse“) gesplittet wird, um ihre innersten Grundprinzipien erforschen zu können. Danach können die vertieft analysierten Einzelteile wieder in ihre komplexe Ganzheit (kai - „Erklärung“, „Interpretation“, „Verständnis“) zusammengeführt werden. Der Begriff bunkai wird in Japan nicht nur im Kampfkunstbereich, sondern allgemein für entsprechend analytische Lehrkonzepte verwendet. Erst die Bezeichnung kata bunkai bezieht sich auf die Kampfkünste (budō) und meint das „Studium der Karate-Kata durch die Analyse ihrer Teile“. Aus der philosophischen Perspektive erfordert diese Methode, den tieferen Sinn einer kata durch die Analyse ihrer Zusammenhänge mit „eigenem Bewusstsein“ zu verstehen und erfordert vom Schüler (deshi) die Bereitschaft zur „Lehre des Weges“ () und vom Lehrer (sensei), die Kompetenz zum Wegunterricht.<br.>Durch das Aufkommen weltweit organisierter Föderationen, die karate als Sport zu vermarkten begannen, litt die Qualifikation der Weglehrer (sensei) und es entstanden zunehmend mehr Sporttrainer. Dadurch verlor auch die Karate-Kata ihre erzieherische Kompetenz und entwickelte sich aus einer ehemals wetvollen Schulungsmethode für Körper, Energie und Geist (shingitai) zu einer bloßen Wettkampfform. Auch wenn sich dadurch die formalen Aspekte nicht wesentlich änderten, änderte sich jedoch ihr Studienweg und dadurch auch ihr Inhalt, ihr Sinn und ihre Wirkung.<br.>Die Unterschiede zwischen der klassischen kata und der Wettkampf-Kata sind gravierend und beeinflussen entscheidend den Weg jedes Übenden. Will ein Übender den Weg () verstehen, ist weder der Stil noch die Organisation von Bedeutung, sondern einzig die Kompetenz des Lehrers.<br.>Mittlerweile werden alle aus der Klassik überlieferten Methoden der Kata-Übung formell kopiert, doch es mangelt an Lehrern, die diese Prinzipien tatsächlich verstehen und in der Trainingsführung umsetzen können. Viele karateka glauben, dass karate aus kihon, kumite und kata besteht. Dies aber ist eine vereinfachte Theorie des kata bunkai, die dazu führt, dass in der westlichen Mentalität die Verbindung zwischen den „drei Säulen“ des karate (kihon, kumite, und kata) nicht mehr erkannt oder weitgehend missverstanden wird. Sie wurde durch die sportlichen Interpretation des karate verwässert, die die kata zunehmend als gymnastische Kür verbreiteten und ihrem formellen Ablauf Regeln des Wettkampfs auferlegen.<br.>Das Zentrum des karate ist unumstritten die kata. Karate im Sinne des budō zu praktizieren heißt, ein Studium (bunkai) der kata anzustreben und über dieses die Verbindung zu kihon und kumite zu suchen.<br.>Der Begriff bunkai bezeichnet zuerst eine genaue Analyse der Einzelbewegungen (bun) hinsichtlich ihrer motorischen und gesundheitsfördernden Prinzipien. Nach langjähriger Ausbildung unter einem echten Lehrer (sensei) lernt der Übende all diese Komponenten zu einem Ganzen (kai) zu verbinden, wodurch zunehmend Fortschritt entsteht. Dazu ist aber ein umfangreiches Wissen (kata no riron) und Können (kata no jissen) um die vielfältigen Bedeutungen des Schlagens (uchi), Stoßens (tsuki), Tretens (keri), Abwehrens (uke), Würgens (shime), Kontrollierens (katame), Befreiens (hodoki), Greifens (tuite), u.a. nötig, verbunden mit einem intensiven Studium der Energielenkung (qìgōng), der inneren und äußeren Haltung (shisei), der Spannungsverhältnisse (kinchō) und der Atemkontrolle (kokyū). Die Methoden der Partnerübungen (kumite), in denen die Techniken der kata angewendet werden (ōyō), bauen erst auf diesem Fundament auf.

