Motobu ryū

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Artikel von: Werner Lind<br.>Nachbearbeitet von:

Motobu ryū 本部流 (jap): auch motobute, früher motobu udunti, in der Abspaltung uehara motobu ryū ist ein okinawanischer Stil des te (ti), aus dem Vermächtnis des Klans der Motobu, der von Motobu Chōyū auf Uehara Seikichi übertragen wurde, der den Stil 1947 systematisierte und in der Organisation motobu ryū kobujutsu kyōkai vertritt.

Wichtiges über die Te-Stile

Das okinawanische te der Frühzeit wurde in manchen Systemen bewahrt und hat sich in wenig abgeänderter Form auch in die Gegenwart überliefert. Sicherlich haben die Jahrhunderte auch in ihm ihre Eindrücke hinterlassen, und sicherlich wurden die Meister - ebenso wie in allen anderen Stilen - von fremden Systemen beeinflußt. Trotzdem kann man heute unschwer erkennen, dass in einigen Stilen das okinawanische te erhalten geblieben ist. Hauptsächlich über die Motobu-Familie hat sich diese Kampfform über Generationen als Geheimstil überliefert und wird heute in fest umrissenen Konzepten öffentlich gelehrt.<br.> Der Ausgangspunkt für die modernen Stile des motobu ryū war Motobu Chōyū, der den Stil zum ersten Mal außerhalb der Familie lehrte. Seine Übertragungslinie verlief über Uehara Seikichi zum uehara motobu ryū und in gewissen Aspekten zu Nakamura Shigeru (dieser wurde von mehreren Karate-Stilen beeinflußt), der das okinawa kenpō karate gründete.

Geschichte des Stils

Einer der wenigen okinawanischen Te-Stile, die bis in die jüngste Zeit unbeeinflußt vom chinesischen ®kenpō blieben, ist das traditionelle motobu ryū (nicht identisch mit Motobu Chōkis motobu ryū, ®motobu ryū kenpō karate) aus dem Vermächtnis der Motobu-Familie, das von Motobu Chōyū auf Uehara Seikichi übertragen wurde. Uehara Seikichi war der Schüler von Motobu Chōyu, dem letzten Erben eines Familienstils, der bis zum 19. Jahrhundert unter verschiedenen Bezeichnungen bekannt war: gotente, motobute, koshō ryū te oder einfach nur te. Uehara systematisierte 1947 den Stil, nannte ihn ®uehara motobu ryū und vertritt ihn in der Organisation Motobu ryū Kobujutsu Kyōkai.<br.>Der Stil wurde seit Generationen immer nur dem ältesten Sohn gelehrt und basiert auf dem geheimen Te-System der Familie Motobu Udun, das seit 11 Generationen durch die ältesten Söhne der Familie bis zu Motobu Chōyū weitergegeben wurde. Chōyū Vater, Chōmura, lehrte die Kunst zum ersten Mal gegen die Familientradition all seinen Söhnen: Motobu Chōyū (Stilerbe), Motobu Chōyun und in kleinem Umfang auch Motobu Chōki.

Der Stil

Der Te-Stil des Motobu-Klans ist trotz seines weichen, spielerischen Ansehens sehr komplex und schwierig zu erlernen. Motobu Chōyu verwendete zum Unterricht der Grundelemente eine weiche Version der ®sanchin, die als moto te sanchin bekannt ist. Als nächstes lehrte er die Fußbewegungen (®ashi sabaki). Diese unterscheiden sich von den Grundtechniken des karate darin, dass die Fersen nicht auf den Boden gesetzt werden, so dass das Gewicht auf den Fußballen ruht. Die Bewegungen der Füße werden auf diese Weise leicht, flexibel und ballettähnlich. Dann wird der grundlegende Fauststoß mit geschlossener Faust und der Fußtritt mit den Zehenspitzen gelehrt, wobei man mit Fußbewegungen kombinierte Übungen verwendet. Beim Fauststoß bleiben die Fäuste vor dem Körper in der Deckung und werden von dort nach vorne gestoßen und sofort zurückgezogen.<br.>Das motobute ist ein weitgehend offenhändiges System, das nur selten Techniken der geschlossenen Faust verwendet. Die Hauptwaffe ist der Daumen, dessen Anwendung zwei Handformen kennt. In der ersten bildet der Daumen und der Mittelfinger eine Zange, die zum Stoßen und Greifen der Vitalpunkte verwendet wird. In der zweiten Form wird die Hand zur Faust geschlossen und die hervorstehende Spitze des Daumens gebraucht, um auf die Vitalpunkte (kyūsho) des Körpers zu stoßen.

