Kata (Form)

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Artikel erstellt von: Werner Lind

In allen Systemen des budō ist die kata (jap.: 形 oder 型) ein zentraler Begriff. Sie bezeichnet zunächst eine Form, durch deren Übung der Zugang zu den Inhalten des budō ermöglicht wird. Erst durch die kata wird die Japanische Kriegskunst zur Kampfkunst und verwandelte sich von einer lebenszerstörenden Methode (bujutsu) in eine kontemplative Methode der Lebenserhaltung (budō). Kata werden in allen Systemen des budō geübt.

Etymologie

Der Begriff kata (形 oder 型) bedeutet „Form“, „Modell“ oder „Gestalt“. Die kata bezeichnet zunächst eine festgelegte Übungsmethode zum Einstudieren des Sieges gegen Angreifer. Das technische Konzept setzt sich aus Bewegungen zusammen, die zur Abwehr gegnerischer Angriffe und zum Konter verwendet werden. Doch in den ostasiatischen Kampfkünsten ist die kata mehr als nur ein technisches Konzept und erfordert ein intensives Studium (bunkai) in Theorie und Praxis.

Formbegriff in Japan

Hauptartikel: Kata

Die Japaner benutzen in ihrer Schriftsprache zur Bezeichnung einer Form zwei verschiedene kanji (形 und 型), die beide kata bedeuten. Beide bezeichnen zunächst eine Form, doch in der genaueren Betrachtung ihres Bedeutungsspektrums sind die Schriftzeichen durchaus differenzierbar:

  • Kata (形) - dieses kanji (im Japanischen gyō, kei, katachi, nari; im Chinesischen xíng, 形; im Koreanischen hyeong, 형), bedeutet „Form“, „Figur“, „Aussehen“, „Muster“, „Spur“ und bezeichnet im budō einen ritualisierten Bewegungsablauf. Das Schriftzeichen stellt piktographisch ein Fenster dar, durch das Sonnenstrahlen (彡) einfallen, die ein Schattenmuster entstehen lassen. Dieses Muster erzeugt eine erste ursprüngliche Form (genkei, 原形), eine erste sichtbare Erscheinung/Form (keibō, 形貌), deren Spur (keiseki, 形跡) verfolgt werden kann. Dafür gebraucht man auch den Begriff genkyo (原拠 - „Grund“, „Basis“, „Ursprung einer Angelegenheit“).
  • Kata (型) - dieses kanji (auch kei, gyō; chin. xíng; kor. hyeong) verweist durch das im rechten Teil des Schriftzeichens enthaltene Radikal für ein Schwert (刀) auf einen genauen Zuschnitt, das linke Radikal, durch die vier sich schneidenden Linien auf eine exakt definierte Form, der untere Teil auf das Material (土, Erde). Auch dieses Schriftzeichen bezeichnen den Ablauf einer Form, ein Muster oder ein Aussehen. Sie binden an das chinesische Schriftzeichen xíng (形 / 型) und an das koreanische Zeichen hyeong (형) an und bezeichnen im budō einen Prototypen - eine zum näheren Studium auffordernde komplexe Angelegenheit.<br.>In der Wortkombination entwickeln sich daraus Bezeichnungen wie enkei (Kreisform), seihōkei (Quadrat), mukei (formlos, gestaltlos), genkei (Urbild, Prototyp). Im kombinierten Verständnis ergibt sich daraus die spezielle Bedeutung einer „irdenen Gussform“.

Formbegriff in China

Hauptartikel: Tàolù | Xíng

Um den japanischen Begriff kata in seinem gesamten Umfang zu deuten, sind ausgiebige Forschungen in seinem chinesischen Ursprung unumgänglich. Erst aus ihren Deutungen entstehen die Bezeichnungen kata in Japan und hyeong in Korea.

  • (路) - das Schriftzeichen liest man im Chinesischen als oder luò, im Japanischen als michi (ro, 路) oder (道) und im Koreanischen als ro (로). In allen Fällen bedeutet das Schriftzeichen „Weg“, „Pfad“ oder „Straße“.
  • Tào (套) - im Japanischen (套), koreanisch to (토) oder tu (투). Der Begriff bezeichnet ein „Behältnis“ und steht auch für „umhüllen“ oder „bedecken“.
  • Tàolù (套路) - „Behältnis für den Weg“, z.B. auf einem Weg () der Übung werden Erkenntnisse in einem Behältnis (tào) versteckt. Damit gemeint sind auch die komplexen Formen (jap. kata) des chinesischen quánfǎ (拳法).
  • Xíng (形) - „Ablauf“, „Aussehen“, „Form“, „Muster“, im Japanischen gyō, kei, kata, katachi, nari im Koreanischen hyeong. Bezeichnung für die Formen des quánfǎ in Japan als kata (形 oder 型) bezeichnet. Hauptsächlich bezeichnet dieser Begriff den „Verlauf“ der Formen (jap. genkyo, 原拠 oder genkei, 原形).