Die Klassische Kata

Hauptartikel: Studium der Karate-Kata | Methoden der Karate-Kata

Zum Verständnis der klassischen kata bedarf es eines zweigleisigen Studienweges (理論と実践, riron to jissen - Theorie und Praxis). Ein solcher Weg erfordert sowohl das theoretische Studium der kata, als auch ihre kontinuierliche Übung im dōjō. Keines der beiden funktioniert ohne das andere. In beiden Fällen ist sowohl das Lernen unter einem sensei (shitei) als auch das Selbststudium und die Eigenverantwortung gefragt.<br.>Das Studium der klassischen kata ist eine Wissenschaft und kein Sport. Ihr bunkai (Studium) umfasst sowohl das Studium der Theorie als auch das Studium der Praxis. Die mudansha (kyū) legen ihren Schwerpunkt mit 90% zunächst auf die praktische Übung, die yūdansha (dan) intensivieren den theoretischen Teil, so dass sie ein Verhältnis zwischen Theorie und Praxis von etwa 50% erreichen. Höhere Danstufen (kodansha) intensivieren das theoretische Studium erheblich und kommen auf ca. 70% Studium und 30% Praxis.<br.>Erst die Kombination zwischen dem Wissen über die kata zusammen mit der Übung der kata ermöglicht das Verständnis ihrer Zusammenhänge. Ein solcher Übungsweg muss vom Lehrer (sensei) gelenkt werden, da der Schüler (deshi) ihn ohne die Hilfe des Lehrers nicht zu verwirklichen vermag. Der Schüler versteht anfangs nicht, warum der sensei ihn in Pflichten und Verantwortungen einbindet, ihm Aufgaben überträgt und ihn häufig kritisiert. Doch nur auf diesem Weg kann er wachsen und nach vielen Jahren der Übung die Meisterschaft erreichen.

Studium der Theorie

Hauptartikel:

Die Theorie der Kata (型の理論, kata no riron) bezeichnet eine ganze Reihe von theoretischen Studien und wissenschaftlichen Forschungen, die zum Verständnis einer kata von Bedeutung sind: japanische Sprache (nihongo), japanische Dialekte und ihre Abwandlungen (hōgen), japanische Schrift (hōji), chinesische Schrift (hànzì), japanische Literatur (nihon bungaku), alte Terminologie der Kampfkünste (). Im Einzelnen zu betrachten sind die Geschichte und Philosophie der asiatischen Völker, Grundlagen und Konzepte der alten kata, Diätik (chángmìng), Vitalpunktlehre (kyūsho, diǎnxuè), Heilpflanzenkunde, Pharmakologie und Gesundheitskonzepte der alten Lehren, Physik, Biologie und budō-spezifische Bewegungslehre (sabaki), Studium der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) u.a. Dazu kommen viele weitere Studien über die Geschichte und Kultur der ostasiatischen Völker.<br.>Das kata bunkai in allgültigen Kategorien zu klassifizieren, ist schwierig, da eine solche Unterteilung davon abhängt, von welchem Standpunkt und mit welcher Absicht ein Übender sich der kata nähert. Asiaten denken im Zusammenhang, Europäer in Kategorien. Seit jeher war es für Menschen der westlichen Gesellschaften schwierig, asiatische Systemdarstellungen zu verstehen. Asiaten kennen nur unzureichend den Anspruch der westlichen Logik, Systeme sukzessiv zu gliedern, in den Intellekt zu übersetzen, mit dem Verstand zu verstehen und in kontinuierlichen Weitergruppierungen zu verfolgen. Deshalb erscheinen uns asiatische Systematisierungen häufig unverständlich.

