Okinawate

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Artikel von: Werner Lind<br.>Nachbearbeitet von: Stephanie Kaiser

Okinawate (jap.: 沖縄手) in der einheimischen Sprache uchinādi bedeutet der Begriff „Hand / Technik von Okinawa“. Das System entwickelte sich in Reihenfolge aus seinen rein kämpferischen Vorgängerversionen, tegumi (手組), te (手) und tōde (唐手). Okinawate entstand aus der Kombination dieser Methoden mit den philosophischen Inhalten der chinesischen tàolù aus dem quánfǎ.<br.>Das okinawanische System begann sich früh in shōrin ryū (shurite und tomarite) und in shōrei ryū (nahate) zu teilen. Zu demselben Zeitpunkt änderte sich die Bezeichnung von tōde in okinawate. Im 19. Jahrhundert wurde das Konzept in karate (唐手) umbenannt.

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Vorgeschichte

Erst ab 1724 gibt es wieder aufgeschriebene Informationen über die okinawanische Kampfsysteme. Es hatte sich viel von der anfänglichen Spannung gelegt, wofür im Vorfeld besonders König Shō Tei (1669 - 1709) sorgte, obwohl auch er nur eine Marionette der Satsuma war. Doch er setzte durch, dass höhere Stellungen im Staat wieder für Okinawaner zugänglich wurden und dass Okinawaner nach China reisen durften. Außerdem hatten viele der Satsuma-Samurai okinawanische Frauen geheiratet, was zu einer Annäherung der Japaner und Okinawaner führte. Doch keineswegs gab es Freundschaft, sondern bestenfalls einen Waffenstillstand.

Veränderung des Tōde zum Okinawate (ab 1724)

Durch die Entspannung der okinawanisch-japanischen Beziehungen nach 1700 konnten sich die Kontakte der Okinawaner zu den Chinesen intensivieren. Zunehmend mehr chinesische Delegationen reisten nach Okinawa, viele Militärs, Sicherheitsexperten und Kampfkunstmeister befanden sich unter ihnen.<br.>In diesem Zeitraum begannen chinesische Quánfǎ-Meister okinawanische Tōde-Experten als Schüler anzunehmen und unterrichteten sie in den Praktiken des quánfǎ. Sakiyama Yoshinori, Gushi und Tomoyose (aus Naha) lernten bei Ason[1]. Matsumura Sōkon (aus Shuri), Maezato und Kojō (beide aus Kumemura) studierten bei Iwah[2]. Shimabukuro (aus Uemonden), Higa, Senaha, Gushi, Nagahama, Aragaki, Higashionna Kanryō und Kuwae (alle aus Kunenboya) studierten bei Waichinzan[3]. Gusukuma, Kanagusuku und Oyadomari Kōkan studierten bei Shionja[4]. Matsumora Kōsaku, Yamazatō Kiki und Oyadomari Kōkan studierten bei Anan[5], Sakugawa Kanga und Yara Chatan studierten bei Kūshankū[6].<br.>Das okinawanische tōde sollte sich durch den Einfluss der Quánfǎ-Lehrer radikal verändern. Bezeichnend für die Veränderung des tōde zum okinawate erzählt Richard Kim eine Geschichte über die erste Begegnung zwischen Sakugawa Kanga und Kūshankū:<br.>„Als Sakugawa eines Tages spazieren ging, sah er einen Chinesen, der am Flussufer meditierte. Er wollte ihm einen Streich spielen und von hinten ins Wasser stoßen. Doch der Chinese reagierte und überwältigte Sakugawa mit wenigen Handgriffen. Nachdem er ihn zur Rede stellte und erfuhr, dass Sakugawa ein Tōde-Meister war sagte er zu ihm: „Besuche mich in Kumemura und ich bringe dir nicht nur das WIE, sondern auch das WARUM der Kampfkünste bei“.<br.>Diese Geschichte steht als Beispiel für die Entstehung des okinawate. Das, was es vom früheren tōde unterschied, waren seine Inhalte. Durch die Weiterbildung der Okinawaner entwickelte sich aus einer reinen Kriegsmethode eine Kampfkunst mit ethischen Werten. Man kann die Veränderungen des tōde zum okinawate an folgenden Punkten festmachen:

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Kumemura - erneuerte Einflüsse (ab 1724)

