Shinōkōshō

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Artikel von: Werner Lind<br.>Nachbearbeitet von:

Mit shi-nō-kō-shō (士農工商) bezeichnet man die Klassifizierung des japanischen Gesellschaftssystems der „vier Stände“ im edo jidai (1603-1868) der Japanischen Frühmoderne. Ihre Einteilung erfolgte durch eine Verordnung aus dem bakufu (Militärzentrum) und erfasste die Gesellschaftsgruppen shi 士 (Kriegertum), 農 (Landwirtschaft), 工 (Handwerk) und shō 商 (Handel). Der Gesellschaft zugehörig waren aber auch weitere Gruppen, die man aus ideologischen Gründen außer acht ließ und entweder als Randgruppen oder als Ausgestoßene (buraku) definierte. Siehe dazu: Gesellschaft in der Frühmoderne und Japanische Frühmoderne.

Shinōkōshō - vier Gesellschaftsgruppen

Hauptartikel: Gesellschaft in der Frühmoderne

Im Jahre 1590 einigte Toyotomi Hideyoshi die kriegerischen japanischen Fürsten (daimyō) unter einer straffen militärischen Diktatur. Er etablierte eine starke Zentralregierung in Kyōto, die ausschließlich auf Kontrolle und Überwachung aufgebaut war. Auf Hideyoshi folgte Tokugawa Ieyasu (1543-1616) an die Macht. Nach der gewonnenen Schlacht von Sekigahara (1600) ließ sich Ieyasu 1603 zum shōgun ernennen und verlegte das Zentrum seiner Militärregierung (bakufu) nach Edo (heute Tōkyō). Damit wurde das edo jidai (1603-1868) eingeleitet. In Tokugawas Machtperiode und in der seiner Nachfolger wurde Hideyoshis Kontrollsystem übernommen und verschärft.<br.>Nachdem Tokugawa Ieyasu die verfeindeten Fürstentümer der daimyō endgültig seiner Kontrolle unterworfen hatte wurden sie neu organisiert und ihre Herrschaftsgebiete in han aufgeteilt. Doch auch die han blieben weitgehend autonome Staaten mit eigener politischer und wirtschaftlicher Kompetenz, deren Fürsten (daimyō) zwar dem shōgun untergeordnet und zur Treue verpflichtet waren, jedoch eigenständige Interessen verfolgten. Über das gesamte japanische Territorium verteilt, bildeten sie in unabhängigen Residenzen mächtige Burgstaaten, die mehr oder weniger zum Zentralstaat (bakufu) standen.<br.>Gleich dem bakufu galten auch in den han die vier Gesellschaftsklassen (shinōkōshō) obwohl man zwischen den Bediensteten des shōgun und den Bediensteten eines daimyō unterschied. Insgesamt aber waren die shinōkōshō im ganzen Land etabliert und erfassten die Krieger (shi), Bauern (), Handwerker () und Kaufleute (shō):

Shinōkōshō - vier Gesellschaftsgruppen
1. Shi (bushi / buke / shizoku) - Kriegertum
- Domin - Landbevölkerung
2. (nōmin / hyakushō) - Bauern
- Chōnin - Stadtbevölkerung
3. (shokunin) - Handwerker
4. Shō (shindo, shōnin) - Kaufleute