Kata und Tanz

Wie im karate kann jeder Teil des Körpers verwendet werden, um den Gegner zu treffen. Doch im motobute werden Schlagtechniken zumeist dazu verwendet, um den Gegner für weitere Aktionen (zumeist Würfe und Griffe) vorzubereiten. Das Greifen und Werfen des Gegners macht den größten Teil des Lehrplans im motobu ryū aus und kann den Gegner mit einer kontinuierlich ineinandergehenden Serie von Techniken überwältigen. Diese Techniken nennt man odorite (Tanz Hand) und klassifiziert sie in kaeshite (wiederkehrende Hand), torite (fangende Hand), nagete (werfende Hand), torite kaeshi (wiederkehrende Greifhand). Die Kombinationsmethoden dieser Techniken waren ursprünglich in einer geheimen kata enthalten, die als aji kata no mai no te (Tanz-Kata der Fürsten) bekannt war. Sie galt über Jahrhunderte als die Essenz des motobute und selbst Uehara, der aktuelle Stilerbe, durfte sie nicht lernen, weil er nicht zur Familie gehörte. Doch er glaubt, dass die aji kata in verschiedenen Bewegungen der onna odori (Damentänze) bewahrt wurde, die früher von Männern in Frauenkleidung getanzt wurden. Diese Tänze gehören zum klassischen okinawanischen Kulturgut und bewirken durch ihre langsamen und ausgeglichenen Bewegungen auf Klänge der okinawanischen Musik einen Trancezustand des Tänzers.<br.>Tatsächlich ist die Verbindung der okinawanischen Kampfkünste (te) zu den den klassischen Tänzen Okinawas (®odori) nicht zu übersehen und wurde von vielen Großmeistern immer wieder hervorgehoben. ®Kyan Chōtoku studierte die Tänze als Teil seines karate, und ®Aragaki Ankichi perfektionierte den ®saru mai (Affentanz). ®Matsumura Sōkon, der eine andere Vorstellung von Kampfkunst hatte, schreibt, dass die Stile der Hofinstruktoren das Aussehen von Damentänzen hätten, und lehnt eine Verbindung zur Kampfkunst ab. Doch viele weitere Stile Okinawas verbinden ihre kata mit den odori und sehen in den letzteren die reine okinawanische Essenz der Kampfkunst. In der Tat gibt es Gemeinsamkeiten vieler Kampfstile mit den Tänzen, wie z.B. die Bezeichnung der Techniken (tsukite - Schlaghand, haraite - Abwehrhand, ago ate - Kinnschlag, kamae - Bereitschaftshaltung, chounte - weiße Wolkenhand, tsuki mi te - den Mond beobachtende Hand, nagete - Wurfhand u.a). Stellungen, Bewegungen und Techniken der Tänze sind mit denen der Te-Stile weitgehend gemeinsam. Auch die Terminologie des Unterrichts wie „halte die Arme, als würde Wasser hindurch rinnen“ oder „fühle dich, als würde die Spitze deines Kopfes an einem feinen Faden hängen“ ist weitgehend dieselbe.<br.>Nach Miyagi Takao, einem der führenden Meister des motobu ryū, gab es den Tanz schon vor den Kampfkünsten auf Okinawa. Später wurden in die Bewegungen des Tanzens Kampftechniken eingeführt, und mit der Zeit trennten sich die Kampf Tänze (kumi odori) von den traditionellen Festtänzen. Vor dem Einfluß des chinesischen ®quánfǎ auf das okinawanische te war das Kampftanzen wahrscheinlich die einzige Form der okinawanischen kata. In den Tänzen wurden die geheimen Bewegungen des Kämpfens verschlüsselt und unkenntlich gemacht. Nur die Meister kannten die Anwendung der Bewegungen. Es gibt Überlieferungen, dass solche Tänze mit und ohne Waffen existierten und in früher Zeit bei Festen demonstriert wurden.<br.>Die aji kata no mai no te war vielleicht die letzte dieser überlieferten Kampftänze, die das Zentrum eines Stils bildeten. Tawata Shinyu erinnert sich, dass er als Junge eine Te-Demonstration von Motobu Chōyu sah, in der Motobu zu tanzen schien und völlig entspannt war, doch wann immer jemand sich ihm näherte, führte er sofort einen Wurf aus, ohne den Fluß seines Tanzes zu unterbrechen.<br.>Im Vergleich dazu waren Motobu Chōkis Techniken roh und ungeschliffen. Er durfte das Familiensystem nicht lernen und nahm erst später manche Techniken daraus auf, die er zur Gründung seines einzigartigen ®naihanchi bunkai verwendete.<br.>So scheint Miyagi Takaos Theorie begründet, dass die okinawanische Kampfkunst (te) und der klassische Tanz (odori) ursprünglich ein und dasselbe waren. Seine Forschungen haben ergeben, dass die motobu ryū odori te (motobu ryū Tänze) und die klassischen odori (okinawanische Tänze) auf drei gemeinsame Bewegungsgrundlagen zurückzuführen sind: Ogamite (betende Hand/steigen), conerite (drehende Hand/umdrehen) und oshite (stoßende Hand/sinken). Diese drei Handformen werden auch im ®omoro soshi (oft als okinawanische Bibel bezeichnet) erwähnt, und wenn sie in Kombination ausgeführt werden, kann man ihre direkte Verbindung zu den meditativen Tanzformen erkennen, die während den Gebetszeremonien von okinawanischen Priesterinnen verwendet wurden.