Theorie als Weglehre

Das theoretische Studium einer Kampfkunst heißt immer auch Verbindlichkeit zum sensei, Kommunikation mit den Gleichgestellten und -gesinnten und Wertebezeugung für die Ideale des Ganzen. Dadurch wird ein solches Studium zur Übung der inneren Haltung (shitei) und bezeugt den Wert des Einzelnen innerhalb einer Budō-Gemeinschaft.<br.>Wahrer Fortschritt in einer Kampfkunst ist nicht zu erreichen, wenn die oben stehende prozentuale Verhältnismäßigkeit zwischen Theorie und Praxis verletzt wird. Jene, die nur an den Trainingen teilnehmen, werden die Kampfkunst nicht verstehen. Ein wahrer budōka braucht den anderen und darüber hinaus selbstgestellte und vom sensei orientierte Aufgaben und Verantwortungen. Nur wenn er die Beziehung respektiert, wenn er den Kontakt zum sensei und den Willen zum Lernen erhält, kann und wird der sensei seine Richtung bestimmen.<br.>Manchmal bezieht ein sensei ausgewählte Schüler aus den Stufen mudansha, yūdansha oder kodansha in seine persönliche Forschungen mit ein und ermöglicht ihnen dadurch beste Möglichkeiten zur eigenen Entwicklung. Oft aber werden solche Privilegien vom Übenden verkannt.

Studium der Praxis

Hauptartikel: Kihon | Kata | Kumite

Die Praxis der Kata (型の実践, kata no jissen) bezeichnet die physische Übung der Form (geiko, renshū) und unterteilt sich in zwei grundlegende Methoden:

  • Genkyo (原拠) - das Üben der Basisform einer kata - also das, was man unter ihrem technischen Ablauf versteht. Zum besseren Verständnis können die Techniken der kata isoliert geübt werden, wodurch kihon (Grundschule) entsteht.
  • Ōyō (応用) - die Anwendung der Kata-Techniken mit einem Partner. Das System ist vielschichtig und begründet die Methoden der Partnerübungen (kumite).

In beiden Fällen enthalten die Systeme des genkyo (Ablauf) und ōyō (Anwendung) verschiedene Variationen, deren Betrachtung wichtig zum Verständnis der Kampfkunst ist:

- Henka (変化) - „Veränderung“, „Variation“ der Techniken und Verfahren, die immer wieder zweckentsprechend verändert werden müssen, um den vielfältigen Absichten einer kata gerecht zu werden. Innerhalb von genkyo bezeichnet henka in erster Linie die Veränderung der Technik von kihon waza zu jiyū waza. Im ōyō unterscheidet sich dementsprechend kihon ippon kumite von jiyū ippon kumite.
- Kakushi (隠し) - „versteckt“, ist eine weiterführende Wissenschaft, die nur von einem echten sensei vermittelt werden kann. Gemeint ist damit die hintergründige Seite (okuden) der Kampfkunst, die nur von einem entsprechend ausgebildeten Leher vermittelt werden kann. Grundsätzlich ist diese Methode eine summare Weiterentwicklung aller bisher beschriebenen Prinzipien und enthält neben omote (offensichtliche Seite) auch (hintergründige Seite).

Genkyo - die Übung der Form

Hauptartikel: Genkyo

Der Begriff genkyo (原拠) bezeichnet die Basisform einer kata - also das, was man unter ihrem technischen Ablauf versteht. Im Sport-Karate wird sie als hyōen kata (demonstrative kata) bezeichnet und bezieht sich auf die Praxis der Wettkämpfe. In der klassischen Auffassung wird sie als rentan kata (Übung der energetischen Aspekte) geübt und ist als solche die eigentliche Grundlage zur Entwicklung jedes weiteren Fortschritts auf dem Weg () des budō.<br.>

Kata Tekki shodan

Vorab lernt jeder Übende die Form einer kata, d.h. ihren Ablauf, der aus einer Aneinanderreihung von verschiedenen Grundtechniken (kihon) besteht. Diese Basisform nennt man genkyo (gen - „ursprünglich“, „original“, kyo - „abhängen von...“, „sich gründen auf...“). Sie bezeichnet ein grundlegendes technisches Modell, auf dem jede weitere Forschung beruht.<br.>Doch genkyo ist zunächst ein nicht aufgelöstes Kreuzworträtsel, dessen Rahmen und Kästchen korrekt genau konstruiert werden müssen. Enthalten die Kästchen Fehler, können sie nicht mit Inhalten gefüllt werden. Das Prinzip genkyo ist nur die Tonleiter, nicht die Musik.<br.>Zum besseren Verständnis des Formablaufes wird die kata auseinander genommen und ihre Techniken einzeln geübt. Daraus ensteht kata kihon (Grundschule der kata). Heute bezeichnet man dieses System allgemein als kihon. Kihon ist dementsprechend ein Resultat der Zerlegung der kata in einzelne Grundtechniken, in denen die Prinzipien des omote (offensichtlich) und ura (hintergründig) in der Persönlichkeit des Übenden sichtbar werden.