Der in Kyōto residierende (jedoch entmachtete) Kaiser (tennō) hatte bereits seit der Machtübername des ersten shōgun (Minamoto Yoritomo, 1147-1199) kein eigenes Einkommen mehr. Sein Regierungsapparat wurde ausschließlich durch finanzielle Zuwendungen aus dem Militärzentrum (bakufu) finanziert. Trotzdem gelang es dem tennō immer wieder Rebellionen gegen den shōgun anzuzetteln, die das Land über alle Zeitperioden des Mittelalters (chūdai) in anhaltende Kriege stürzte. Tokugawa Ieyasu achtete im edo jidai (1603-1868) als Erster darauf, dass damit keine ihm feindlichen Armeen mehr finanziert werden konnten.<br.>Gleichwohl galt sein Augenmerk auch den Landesfürsten (daimyō). Unter seiner Herrschaft wurde ihre Macht erheblich eingeschränkt, indem seine zentralistische Militärregierung per Gesetz die Verfügungsgewalt und Kontrolle über ihre Einkommen erhob. Zur endgültigen Kontrolle wurden die daimyō von Tokugawa Ieyasu in Treue-Gruppen klassifiziert: shinpan daimyō (Verwandte der Tokugawa), fudai daimyō (Verbündete der Tokugawa), tozama daimyō (Kriegsgegner der Tokugawa). Alle Landesfürsten wurden gezwungen, sich abwechselnd ein Jahr als Geiseln im bakufu aufzuhalten (sankin kōtai). Somit erlaubte man ihnen nur jedes zweite Jahr auf ihren Lehen zu leben. In problematischen Fällen wurden ihre Frauen, Töchter und Söhne permanent als Geiseln im bakufu festgehalten.<br.>Mit dem Beginn des edo jidai (1603) galt die Gesellschaftseinteilung der shinōkōshō. Auf die adeligen Familien (buke) der Krieger (shi) folgte das Volk der Bürger (heimin oder ryōmin), das aus der Landbevölkerung (domin) und aus der Stadtbevölkerung (chōnin) bestand. Die domin bezeichneten das Landvolk der Bauern (nōmin / hyakushō), die chōnin bezeichneten das Stadtvolk der Handwerker (shokunin) und der Kaufleute (shōnin).

Shi - Kriegertum

Hauptartikel: Shi | Japanische Krieger

Der Begriff shi (士) bezeichnet allgemein das japanische Krieger- und Gelehrtentum. Die shi (samurai 士) entstanden bereits früh durch die Wach- und Schutzfunktionen der altertümlichen Krieger (kondei), die entsprechende Aufgaben im Dienst des Kaisers (tennō) zu erfüllen hatten. Sie waren Bedienstete am Hof (samu - bedienen) und hatten im Altertum (kodai) noch keine besondere Stellung in der Gesellschaft. Nachdem sie im heian jidai (ab 794) vom tennō als kokushu und im kamakura jidai (ab 1192) vom shōgun als shugo und jitō in die Provinzen (kuni) ausgelagert wurden, gewannen sie an Bedeutung. Im kamakura jidai übernahmen sie die politische Macht und etablierten in Japan eine Militärdiktatur mit dem shōgun an der Spitze, die bis zum meiji jidai (1868) erhalten blieb.

Samurai - die Krieger

Hauptartikel: Samurai | Japanische Krieger

Die samurai auch ji oder shi (侍 oder 士) bezeichnen begrifflich zunächst den „Diener eines Herrn“. Das kanji für samu (士) bedeutet „aufwarten“ oder „bedienen“ und bezieht sich auf Angehörige der japanischen Kriegerklasse. Als samurai bezeichnet man im heutigen Sprachgebrauch alle japanischen Krieger, unabhängig von ihrem Stand. Im Laufe der Geschichte differenzierten sie sich jedoch in unterschiedliche Gruppierungen.<br.>Akzeptiert man die heute verwendete Bezeichnung samurai als Überbegriff, muss man darin durch die japanischen Zeitalter verschiedene Untergruppen klassifizieren. Dazu gehören vor allem die militärischen Führungseliten (shizoku) und die im Militärdienst stehenden Krieger (buke, bushi). Im edo jidai (ab 1603) bildeten die Krieger die politische und kulturelle Elite der japanischen Gesellschaft und standen in der Ordnung der vier Stände (shinōkōshō) an höchster Stelle. Ihre oberste Instanz (shōgun) regierte das Land im Alleingang aus seinem Militärzentrum (bakufu) gegen den Kaiser (tennō). Direkt unter ihm standen die Landesfürsten (daimyō) mit eigenem territorialem Besitz. Manchen direkt untergeordneten Kriegern des shōgun (hatamoto) wurde eigenes Land zugesprochen. Alle anderen Krieger standen in einem Dienstverhältnis zu einem der beiden und ihr Sold wurde in koku Reis bemessen. Insgesamt machten die Krieger jedoch nur ca. 6% der Gesamtbevölkerung aus.<br.>Je nach ihrem Beschäftigungsverhältnis waren sie durch die Tokugawa-Gesetze (ken’yakurei) zusätzlich verpflichtet, entweder in den Stadtburgen ihrer Fürsten (daimyō) oder in der Residenz des Militärdiktators (shōgun) in Edo zu leben. Dadurch waren die meisten gehobenen Krieger gezwungen, doppelte Haushalte (sankin kōtai) zu führen und auf den Verbindungsstraßen zur Hauptstadt (kaidō) aufwendig zu reisen, was ihre Finanzen belastete und dadurch Revolten gegen das Shōgunat unmöglich machten. Da sich ihre Haushalte zunehmend mehr in der Hauptstadt etablierten, wurden alle Krieger als Teil der Stadtbevölkerung (chōnin) registriert.