Motobu ryū Bujutsu

Obwohl te auch ein Waffensystem ist, das Waffen mit und ohne Klingen enthält, ist es nicht wahrscheinlich, dass sie, ausser bei der tatsächlichen Invasion im Jahre 1609, in einer organisierten Widerstandsbewegung gegen die ®Satsuma verwendet wurden. Entsprechend den Waffenedikten der Satsuma, die gegen die ®shizoku (gehobene Klasse) anscheinend nicht sehr streng durchgesetzt wurden, gab es auf den ®Ryūkyū keine organisierte Armee, und das te wurde statt einer militärischen Disziplin immer mehr ein Mittel persönlicher Selbstverteidigung für den Adel. Im te kann praktisch jedes Objekt zur Waffe werden, und weil die Bewegungen und Techniken der leeren Hand genau mit denen in der Waffenübung übereinstimmen, ist es für den Te-Experten nicht schwierig, sich selbst effektiv zu bewaffnen. Die fortgeschrittene Te-Übung enthält darüber hinaus auch Möglichkeiten, einen bewaffneten Angreifer zu entwaffnen.<br.>Motobu ryū enthält die Übung mit den traditionellen Klingenwaffen der okinawanischen Shizoku-Klasse, wie ®katana (Schwert), ®naginata (Hellebarde), ®yari (Speer) und ®tantō (Dolch), die, obwohl sie in Namen und Aussehen ihren japanischen Gegenstücken gleichen, auf Okinawa in ganz einzigartiger Weise verwendet werden. Andere im motobu ryū gelehrte Waffen sind die Waffen der Bauern und Fischer, wie ®nichōgama, ®rokushakubō, ®jō, ®goshakujō, ®nijōtanbō, ®uchibō, ®tonfa, ®eiku und ®sai.

Motobu Chōmei

Motobu Chōyū hatte Uehara Seikichi die Geheimnisse des te in der Hoffnung gelehrt, dass das Te-System schließlich wieder in die Motobu-Familie zurückfinden würde. Sein Traum wurde zwar Wirklichkeit, doch es ist ausgerechnet der älteste Sohn des verschmähten Motobu Chōki, der das Erbe des motobu ryū wahrscheinlich antreten wird. Früher Polizist von Beruf, ist Motobu Chōmei heute ein Experte für Jūdō-Verletzungen und lehrt karate in Kaizuka (Osaka). Im August 1978 kam er in Ueharas dōjō und nimmt seither dort Unterricht im traditionellen motobute.


Studien Informationen

Siehe auch: Karate | Te | Tōde |

Literatur

  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste. BSK-Studien 2010.


Weblinks