Die kata besteht zunächst aus einer vorgegebenen grundlegenden Form (genkyo), die ein Übender als Ablauf erlernen muss. Zum besseren Verständnis der darin enthaltenen einzelnen Technikverfahren, werden diese unter verschiedenen Aspekten einzeln geübt, woraus (型基本, kata kihon - Kata-Grundschule) entsteht. Auf diese Weise können alle einzelnen Techniken der kata aus ihrem Gesamtgefüge heraus isoliert und als kihon (基本, Grundschule) geübt werden. In Folge dieser traditionellen Übungsmethode interpretierte man später in Japan die „erste Säule“ (kihon), als eine von drei Säulen (kata, kihon und kumite) des karate. Kihon ist aber (ebenso wenig wie kumite) ein von der kata getrenntes Konzept, sondern bezeichnet lediglich die aus dem Gesamtablauf isolierte Einzeltechnik, um sie unter der Betrachtung verschiedener Gesichtspunkte (Formstudien, Bewegungsstudien, Energiestudien, usw.) besser studieren zu können.<br.>Diese Methode ist eine in sich geschlossene Wissenschaft und vermittelt eine nie endende Tiefe in der persönlichen Vervollkommnung des Übenden. Doch die Techniken müssen äußerst genau geübt, ihr „wie“ und „warum“ muss vom Lehrer erklärt und vom Schüler verstanden werden. Ist dies nicht der Fall, führt ihre Übung zu falschen Resultaten.<br.>Die Grundschule des karate wird als kihon waza (基本技, Grundlagentechnik) perfektioniert und in jiyū waza (自由技, freie Technik) für den Kampf aufbereitet.

Kihon waza

Der Begriff kihon waza (基本技) teilt den Ablauf einer kata in einzelne Techniken und ermöglicht das Training derselben im Einzelstudium unter verschiedenen Gesichtspunkten des qìgōng (Selbsterkenntnis, Persönlichkeitsbildung, Gesundheitstraining, Energielenkung, u.a). Die Ausführung der Technik erfolgt genau so wie in der kata und beabsichtigt das Verständnis der Form als „innere Methode“, um sie auf einem Weg () zu studieren. Diese Techniken sind „Mittel zum Zweck“, sie haben keine direkt kämpferische Absicht und dienen der Herausforderung an eigene innere Unebenheiten, dem Studium zur Selbstwerdung, der Reife und Entwicklung zur eigenen Persönlichkeit.<br.>Hier übt man die Techniken mit einem Blick in sein Inneres, ergründet sich dabei selbst und schafft optimale körperliche und geistige Voraussetzungen für die spätere Fähigkeit zum Kämpfen. Die Techniken im kihon sind nicht kämpferisch, ihre Übung ermöglich hintergründige Studien (kakushi) zum Weg (). Vielfältige Betrachtungsmöglichkeiten eröffnen sich dabei für den Übenden. Voraussetzung dafür ist, dass dieses Training von einem sensei gelenkt wird, da dahinter ein ganzheitliches Studium asiatischer Philosophien und Bewegungslehren steht, die dem westlichen Sporttreiben diametral entgegengesetzt sind.

Jiyū waza

Der Begriff jiyū waza (自由技) bezeichnet die Veränderung (henka) der Grundschultechniken (kihon waza) in Kampftechniken, in ein von Grundschulstandards befreites Verhalten im Kampf. Erst diese Methode übersetzt die Grundtechniken der kata ins freie Verhalten (sabaki) und ermöglicht damit den Zugang zur Selbstverteidigung (goshin) und zum echten Kampf (jissen).<br.>Im Gegensatz zu kihon waza wird jiyū waza aus freier Deckung (kamae), freier Distanz (maai) und freier Bewegung (sabaki) ausgeführt. Nach der Ausführung der Technik zieht sich der Übende mit frei gewählter Bewegung in einen Sicherheitsabstand zurück.