Bushi - Soldat, Krieger

Hauptartikel: Bushi

Der Begriff bushi (武士) besteht in seiner Wortzusammensetzung aus der Bezeichnung für einen Gefolgsmann (士, shi), der dem Militär (武, bu) angehört. Im Wesentlichen bedeutet er dasselbe wie samurai („Bediensteter“), ist jedoch auf das japanische Militär bezogen. Die militärischen Führer der bushi wurden als buke oder shizoku (Schwertadel) bezeichnet. Ihre Anfänge liegen im heian jidai (ab 794), als sich die politischen Führer Japans eigene Krieger (kondei, rōtō, bushidan) zu halten begannen.

Buke - Militäradel, Schwertadel

Hauptartikel: Buke | Japanischer Adel

Der Begriff buke (武家) bezeichnet eine „militärische Familie“ (bu 武 - Militär, ke 家 - Familie), die dem Kriegerstand der bushi (bu 武 - Militär, shi 士 - Krieger) angehört. Sie etablierten sich zunächst aus kaiserverwandten Familien (kōzoku), die im Altertum (kodai) als Gouverneure (kokushu, shugo und jitō) in den Provinzen (kuni) außerhalb dem ursprünglichen japanischen Hauptgebiet (kinai) eingesetzt wurden.<br.>Im edo jidai bezeichneten sie adelige Militärfamilien, die in direkter Blutsverwandtschaft zu den etablierten Kriegersippen des japanischen Altertums standen. Aus ihnen entwickelte sich der japanische Schwertadel, zu dem auch die japanischen shōgun und daimyō gehörten. Im meiji jidai (ab 1868) entstanden aus ihnen die shizoku (士族), eine Bezeichnung für die aristokratische Gesellschaftklasse der alten Kriegerabstammungen.

Domin - die Landbevölkerung

Den Begriff domin (土民) übersetzt man mit „Volk der Scholle“. Die Bezeichnung meint die Landbevölkerung (das kanji do 土 steht für „Boden“; „Erde“) und bezieht sich auf die Bauern (nōmin und hyakushō). Das übergeordnete kanji (農) umfasst auch weitere Gruppen der Landbevölkerung.<br.>Die Bauern lebten in ländlichen Dörfern (mura) und bestanden aus einer Ober- und Unterschicht. Zur Oberschicht gehörten die reichen Dorfvorsteher, die für Steuerabgaben und Frondienste verantwortlich waren, zur Unterschicht gehörten die Kleinbauern, Pächter und Landarbeiter, die weitgehend entrechtet am untersten Limit der Gesellschaft lebten. Es gab Bauern- und Fischerdöfer, die voneinander getrennt waren aber gemeinsam besteuert wurden.

Heimin - gemeines Volk
2. - Landwirtschaft
- Hyakushō - freie Bauern
- Nōmin - Bauern
3. - Handwerk
- Shokunin - Handwerker
4. Shō - Händlertum
- Shōnin - Kaufleute

Nō - Landwirtschaft

Das kanji (農) bezieht sich auf die Landwirtschft (nōgyō). Ihre Mitglieder domin (Landvolk, ca. 80% der Gesamtbevölkerung) bildeten die erste Gruppe der japanischen Normal-Bürger (heimin - Volk). Zur Landbevölkerung gehörten vor allem die Bauern (nōmin/hyakushō), die für die Produktion von Landgütern (Reis, Hirse, Rüben, u.a.) verantwortlich waren, aber auch weitere Stände, die sich mit Fischfang/Fischverarbeitung, Tierhaltung, Ausbeutung von Bodenschätzen, Gewinnung von Seetang, Herstellung von Holzkohle, Produktion von Garnen und Stoffen, Herstellung von Haushaltsgegenständen, u.s.w. beschäftigten. Alle Stände der Landbevölkerung waren unterhalb der Krieger (shi) klassifiziert und bildeten zusammen mit der Stadtbevölkerung (chōnin) das Volk der einfachen Bürger (heimin):

