Yōi shizentai

Aus Budopedia
Wechseln zu: Navigation, Suche

Artikel von: Werner Lind<br.>Nachbearbeitet von:

Yōi shizentai (jap.: 用意自然体 ) bedeutet „natürlicher Körper in der Bereitschaft“. Yōi shizentai wird im karate vor und nach jeder Übungssequenz mit oder ohne Kommando als Körperstellung yōi dachi eingenommen und ist ein grundlegendes Prinzip zur Schulung des hara und shingitai. Seine wichtigsten Übungskomponente sind shisei, kinchō und kokyū.

Der Körper im yōi shizentai

Hara im Konzept "Yōi"
  • Kopf - Stoße die Kopfspitze nach oben und ziehe das Kinn leicht an. Dadurch richten sich die Rückenwirbel in der rechten Position ein, und die Atmung kann in den Bauch fließen. Stelle dir vor, dass du mit der Atmung vitale Kraft im Bauch sammelst.
  • Brust - Entspanne die Schultern. Atme tief und achte dabei darauf, dass sich nicht deine Brust stark hebt und senkt, sondern dein Bauch.
  • Bauch - Fülle diesen Bereich mit Konzentration. Atme tief und lasse die Energie langsam und ruhig in den Bauch fließen. Spanne den After etwas an.
  • Knie - Halte die Knie entspannt und erlaube deinem Körper eine weiche Federung. Nur so kann die vitale Energie aus dem Boden in den hara gelangen.
  • Füße - Greife den Boden mit den Zehen und stelle dir vor, dass vitale Energie aus dem Boden in deinen Bauch fließt.

Philosophie der Bereitschaftshaltung

  • Grundsatz jeder Bereitschaftshaltung ist, dass der Körper sowohl im Ruhezustand als auch in der Bewegung in einer totalen Entspannung gehalten wird. Durch die Lenkung der Aufmerksamkeit (chūi) soll ein Kraftzentrum im Bauch (hara) suggeriert werden, von dem ausgehend alle Bewegungen erfolgen. Jede Bewegung wird durch die Atmung gelenkt.
  • Die Atmung (kokyū) soll immer aus der Tiefe des Bauches erfolgen, um so die gesamte Lunge mit Luft zu füllen und nicht nur deren oberes Drittel. Dadurch entsteht eine Entspannung des Körpers und des Geistes, und die Muskeln können in einem natürlichen Zustand agieren.
  • Im Falle von Bewegungen, deren Ziel eine bestimmte Leistung ist (z.B. in den Kampfkünsten die Übertragung von Kraft/Energie auf einen Gegner), wird oben genanntes Prinzip beibehalten und die Leistung durch die Lenkung der Aufmerksamkeit vollbracht. D.h., dass nicht durch Wille und Kraft die Wirkung der Technik im entscheidenden Moment (kime) entsteht, sondern durch die Lenkung der inneren Energie (ki). Die Aufmerksamkeit lenkt die Technik ins Ziel, durch die Entspannung entsteht große Beschleunigung und durch ein kurzes Anspannen am Ende der Bewegung die Kraftübertragung. Danach ist die Spannung sofort zu lösen.
  • Die innere Kraft (ki) zirkuliert auf Bahnen im Körper und ist nicht anders zu lenken als durch die Aufmerksamkeit (chūi). Bewusstes Wollen verschließt die Leitbahnen ebenso wie das Anspannen der Muskulatur. „Die Kraft folgt immer der Aufmerksamkeit“ heißt es in den chinesischen Künsten. Die Übung dient dazu, die Bahnen, auf denen ki zirkuliert, offen zu halten, da ansonsten nur die Muskeln Kraft erzeugen und diese Kraft zu gering ist.
  • Die Kontrollpunkte für den Energiefluss sind die Gelenke. Durch Spannung oder extreme Dehnung werden sie verschlossen, und die Energie kann nicht mehr zirkulieren. Die Gelenke koordinieren den Fluss der Energie von einem Energiezentrum zum anderen. So wird z.B. die Kraftleitbahn zwischen hara und Faust durch ein zu weit geöffnetes Schultergelenk unterbrochen oder die Energiezufuhr von unten zum hara durch zu weit geöffnete Stellungen gestoppt.
  • Eine Schlüsselrolle in der Ki-Zirkulation spielen auch die Ellbogen- und Kniegelenke. In keiner Situation, auch nicht im Endpunkt einer Technik, dürfen sie sich am Anschlag befinden, sie müssen entspannt sein, wie Federn wirken und Energie durchlassen, um den Rückschlag aufzufangen.

Studien Informationen

Siehe auch: Yōi | Yōi dachi | Hara | Shingitai | Karate |

Literatur

  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste. BSK-Studien 2010.