Ōyō - die Übung der Formanwendung

Hauptartikel: Ōyō | Kumite

Anwendung zur Passai

Ōyō (応用) heißt „Anwendung“ und bezeichnet die klassische Anwendung der Techniken einer kata mit einem Partner. Innerhalb des ōyō gibt es in der Tradition verschiedene Möglichkeiten der Übung, auf die anschließend eingegangen wird. Kata kumite bedeutet „Partnerübungen auf Grundlage der Form“ und bezeichnet begrifflich dasselbe, im überlieferten Verständnis aber eine systembefreite „Anwendung der Kata-Techniken“ in eigener Zusammenstellung durch den sensei. Im okinawanischen karate wird der Begriff als yakusoku kumite bezeichnet.<br.>Nach dem Prinzip des bunkai, wird auch die Anwendung der Kata-Techniken zuerst in mehrere Konzepte zerlegt (bun), um sie später wieder in das Gesamtkonzept (kai) einzufügen. Durch dieses System wird ein genaues Studium der Technik-Anwendungen gewährleistet. Auf diese Weise erfährt das gesamte System des kumite (Partnerübung) einen suukzessiven Aufbau von unten nach oben unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten.
.Im klassischen Sinn bezeichnet ōyō die Anwendungsverfahren der Techniken einer bestimmten kata unter verschiedenen Betrachtungsaspekten. Auch wenn ein Lehrer daraus eigene Methoden ableitet und ein eigenes - auf seinen Unterricht abgestimmtes - kata kumite gründet, darf darin seine Phantasie nicht mit ihm durchgehen, sondern seine Kreation muss der von ihm gelehrten kata gerecht werden. Die Methoden des kata kumite unterliegen weder der Gründungswillkür eines Trainingsleiters noch sind sie aus dem Wettkampf-Karate hergeleitet. Sie verfolgen stets ein klares Konzept, das sich als roter Faden durch die ōyō der genkyo (zugrunde liegende kata) zieht.

Ōyō als bun (Teilen des Systems )

Hauptartikel:: Ōyō | Bunkai | Kumite

Ōyō (応用) oder kata kumite (型組手) unter dem Aspekt bun (Zerlegen des Ganzen in Einzelteile) teilt zunächst die Anwendung der Techniken des Schlagens, Stoßens, Tretens (atemi waza) in die zwei unten beschriebene Grundlagensysteme der Partnerübungen (kumite) für die lange Distanz (tōma). Beide verfolgen jeweils verschiedene Absichten und unterteilen sich noch einmal in mehrere Untergruppen. Alle werden jedoch zunächst in Einzelaktionen (bun) zerlegt und zum besseren Studium als ippon kumite (一本組手), d.h. gegen EINEN Angreifer in EINE Richtung geübt:

  • Kihon ippon kumite (基本組手) oder yakusoku kihon kumite (約束基本組手) mit kihon waza (基本技) - die Techniken der kata werden einzeln mit einem Partner in der Methode des kihon kumite angewendet. Man bezeichnet diese Methode auch als „elementares Bunkai“.
  • Jiyū ippon kumite (自由一本組手) oder yakusoku jiyū kumite (約束自由組手) mit jiyū waza (自由技) - diese Methode bezeichnet man auch als „fortgeschrittenes bunkai“, d.h. die Anwendung der Katate-Tchniken erfolgt nach den Prinzipien des jiyū ippon kumite mit henka. Mit dem Begriff werden Anwendungen bezeichnet, die sich nicht mehr streng an den Bewegungsvorgaben der kata (waza, kamae, enbusen, u.a.) orientieren, jedoch das in der kata enthaltene Prinzip beibehalten.