Nōmin - Bauern

Der Begriff nōmin (農民) bezeichnet im mittelalterlichen System der vier Stände (shinōkōshō) des edo jidai allgemein einen japanischen Bauer. Die Bauern hatten den Auftrag, die Gesellschaft mit Nahrung zu versorgen und standen in der Hierarchie der shinōkōshō an zweiter Stelle nach den Kriegern. Ihre Produkte galten als Zahlungsmittel, das gesamte Steueraufkommen des Staates und das Einkommen der Krieger wurde an der Reisproduktion der Bauern gemessen. Das Vermögen eines Fürsten oder das Einkommen eines samurai (kokudaka, 石高) gab man früher in koku Reis pro Jahr an.<br.>Da die Krieger keiner Erwerbstätigkeit nachgehen durften und ihr Einkommen und bäuerlichen Naturalien bemessen wurde, ware es nur verständlich, dass die japanischen Bauern eine solch hohe Position einnahmen. Ihre Tätigkeit galt in der Gesellschaft des edo jidai von höchstem Nutzen. Trotzdem litten die Bauern am meisten unter den Anti-Luxus-Gesetzen (ken’yakurei).<br.>Ihnen war jeglicher Luxus verboten, auch hatten sie keine Familiennamen und durften keine Waffen tragen. Außer am Totenfest (obon) und zu Neujahr durften die Bauern keinen Reis essen und mussten sich von Gerste, Hirse, Blattgemüse und Rüben ernähren. In Notzeiten wurde ihnen auch der Konsum von sake und tofu verboten.<br.>Ihre Kleidung bestand aus Leinen oder Baumwolle, um Stoff zu sparen wurde ihnen sogar das Schnittmuster vorgeschrieben. Lediglich der Dorfälteste trug einen kimono aus grober Seide.<br.>Die Bauern sollten sich nur auf ihre Feldarbeit konzentrieren. Um diese zu gewährleisten, blieb ihnen jeder Zugang zur Bildung verschlossen. Sie durften keine Bücher besitzen und keine öffentlichen Veranstaltungen (Ringkämpfe oder Theater) besuchen. Sie wurden sogar angehalten, sich von ihren Frauen zu trennen, wenn diese faul waren oder sie zu übermäßigem Luxus verführten.

Hyakushō - freie Bauern

Der Begriff hyakushō (百姓) wurde bis zum 14. Jahrhundert für alle freie Menschen in der japanischen Gesellschaft gebraucht. Im edo jidai bezeichnete man damit die freien Bauern.

Chōnin - die Stadtbevölkerung

Die bürgerliche Stadtbevölkerung (町人, chōnin) bestand im edo jidai aus Handwerkern (shokunin) und Kaufleuten (shōnin). In ihren Gilden herrschte zwischen Meister und Lehrling ein strenges hierarchisches System, das die Gesellen gegenüber dem Meister zu Treue, Gehorsam und Geheimhaltung ihrer Kunst verpflichtete. Verstöße wurden oft mit Todesstrafen belegt.<br.>Nicht immer unterschied man das Handwerk und den Handel in zwei verschiedene Gesellschaftklassen. Oft bezeichnete man sie zusammen als „Stadtbevölkerung von Nicht-Samurai“, denn sie hatten in der Gesellschaft des edo jidai einen gleichwärtigen Status: sie hatten keine Familiennamen (Japanische Namen), durften keine Waffen tragen und kein Land besitzen und wurden von den Beamten der militärische Burgfürsten (shōgun oder daimyō) beaufsichtigt und streng kontrolliert. Zu Anfang der Edo-Zeit (1603) spielten sie in der Gesellschaft noch eine untergeordnete Rolle, stiegen aber bald zu den Herren der Gesellschaft auf. In der Neuzeit bestimmen sie die kapitalistische japanische Gesellschaft.