Formbegriff in Korea

Hauptartikel: Hyeong | Teul | Pumsae

Die Formen der koreanischen Kampfsysteme berufen sich auf einen Ursprung in ihrer Tradition, sind aber ausschließlich von chinesischen, okinawanischen und japanischen Modellen beeinflusst.

  • Hyeong (hangeul 형; hanja 形 / 型) - 20 traditionelle Formen, entwickelt von General Choi Hong Hi.
  • Teul (틀) - 24 Formen, aus den hyeong von General Choi Hong Hi weiter entwickelt.
  • Pumsae (hangeul 품새 / 태극; hanja 太極) -

Stilbezogene Kata

Allgemeine Erläuterungen über die Kata

Die kata ist ein über Jahrhunderte gereiftes System zur Entwicklung der Persönlichkeit und zum Erlernen der Selbstverteidigung. Betrachtet man sie rein äußerlich, gleicht sie der festgelegten Struktur eines unausgefüllten Kreuzworträtsels. Das Ziel des Übenden ist es, diese Struktur auf seinem Weg nach und nach mit Inhalten zu füllen.<br.>Mit der korrekten Übung der kata ist seit jeher der Anspruch verbunden, Geist und Körper ins Gleichgewicht zu bringen und den Menschen bei der Suche nach dem Lebensinn zu unterstützen. Jenem Übenden, der sich zum Erfahren ihrer Inhalte bereit hält, kann sie Zeichen geben. Jenem, der nur vordergründig denkt, eröffnet sie lediglich den Weg der äußeren Form. „Wie groß ist doch das Meer.“, sagt der Schüler zu seinem Lehrer, und dieser antwortet: „...und dabei siehst du doch nur die Oberfläche.“

Das Konzept der Kata

Konzepte der kata gab es in allen ostasiatischen Kulturkreisen, wenngleich sie sich in ihrer jeweiligen Ausprägung unterschieden. Was sie miteinander verband, war die Idee, einen formalen Bewegungsablauf zu gründen und in diesem die tatsächlichen Inhalte so zu verbergen, dass sie ohne die Erläuterung des Gründers kaum zu entschlüsseln waren. Im Prozess der Selbstperfektion die Inhalte der kata zu suchen und zu verstehen, war die Aufgabe des Schülers, den Prozess zu lenken und Inhalte zu vermitteln, die des Lehrers. Dazu bediente er sich ihrer Form, doch diese war immer nur Mittel zum Zweck. Auch heute verwendet ein sensei die Form, um Inhalte zu lehren.

Auf diese Weise wurde die kata über Generationen vom Lehrer auf den Schüler übertragen. Abgesehen von der korrekten Ausführung ihrer Techniken war das Äußere der Form nie von jener Bedeutung, die man ihr heute oft beimisst. Wichtig war stets die Übung des Schülers auf einem Weg (Dō (Weg)|dō) zu seiner Persönlichkeit und vor allem die individuelle Beziehung zu seinem sensei, der ihm die Bedeutung hinter den Formen erklären und ihn zum Fortschritt anleiten konnte. Nicht das körperliche Training der kata, sondern der sensei als das entscheidende Bindeglied zum Schüler in allen Prozessen war der Schlüssel zum Fortschritt.

Formell gesehen bezeichnet die kata im karate eine Reihe von festgelegten Bewegungen, in denen der Übende einen Kampf gegen imaginäre Gegner simuliert. Routiniert man ihre Techniken im Formablauf (kata), in der Grundschule (kihon) und in der Partneranwendung (kumite) durch ständige Wiederholung, werden sie Teil der natürlichen Reflexe aus dem Unterbewusstsein - wie alles, was man im Leben so oft wiederholt, bis es zu einem gewohnten Verhalten wird.

Das wichtigste Übungsprinzip der kata ist also, sie zu wiederholen und sie wieder und wieder zu üben, bis sie perfekt ist und der Übende durch sie perfekt wird. Dieses Streben ist sicherlich endlos, da nichts im Leben perfekt sein kann. Doch in diesem Streben entwickelt der Übende körperliche und geistige Reife. Ein fortgeschrittener karateka übt keine kata, um sie zu können, sondern um sich selbst in ihr zu üben. Im traditionellen budō bezeichnet man das „Streben“ und nicht das „Erreichen“ als höchsten Wert der Übung: „Der Weg ist das Ziel.“, heißt es in den alten Stilen (koryū). Das ist ein wesentlicher Unterschied zur Betrachtungsweise des modernen budō.