Die atemi werden zumeist aus der großen Distanz (tōma) angewendet, doch in den Verfahren der mittleren Distanz (chūkama) und der kurzen Distanz (chikama) sind sie ohne zusätzliche Studien wirkungslos. Diese Techniken bilden den überwiegenden Teil der Karate-Übung, sie beziehen sich aber nur auf einen Teilaspekt der Distanz. Auf ihrer Grundlage begründet sich das moderne Sport-Karate.<br.>Ein komplexer Kampfstil, darf sich aber nicht ausschließlich auf sie beschränken. Die kämpferischen Verfahren im mittleren und nahen Bereich der Distanz (maai) erfordern weitere Studien. Letztere werden auf im System der kakie (klebende Hände, okinawanisch „Hakenhände“) aufgebaut. Auch sie werden zunächst in einzelnen Verfahren des kumite geübt und kombinieren die Prinzipien henka waza (veränderte Technik) und kakushi waza (versteckte Technik) in komplexen Anwendungen. Erst ihr intensives Studium führt zum Verständnis des komplexen kata bunkai.

Tuite: Gelenkhebel Kata gatame
  • Kata bunkai (型分解) oder komplexes bunkai - die Fähigkeit zum realistischen Kampf (jissen) und zur Selbstverteidigung (goshin) erfolgt nicht durch die Übung eines Sports, sondern erst durch die Kombination der oben genannten Verfahren mit weiteren Prinzipien der Mittel- und Nahdistanz (maai). Mit dem Zentrum einer Weglehre () unter einem echten sensei, entstehen kämpferische Fähigkeiten zur Selbstverteidigung. Dazu müssen weitere notwendige Kampfverfahren beachtet und studiert werden, wie nage waza (Wurftechniken), kansetsu waza (Gelenktechniken), hodoki waza (Befreiungstechniken), katame waza(Immobilisationstechniken), tuite waza (Greiftechniken), kyushō (Vitalpunktlehre), u.a.
Ōyō als kai (Zusammenfügen des Systems)

Hauptartikel: Ōyō | Bunkai | Kumite

Im kombinierten (zusammengefügten) kai des Prinzips bunkai ist es wichtig zu beachten, dass kai das Folgeresultat eines jahrelangen Studiums des bun ist und nicht willkürlich improvisiert wird. Bun ist die Allgemeinbildung, kai ihr Ergebnis. Das Prinzip kai (Zusammenfügen) ohne bun (Studium der Einzelteile) ist Halbwissen und führt im modernen karate dazu, dass der Zusammenhang zwischen kata und kumite nicht mehr verstanden werden kann.<br.>Als praktische Übung (renshū, keiko) zum Erlernen des Kampfes (jissen, goshin) hat kai gegenüber bun einen untergeordneten Wert. Im Prinzip bun wird geübt, gelernt und erfahren, kai dient der Demonstration und nur wenig der Übung selbst.<br.>Aus diesem Grund ist die moderne hyōen kata (Demonstrations-Kata) von der klassischen kata zu unterscheiden: sie ist richtig, wenn sie ein Resultat der Studien des bun ist, sie ist falsch, wenn auf selbsterfundenen Show-Effekten beruht. Bun ist Studium, Bildung, Wissen und Erfahrung, kai ist lediglich ihr Ausdruck. Kai ohne bun ist wertlos, denn sie beruht auf Angeberei und nicht auf Bildung.<br.>Leider wird diese Methode im modernen karate häufig dazu gebraucht, eine auf wettkampfspezifischen Techniken aufgebaute Kata-Anwendung zu demonstrieren, die mit bunkai oder ōyō nicht das geringste zu tun hat. Das Studium der tatsächlichen Kata-Anwendung beruht auf festgeschriebenen Prinzipien, die im Alltag des Trainings enthalten sind und nur von einem erfahrenen sensei unterrichtet werden können. Sie betreffen die gesamte Komplexität der Karate-Übung und können nicht zusätzlich gelehrt werden, sondern müssen in der Ausbildung unter einem sensei enthalten sein. Dieser Umstand unterscheidet einen sensei von einem Trainer.