Kō - Handwerk

Mit (工) bezeichnete man im edo jidai das in den Städten ausgeübte Handwerk. Daraus resultieren die Begriffe kōjin (Handwerker, Arbeiter), shokunin (職人, Handwerker, Arbeiter, Geselle) und shokunin gei (職人芸, Handwerkskunst). Obwohl auch die Landbevölkerung (domin) Handwerker hatte, die aber lediglich getöpferte, holzgeschnitzte und lackierte Haushaltsgegenstände herstellten, wurde das städtische Handwerk als Kunst (gei, 芸) bezeichnet, das höhere Ansprüche bediente.<br.>Entsprechend den überlieferten Wertvorstellungen des Konfuzianismus hatten die japanischen Handwerker () einen höheren Status als die Händler (shō), waren aber unter der Landwirtschaft () eingestuft, in deren Auftrag die Ernährung des gesamten Volkes lag.<br.>Man unterschied die städtischen Handwerker in ishoku (居職, Handwerker mit einer eigenen Produktionsstätte) und in deshoku (出職, Handwerker, die außerhalb arbeiteten). Zu den ersten zählten die Hersteller von Waffen und Rüstungen, zu den zweiten die sogenannten "Umherziehenden" (渡り, watari), wie Architekten, Zimmerleute und Maurer.<br.>Anfangs gehörten auch die Ärzte zu diesem Stand, erst im 18. Jahrhundert wurden sie zu einem wissenschaftlichen Studiengang (医学館, igakukan) verpflichtet und bildeten später eine eigene Zunft.

Shokunin - Handwerker

Der Begriff shokunin (職人) bezeichnet einen Handwerker (Meister/Arbeiter/Geselle) in den Stadtbezirken des edo jidai. Die vielfältige städtische Handwerkskunst dieses Zeitalters stand meist unter einem abhängigen Dienstverhältnis zum shōgun oder zu einem daimyō und erledigte Arbeiten ausschließlich in deren Auftrag. Geregelt wurde das Verhältnis durch so genannte oyabun. Diese waren für die Lieferung von Arbeitskräften für private, aber auch für öffentliche Arbeiten zuständig.<br.>Jede Handwerkskunst wurde grundsätzlich vom Vater auf den Sohn vererbt. Jeder Nachfolger brauchte eine offizielle Bestätigungsurkunde vom Meister, durch die er entweder zum Erben der Hauptfamilie oder zum Oberhaupt einer Zweigfamilie ernannt wurde.

Shō - Handel

In Japan bezeichnet der Begriff shō (商) im Allgemeinen den Handel. Die Händler (shōnin) des edo jidai wurden als unterste Schicht der Gesellschaft shinōkōshō klassifiziert. Sie widersprachen dem etablierten Kriegerprinzip von Ehre und Würde und verfolgten individuelle Ziele zur Anhäufung von Reichtum und Macht. Dies war den Kriegern verboten.<br.>Doch die Rolle der Händler in der japanischen Gesellschaft wurde vom bakufu des edo jidai unterschätzt. Obwohl auch die Händler den Vorschriften und Verordnungen der ken’yakurei unterlagen, konzentrierte sich die Gesetzgebung kaum auf diesen als „unwürdig“ angesehenen Gesellschaftsstand. So hatten sie viele unbeobachtete Freiheiten, die sie zum Erreichen von Einfluss, Wohlstand und Macht zu nutzen wussten.

Shōnin - Händler, Kaufmann

Mit shōnin (商人) bezeichnet man einen Händler oder einen Kaufmann. Dasselbe kanji wird auch als akindo (Händler; akinau - Handel treiben) ausgesprochen. Die Händler bildeten im edo jidai (1603-1868) den untersten Stand (shō 商) der vier Gesellschaftsgruppen (shinōkōshō) und gehörten zusammen mit den shokunin 職人 (Handwerker) der Stadtbevölkerung (chōnin 町人) an.<br.>Natürlich unterlagen auch sie den Anti-Luxus-Gesetzen (ken’yakurei) des edo bakufu. Sie mussten getrennt von den samurai in ihrem Stand entsprechenden Stadtvierteln leben, ihre Wohnsitze durften nur ein Obergeschoss haben und der Besitz von wertvollen Haushaltsgeräten war ihnen verboten. Doch sie nutzten ihre Chance, gründeten Manufakturen und Banken und wurden schließlich zu den wichtigsten Geldgeber (zaibatsu) der langsam entstehenden japanischen Wirtschaft. Im folgenden meiji jidai (ab 1868) entstanden aus ihnen die ersten Kapitalisten Japans.<br.>Aus ihnen entwickelten sich die späteren zaibatsu, die nach europäischem Beispiel Manufakturen und Banken gründeten. Im edo jidai noch verpönt, erstarkten sie in der späten Tokugawa-Periode, festigten ihre Macht im meiji jidai und leiteten nach dem Zweiten Weltkrieg das "Wirtschaftswunder Japan" ein.