Doch in unserer heutigen, schnellebigen Zeit bleiben Schüler selten lange genug bei ihrem sensei, um dieses grundlegende Prinzip zu verinnerlichen. Meistens „wissen“ sie vorzeitig alles besser, bevor sie wirklich verstanden haben. Unglücklicherweise ist dies auch häufig die Schuld des Lehrers, der sich viel zu früh von seinem eigenen Lehrer getrennt hat und Formen ohne Inhalt unterrichtet.

Bedeutung der Kata

Von außen betrachtet bleibt die kata nach wie vor nur eine gymnastische Form. Doch in ihrem Inhalt und Anliegen an den Übenden ist sie mit nichts vergleichbar, was westliche Bewegungslehren je ersonnen haben. Die kata wurde brillant erdacht und ist ein Weg, um grundlegende Lebenserfahrungen von einer Generation zur anderen zu überliefern. Nicht die Form der kata, sondern die in einer echten Lehrer-Schüler Beziehung (shitei) übermittelten Inhalte der kata lassen den Übenden zu einer reifen Persönlichkeit werden. Lernende sollten sich daher nicht nur um die Form, sondern vor allem um die Beziehung zu ihrem Lehrer und ihren persönlichen Wert für die Gemeinschaft der Mitübenden bemühen.

Der Weg des budō erfordert Bescheidenheit, Geduld und Hingabe, aber vor allem die Bereitschaft zur Verwirklichung von Werten und Inhalten in der Formübung, im menschlichen Miteinander und im Verhältnis zum persönlichen Lehrer. Das Verständnis aller Hintergründe einer kata hängt unmittelbar davon ab, und genau darin unterscheiden sich die traditionellen Systeme des budō von den Methoden des modernen Kampfsports. Wohl jenem Schüler, der einen sensei findet, der ihn darin zu unterrichten vermag.

Der wahre Wert der kata wird nie verloren gehen, denn echte sensei gibt es nach wie vor - aber sie sind seltener geworden. Die heutige Zeit bringt immer mehr Trainer hervor, die keine Inhalte, sondern Formperfektion unterrichten. Das jedoch ist ein anderer Weg.

Die kata enthält die gesamte Weisheit des Lebens - der Sinn ihrer Übung ist es, diese in lebenslangem Studium nach und nach zu entdecken. So lehrt uns die kata zu sehen, was wir vorher nicht gesehen haben. Auch wenn Übende ihren Sinn, ihren Wert und ihre Schönheit anfangs in der äußeren Form suchen, kommt für jeden, der die kata lange genug mit konstruktivem Geist erforscht, der Zeitpunkt, an dem er ihre Bedeutung in sich selbst findet. Gleichzeitig entdeckt er, dass der Ort, an dem er anfangs gesucht hat, keine wirkliche Bedeutung hat. Der wahre Ort, an dem es die kata zu entdecken gilt, ist in jedem selbst.

Die Werte der kata liegen jenseits ihrer formellen Oberfläche. Ihre Hintergründe zu erfahren, bedeutet das Kreuzworträtsel zu lösen, dessen Entschlüsselung nicht das System selbst, sondern nur der sensei offenbaren kann. Doch weil die Menschen heute dazu neigen, den Systemen mehr zu vertrauen als dem sensei, kommen moderne karateka kaum über die Form hinaus.

Kata - Spur, Gussform, Phänomen. Eine Betrachtung über die Komplexität der Kata

Die Form muss korrekt geübt werden (kata wa tadashiku) oder die Form muss drei Jahre lang geübt werden (hito kata san nen). Diese oder ähnliche Lehrsätze werden Übenden der japanischen Kampfkünste im Allgemeinen und karateka im Speziellen ans Herz gelegt, um ihnen die Bedeutung bestimmter Abläufe festgelegter Angriffs- und Verteidigungsbewegungen zu vermitteln, die im Japanischen kata heißen. Solche Formen - so wird das Wort kata meist übersetzt - werden entweder allein oder mit Partner(-n) ausgeführt und dienen in der Regel dem Zweck, den Menschen in seiner Gesamtheit geistig wie körperlich gesund und leistungsfähig zu erhalten, indem er sich zu einem gesundheitsfördernd bewegt, zum anderen dabei bestimmte Selbstverteidigungsszenarien routiniert und bei beidem seine allgemeine Aufmerksamkeit und Geisteskraft schult.