Hōmen kumite

Man kann folgende Methoden üben:

  • Ippon kumite - man kann die zusammengesetzten Techniken einer kata gegen nur EINEN Angreifer anwenden, der aus EINER Richtung angreift. Unter diesem Aspekt entstehen Übungsformen wie kumite kata, goshin kumite, kumi kata, kakie kata u.a.
  • Hōmen kumite - man kann die zusammengesetzten Techniken einer kata gegen nur MEHRERE Angreifer anwenden, die aus VERSCHIEDENEN Richtungen (hōmen) angreifen. Die bekannteste Methode dieser Art ist die Anwendung der Kata-Techniken auf dem enbusen (Bodenlinien der kata). Diese Methode entspricht dem Gesamtverlauf der kata, d.h. man wendet die Einzeltechniken der kata der Reihe nach gegen mehrere Angreifer an, die von vorn, hinten, links, rechts oder diagonal angreifen. Die bezeichneten Richtungen entsprechen dem enbusen und werden stilistisch als Karategramm dargestellt.<br.> Man klassifiziert darin shihō kumite (vier Richtungen) und happō kumite (acht Richtungen).

Die sportliche Kata

Hauptartikel: Methoden der Karate-Kata

Die sportliche kata ist eine gymnastische Form, die nach westlichen Methoden des Sporttreibens zu Wettkampfzwecken aufbereitet wurde. Man nennt sie auch hyōen kata (demonstrative kata), da sie dem Darstellen von sportlichen Fähigkeiten in einem vergleichenden Wettkampf dient. Auch wenn sie in Ablauf und Technik einer klassischen kata entspricht, hat sie mit der klassischen kata nicht das Geringste zu tun.<br.>Die Wettkampf-Kata enthält kein einziges jener Prinzipien, durch die ihre Übung auf einen Weg () führen könnte. Sie ist nichts weiter als Sport, eine virtuos zurecht gemachte Form, aus der sämtliche Lehrinhalte entfernt wurden. Sie kopiert die klassische Form (genkyo) und interpretiert sie ohne Inhalte nach den Regeln der westlichen Sportwissenschaften. Ihr Weg ist für das klassische budō bedeutungslos.

Entwicklung

Durch den Mangel an Informationen und dem Mangel an wirklichen Lehrern (sensei) versteht ein moderner karateka kaum den Unterschied. Mittlerweile ist karate weltweit in Föderationen organisiert, die politische Machtinteressen verfolgen und die Qualität einer kata vom Erfolg im Wettkampf abhängig machen. Den Mitgliedern wird erklärt, dass die klassische kata mit der Wettkampf-Kata identisch sei, und nur langsamer ausgeführt werden muss. Dies führt dazu, dass die Übenden zunehmend mehr jedes Gefühl für die übergeordnete Bedeutung ihrer Kampfkunst verlieren und nach der Anleitung der Japan Karate Association (JKA) karate oberflächlich in die Säulen kihon, kumite und kata teilten.

Unterschiede

Die sportliche kata entwickelt virtuose Formen in einem Wettkampf, die klassische kata ist eine Lebensaufgabe zur Entwicklung von Persönlichkeit und Selbstgestaltung. Der Unterschied liegt nicht in der Ausführung selbst, sondern in der Weglehre () eines echten sensei. Ein sensei baut das tägliche Training auf den Prinzipien Haltung (shisei), Spannungsverhältnisse (kinchō) und Atmung (kokyū) auf und bewirkt damit den Zugang zur inneren Organisation des Übenden. Durch ein bedingungsloses Vertrauensverhältnis zwischen Lehrer und Schüler (shitei) kann er den Weg () lehren. Anders als im Sport sind dessen zetrale

Konsequenzen

Die moderne Einteilung in kihon, kata, kumite ist nur bedingt richtig und entspricht allein dem Konzept der sportlichen kata. In der Klassik ist die kata das Zentrum und entwickelt über ihr Studium (bunkai) die Unterkategorien kihon und kumite.

Studien Informationen

Literatur

  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste, BSK-Studien 2010.
  • Werner Lind: Budo - der geistige Weg der Kampfkünste, Scherz 1991.
  • Werner Lind: Karate Grundlagen, BSK 2005.
  • Werner Lind: Karate Kihon, BSK 2007.
  • Werner Lind: Karate Kumite, BSK 2010.
  • Werner Lind: Karate Kata, BSK 2011.
  • Shoshin Nagamine: The Essence of Okinawan Karate, Tuttle 1976.
  • Richard Kim: The Weaponless Warriors, Ohara 1974.
  • Morio Higaonna: Okinawa Goju ryū, Minamoto Research, 1985.

Weblinks