Akindo - Händler, Kaufmann

Der Begriff akindo (商人) bezeichnet ebenfalls einen Händler (shōnin). Im japanischen Mittelalter (chūdai) waren die akindo eine beliebte Verkleidung der ninja innerhalb der shichihōde (sieben Verkleidungsformen der ninja, Erläuterungens siehe unter hensōjutsu).

Problempunkte der Vier-Klassen Gesellschaft

Der eklatante Widerspruch der von Tokugawa etablierten Vier-Stände-Gesellschaft (shinōkōshō) wurde in der Praxis der gesellschaftlichen Realität schnell deutlich. Zum einen, weil wichtige Randgruppen der Gesellschaft vom System ausgeschlossen waren und zum anderen, weil sich auch innerhalb der shinōkōshō Hierarchieprobleme ergaben. Diese entstanden vor allem durch den zunehmenden Reichtum der Händler (shō, unterste Gruppe der shinōkōshō) und der Verarmung der Krieger (shi, oberste Gruppe der shinōkōshō). Da dieser Zustand vom bakufu weder vorgesehen noch bedacht war, wurden „Gesetze zur standesgemäßen Lebensführung“ (ken’yakurei) gegründet, die das Vier-Stände-System definieren sollten. Doch die Verordnungen der ken’yakurei etablierten eine künstliche Hierarchie der Stände und befanden sich außerhalb jeder gesellschaftlichen Realität. Das Gesetz hatten schließlich Konsequenzen und führte 1868 zum Untergang des Tokugawa-Gesellschaftsmodells und zur Neuordung der Gesellschaft im meiji jidai.