Die Tatsache, dass es in den asiatischen Kampfkünsten eine Vielzahl von Formen gibt, die zwar über eine nachweisbar lange Übungstradition verfügen, deren Entstehungsanlass, Entstehungszeitraum und ursprünglicher Übungsinhalt jedoch nicht selten im Dunkeln liegen, hat zu vielen historischen Spekulationen geführt. Erschwert wird die Deutung dieser alten Formen für den modernen Interpreten dadurch, dass viele von ihnen allein ausgeführt werden. Dem Auge des Betrachters erschließt sich daher der Sinngehalt bestimmter Techniken ohne Erläuterungen eines Lehrers oder ohne die Anwendung bestimmter Bewegungssequenzen mit einem Partner nicht. Jede kata ist für ihn zunächst nur ein Phänomen, und zwar im Sinne des griechischen phainómenos (φαινόμενος), was ursprünglich einfach das Sichtbare, die Erscheinung meint. Das japanische Äquivalent für diesen Bedeutungsinhalt ist omote (表), die Oberfläche, Vorderseite, Außenseite, Front oder Fassade.

Auf der Suche nach dem ura (裏), der Innenseite, dem Hintergrund, also dem Sinn des Phänomens kata wird beispielsweise ganz ähnlich der Frage, ob das Huhn oder das Ei zuerst da gewesen sei, diskutiert, ob in der Vorzeit bereits existierenden Gesundheitsübungen kämpferische Inhalte implementiert wurden oder ob die Formen ursprünglich rein kämpferischer Natur waren und erst später der Gesundheitsaspekt bestimmter Bewegungen herausgekehrt wurde, eventuell auch deshalb, weil deren kämpferische Bedeutung verloren gegangen war. Ein anderer Forschungsgegenstand ist der Abstraktionsgrad der Formen: Diente die Komprimierung von Gesundheitsübungen und Methoden der Selbstverteidigung in jeweils bestimmte, anscheinend abstrakte Formen entweder der Geheimhaltung von Wissen (einer Meisterlehre) oder als Mnemotechnik zur Rekapitulation erlernter Übungsinhalte oder aber einfach als Methode der Trainingsroutine? Oder sind alle drei Gründe zutreffend (und noch mehr)?

Die Notwendigkeit der Form-Deutung, die Notwendigkeit den geübten Bewegungen einen ihnen entsprechenden Sinn zu verleihen, ist für jeden Übenden Problem und Chance zugleich. Problem, weil er das Formgebende, den Inhalt, der die Form so aussehen lässt, wie sie ist, in einem recht schwierigen, langen Erkenntnisprozess selbst ergründen muss, wenn er sie nicht gedankenlos einfach nur „ablaufen“ will. Chance, weil er in diesem Erkenntnisprozess durch die Bewältigung der Probleme menschlich reifen kann. Der lebensphilosophische Kontext dieser auf viele Alltagsbereiche übertragbaren Methode ist der, dass der Übende, indem er seiner Form Inhalt verleiht, auch seinem Leben Sinn gibt.

Geht man den verschiedenen Bedeutungsebenen des lateinischen Wortes forma, aus dem unserer deutscher Begriff Form entlehnt ist, nach, so lassen sich folgende Nuancen differenzieren: Eine forma ist zum einen der sichtbare Abdruck, quasi das Gepräge des inneren Wesens. Zum zweiten ist forma die Figur, das Gebilde als Ergebnis eines kreativ-künstlerischen oder natürlichen Prozesses. Zum dritten ist forma aber auch ein Modell zur Formgebung. In dieser dritten Bedeutung kann forma beispielsweise eine Hohlform beim Metallguss oder bei der Butterherstellung oder aber auch ein Schuhleisten sein.

Die Beziehungen dieser drei Bedeutungsebenen seien an einem historischen Beispiel aufgezeigt. Es ist bekannt, dass die Römer zur Zeit der Antike eine Vorliebe für griechische Kunst hatten, unter anderem auch für die Meisterwerke griechischer Bildhauerei und diese Vorliebe dadurch pflegten, dass sie von den griechischen Statuen aus Marmor viele Kopien, etwa aus Bronze, schufen. Stellt man sich also eine Statue vor, die dem kreativen Vermögen eines Praxiteles entsprungen war, so war sie eine Figur, ein Gebilde im Sinne der zweiten Bedeutung von forma. Um diese Statue zu kopieren, mussten die Römer zunächst einen möglichst genauen Abdruck schaffen, also eine forma der ersten Bedeutung. Diese wiederum war die Basis für die Metallgussform, also die dritte forma, mit der man eine oder mehrere bronzene Kopien des marmornen Originals herstellen konnte.