  • Geschichtlicher Ursprung der shinōkōshō - das Gesellschaftssystem der vier Stände (shinōkōshō) entstammt einer alten konfuzianischen Lehre aus China, die bereits vor der Zeitwende entwickelt wurde. Ihre Ideologie passte keineswegs auf das japanische Gesellschaftsbild des edo jidai, wurde ihr aber per Gesetz aufgezwungen. Ursprünglich sollte das chinesische Gesellschaftsmodell der „ Relation von Himmel und Erde“ entsprechen und in der Gesellschaft das „oben“ und „unten“ kennzeichnen. Doch die alte konfuzianische Staatslehre wurde in Japan willkürlich interpretiert und nur auf vier Volksgruppen (Krieger, Bauern, Handwerker und Händler) angewendet. Entgegen der Realität entsprach sie nicht dem wahren Bild der Gesellschaft.
  • Neben den shinōkōshō... - das festgeschriebene System der shinōkōshō im edo jidai etablierte in hierachischer Reihenfolge zunächst die Krieger (shi) an die Spitze der Gesellschaft und ließ darauf das gemeine Volk (heimin) folgen. Die heimin (Bürger) bestanden aus der Gruppe der Landbevölkerung (domin, überwiegend Bauern) und aus der Gruppe der Stadtbevölkerung (chōnin, Handwerker und Händler). Doch das wahre Bild der Gesellschaft enthielt auch weitere Gruppen, die aus dem System der shinōkōshō ausgeschlossen waren oder unerwähnt blieben. Ohne diese kann das Gesellschaftsbild der Edo-Zeit nicht erklärt werden, denn die Funktionsfähigkeit der Edo-Gesellschaft hing in großem Maß von diesen Gruppen ab.<br.>Sowohl in den Gruppe der in shinōkōshō klassifizierten Bürger (heimin) als auch in den Randgruppen gab es einflussreiche Vetreter ihrer Zunft, die das politische und ökonomische Leben Japans nachhaltig beeinflussten. Dieser Umstand wurde von der Gesellschaft in der Frühmoderne nicht beachtet, was später zu erheblichen sozialen Unruhen führte.
  • Ken’yakurei - die Standesgesetze - dieser Begriff bezeichnet die vom bakufu erlassenen Gesetze zur standesgemäßen Lebensführung der gesellschaftlichen Stände innerhalb der shinōkōshō. Diese Gesetze wurden von der Shōgun-Regierung erlassen, um die Ideologie der „Vier-Stände-Gesellschaft“ zu legalisieren. In ihnen wurden Kleidung (Material, Farbe, Schnittmuster), Haushalt (Art, Ausstattung), Architektur der Wohnsitze, standesgemäß erlaubte Lebensmittel und Weiteres für jeden Stand genau festgeschrieben. Außerdem verordneten diese Gesetze, dass keine Gesellschaftgruppe über ihrem Stand leben durfte, verboten aber gleichzeitig auch ein Leben unter ihrem Stand. Die ken’yakurei hatten kaum einen Bezug zur japanischen Gesellschaftsrealität und zeichnen ein verzerrtes Bild der Wirklichkeit.
  • Auswirkungen der ken’yakurei auf die Krieger - die Gesetze der ken’yakurei bestimmten, dass kein Angehöriger des Kriegerstandes (buke, bushi, samurai) unter seinem Status leben durfte. Dies stellte alle Krieger vor ein existenzielles Problem, denn der Stand der japanischen Krieger hatte im edo jidai nur noch eine untergeordnete Bedeutung.<br.>Die adeligen Kriegerfürsten (daimyō) wurden durch ein weiteres Gesetz (sankin kōtai - abwechselnder Aufenthalt zwischen dem bakufu und ihren han) dazu gezwungen, einen doppelten Haushalt zu führen und mussten in ihren Gebieten zusätzlich gemeinnützige Bildungsstädte und Verkehrswege bauen. Diese vom bakufu erzwungenen finanziellen Belastungen sollten ihr Potential zur Bildung einer eigenen Armee verhindern, doch die Ausgaben überstiegen regelmäßig ihre Einnahmen, so dass sie sich bei den Kaufleuten (shōnin) verschulden mussten. Nach manchen Quellen betrug die Verschuldung der daimyō (Lehensfürsten) bei den shōnin (Kaufleuten) das hundertfache ihrer tatsächlichen Einnahmen. Der Sinn dieser Politik war die Schwächung der daimyō, um die Gefahr einer Revolte gegen das bakufu zu verhindern.<br.>Doch am Schlimmsten traf es die unteren Krieger. Sie wurden nicht mehr gebraucht und hundertausendfach entlassen. Verarmt und arbeitslos wurden sie zu rōnin und bestitten ihren Lebensunterhalt durch Pründerungen und Wegelagerei. Sie lungerten an den städtischen Straßenecken und an den Verbindungsstraßen zwischen den Städten, überfielen Vorbeiziehende und raubten sie aus.
  • Auswirkungen der ken’yakurei auf das Volk - das Volk (heimin) wurde in die Landbevölkerung (domin, hauptsächlich Bauern) und in Stadtbevölkerung (chōnin, Handwerker und Händler) klassifiziert. Von allen waren die Bauern (hyakushō) am wichtigsten, denn sie gewährleisteten die Versorgung des gesamten Volkes mit Nahrung. In den shinōkōshō standen sie an zweiter Stelle nach den Kriegern, waren tatsächlich aber der am meisten geknechtete Stand, mit den wenigsten Rechten in der Gesellschaft.<br.>Den Bauern folgten die Handwerker (shokunin), die ein hohes Ansehen genossen. Zu ihnen gehörten die Hersteller von Rüstungen und Waffen, von denen manche in der japanischen Gesellschaft einen Kultstatus erreichten. Die letzten im Vier-Stände-System waren die Händler und Kaufleute (shōnin), deren Absicht des Geldverdienens in der Kriegerideologie (Ehre und Würde) verpöhnt und verachtet war. Doch ausgerechnet diese unerwünschte Klasse der ersten japanischen Kapitalisten begann durch ihre Geldpolitik die Macht in der Gesellschaft zu übernehmen und zwang alle anderen Klassen der shinōkōshō in ihre Abhängigkeit. Mit zunehmendem Reichtum ignorierten sie immer mehr die verordnetene Anti-Luxus-Gesetze der Regierung. Sie lebten in den Vergnügunsviertel von Edo (yoshiwara), wo die Standesgesetze der ken’yakurei keine Gültigkeit hatten. Von dort ausgehend begannen sie die gesamte Finanzpolitik Japans zu beherrschen.
  • Konsequenzen - plötzlich stand das System der shinōkōshō auf dem Kopf. Die meisten Krieger wurden zu rōnin (arbeitslose samurai), die buke (adelige Krieger) waren bei den Händlern hoffnungslos verschuldet. Das Kriegerhandwerk war in der Zeit des friedlichen Edo-Zeitalters nicht mehr gefragt und wirtschaftliche Beteiligungen waren den samurai durch ihre festgeschriebene Ethik (bushidō) versagt. So verschuldeten sich die Krieger notgedrungen bei den Händlern.<br.>Die unterste Klasse der shinōkōshō, die Händler (shōnin) bestimmten an oberster Stelle die Finanzpolitik Japans, während die höchste Klasse der Krieger hoffnungslos verschuldet von ihnen abhängig war. Durch geschickte Heiratspolitik erreichten manche Händler den Status der samurai. Andere ließen sich für viel Geld von Samurai-Familien adoptieren. Durch diese Praktiken erreichten zu Ende des 17. Jahrhunderts viele Händler den gesellschaftlichen Krieger-Status und durften eigene Japanische Namen und entsprechend dem Samurai-Status zwei Schwerter (daishō) tragen.<br.>Andererseits versuchten die durch die ken’yakurei in finanzielle Not geratenen samurai ihren lästigen Adelsstatus los zu werden und sich in die Gruppe der Bürger (heimin) zu integrieren. Zwar versuchte die japanische Regierung diese ungewollten und kontraproduktiven Praktiken aufzuhalten, doch es gelang ihr nicht mehr. Diese irrige Situation zerriss die japanische Gesellschaft und führte schließlich zu schweren Unruhen.