Zurück zu den Bewegungsabläufen in den asiatischen Kampfkünsten, genauer gesagt zu den japanischen kata, mit denen es sich begrifflich und praktisch im Grunde nicht viel anders verhält als mit der lateinischen forma. Die Japaner benutzen zur Bezeichnung dieser Abläufe in der Schriftsprache zwei kanji, 形 und 型, die grundsätzlich beide auf eine „Form“ im Sinne eines Gebildes, also der zweiten Bedeutung von forma, verweisen können. Nur in Randbereichen des Bedeutungsspektrums sind die Schriftzeichen differenzierbar: 形, das piktographisch als Fenster gedeutet werden kann, durch das Sonnenstrahlen 彡 einfallen, die ein bestimmtes Schattenmuster entstehen lassen, bedeutet demzufolge auch „Muster“, äußere Gestalt“, „Spur“ und ist demzufolge mit der ersten Bedeutung von forma vergleichbar. Das zweite Zeichen 型 verweist durch das im rechten Teil des kanji enthaltene Radikal für „Schwert“ (刀) auf einen genauen Zuschnitt, das linke Radikal durch die vier sich schneidenden Linien auf eine exakt definierte Form, der untere Teil auf das Material, Erde (土). In der Kombination ergibt sich die spezielle Bedeutung einer „irdenen Gussform“ und eine Übereinstimmung mit der dritten Bedeutung von forma.

Auch wenn diese Unterscheidung für den Kampfkunstübenden etwas zu philologisch erscheint, gibt sie uns doch Hinweise zum Verständnis der kata. Betrachten wir diese Formen als Substrate realer Selbstverteidigungsszenarien, so sind letztere immer nur mit (mindestens) einem Angreifer und einem Verteidiger, also zwei Personen, zu denken. Hat ein Mensch eine Methode gefunden, sich gegen eine bestimmte Form des körperlichen Angriffs eines Gegners zu wehren, beispielsweise durch eine Abwehr und einen Konter-Fauststoß, durch einen Niederwurf oder durch eine Gelenkmanipulation, so kann er diese Methode mit einem Partner üben, später aber den einmal gefundenen Bewegungsablauf auch ohne Partner ausführen, um ihn zu festigen und sich seiner zu erinnern. Was vom realen Selbstverteidigungsszenario übrig bleibt, ist das Verhalten des Verteidigers in abstrahierter Form. Dies ist 形, die zurückbleibende Spur, der „Abdruck“.

Befindet ein Kampfkünstler für sich, dass die in dieser „Spur“ abstrahierte Selbstverteidigungsmethode einen exemplarischen Wert hat, beispielsweise durch ein in ihr enthaltenes wichtiges Prinzip, so wird er sie verwenden, um seine Schüler in diesem Prinzip zu unterrichten. Viele Schüler werden das allgemeine Prinzip über diesen exemplarischen „Abdruck“ erlernen. Aus 形, der Spur, ist 型, die Gussform, geworden, in die sich die Schüler begeben, um zu lernen. So lange sie nicht auf einem genügenden Verständnisniveau sind, müssen sie in dieser Gussform bleiben, das heißt, die Form genau beachten und korrekt üben, ohne Abweichungen. 型は正しく。Kata wa tadashiku. Die Form muss korrekt geübt werden. Dies dauert seine Zeit. 一型三年。Hito kata san nen. Eine Form drei Jahre lang.

Studien Informationen

Unterscheidung: Klassische Kata | Moderne Kata | Bunkai | Kata bunkai

Siehe auch: Karate-Kata | Jūdō-Kata | Aikidō-Kata | Jūjutsu-Kata | Ninjutsu-Kata | Kenjutsu-Kata | Kyūjutsu-Kata | Kobudō-Kata

Literatur

  • Werner Lind: Lexikon der Kampfkünste. BSK-Studien 2010.
  • Werner Lind: Budo - der geistige Weg der Kampfkünste. Scherz 1991.
  • Werner Lind: Okinawa Karate. Sportverlag Berlin 1998.
  • Werner Lind: Karate Grundlagen. BSK 2005.
  • Werner Lind: Karate Kihon. BSK 2007.
  • Werner Lind: "Karate Kumite." BSK 2012.

Weblinks