Studien Informationen

Siehe auch: Japanische Gesellschaft | Japanische Frühmoderne | Gesellschaft in der Frühmoderne

Literatur

  • Johannes Barth: Edo - Geschichte einer Stadt und einer Epoche Japans. Tōkyō, Deutsche Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens (OAG) und Japanisch-Deutsche Gesellschaft e.V. 1979 (Mitteilungen der Deutschen Gesellschaft für Natur- und Völkerkunde Ostasiens, Band LXXVI).
  • John K. Fairbank, Edwin O. Reischauer, Albert M. Craig: East Asia- Tradition and Transformation. Houghton Mifflin Company und Charles E. Tuttle Company, Boston, Tōkyō 1976.
  • Gerald Groemer: The Creation of the Edo Outcaste Order. In: Journal of Japanese Studies (2001, Vol. 27, Nr. 2).
  • John W. Hall: Rule by Status in Tokugawa Japan. in Journal of Japanese Studies (1974, Vol. 1, Nr. 1).
  • Herman Ooms: Tokugawa Village Practice - Class, Status, Power, Law. University California Press, Berkeley, Los Angeles, London 1996.
  • Renate Ruttkowski: Von der Altsteinzeit bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs. In: Länderbericht Japan - Geographie, Geschichte, Politik, Wirtschaft, Gesellschaft, Kultur. Hrsg. Hans Jürgen Mayer, Manfred Pohl, Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 1995.
  • Donald H. Shivley: Sumptuary Regulation and Status in Early Tokugawa Japan. in Harvard Journal of Asiatic Studies, vol. 25, 1964-1965.
  • Werner Lind: Budo Lexikon, BSK 2010.
  • Klaus Vollmer: Vorstellungen und Grundlagen gesellschaftlicher Ordnung in Ostasien. In: Edition Weltregionen (Band 10): Ostasien 1600-1900. Hrsg. Sepp Linhart, Susanne Weigelin-Schwiedrzik, Promedia Verlag, Wien 2004.
  • Shimmi K.: Die Geschichte der Bukeherrschaft in Japan: Beiträge zum Verständnis des japanischen Lehnswesens. Basel 1939.
  • Stephen Turnbull: Samurai Krieger. Ordonnanz Verlag.
  • Oscar Ratti/Adele Westbrook: Secrets of the Samurai. Charles E. Tuttle Company 1993.

Weblinks