Kumemura, das bereits seit 1392 das bedeutendste chinesische Zentrum für Bildung, Handel und Kulturaustausch auf Okinawa war, sollte mit Beginn des 18. Jahrhunderts eine neue Rolle in der Entwicklung der okinawanischen Kampfsysteme zu spielen. Denn inzwischen lebten dort nicht nur chinesische Diplomaten, sondern auch aristokratisch privilegierte Okinawaner, die in der chinesischen Sprache, Kultur und Technologie eine intensive Ausbildung erfuhren.<br.>Während die Chinesen ihre okinawanischen Schüler in Kumemura unterrichteten, ermutigten sie diese gleichzeitig nach China zu reisen, um dort ihr Wissen und Können in den chinesischen Künsten zu vertiefen. Auf ihren Handelsreisen und Tributmissionen nahmen sie oft ihre besten okinawanischen Schüler als Austauschstudenten nach China mit. Auf diese Weise gelangten Okinawaner nach Běijīng, Nánjīng, Shànghǎi und vor allem nach Fúzhōu.<br.>Fúzhōu ist die Hauptstadt der südchinesischen Provinz Fújiàn von der ausgehend die wichtigsten Beeinflussungen der okinawanischen Kampfsysteme durch das chinesische quánfǎ stattfanden. Bei der Tributüberbringung nach China war Fúzhōu stets der erste Hafen, den alle Schiffe aus Okinawa anlaufen mussten. Daher war es nachvollziehbar, dass sich in Fúzhōu bald eine okinawanische Siedlung gründete, die in der Veränderung der okinawanischen Systeme eine wichtige Rolle spielte.<br.>Im Vorfeld dieser Entwicklungen ist der Name Kojō Oyakata zu nennen, auf den das kojō ryū zurückgeht. Der okinawanische Oyakata (Prinzen-Titel) lebte von Anfang an angelehnt an die „36 Familien“ aus Kumemura in einer privilegierten Stellung und reiste bereits 1665 nach China, um die chinesischen Künste zu studieren. In Folge entstand die Tradition des kojō ryū, die auf Okinawa bis heute die chinesische Quánfǎ-Methoden vertritt.<br.>Eine ähnliche Rolle spielte der frühe Oyakata Nakaima Norisato, der als einer der ersten Okinawaner 1870 nach China reiste und nach seiner Rückkehr das ryūei ryū gründete.

Ryūkyūkan - okinawanische Enklave in China

Im selben Atemzug mit Kumemura muss die okinawanische Siedlung Ryūkyūkan, in der Nähe der Hauptstadt Fúzhōu in der chinesischen Provinz Fújiàn genannt werden, in der Studenten aus Okinawa (uchinānchu ryūgakusei) eine gemeinsame Anlaufstelle fanden. Die Siedlung entstand Anfang des 18. Jahrhunderts, im Zeichen des Kulturaustausches und der guten Handelsbeziehungen zwischen China und Okinawa. Bald fand man ähnliche Siedlungen auch in weiteren chinesischen Städten. Doch die Siedlung Ryūkyūkan blieb die bedeutendste Niederlassung der Okinawaner in China.<br.>Beginnend mit Sakugawa Kanga (1733 - 1815) und Yara Chatan (1760 - 1812), gefolgt von Uechi Kanbun (1877 - 1948), Matsumura Sōkon (1792 - 1896) u.a. folgten weitere Okinawaner dem Rat ihrer Lehrer und lernten in China Kampfkunst, Medizin und Philosophie. Nicht alle waren mit dem Ryūkyūkan verbunden, manche fanden chinesische Lehrer außerhalb der Siedlung. Im 18. Jahrhundert tauchen die Namen von chinesischen Lehrern auf, die einen entscheidenden Einfluss auf die Entwicklung des tōde zum okinawate nehmen sollten.<br.>Manche von ihnen sind nur mythologisch zu erfassen (Anan, Ryū Ryō Kō[7]) andere, wie Shushiwa[8] sind mehr oder weniger geschichtlich dokumentiert. Doch unabhängig davon veränderten diese Chinesen die Mentalität der okinawanischen Kampfkünste, indem sie ihre okinawanischen Schüler in die chinesischen Künste und Wissenschaften einführten.<br.>Zurück auf Okinawa unterrichteten die okinawanischen Studenten ihre Mitbürger in den chinesischen Künsten. Ihnen allen lag ihr heimisches tōde zugrunde, doch sie füllten es mit den aus China neu gewonnenen Erkenntnissen. Dadurch veränderte sich die okinawanische Kriegskunst (tōde) allmählich zur Kampfkunst (okinawate).

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Bubishi - überlieferte Kopien aus dem 19. Jahrhundert

Bezeichnend für diese Veränderung waren auch die Kopien des chinesischen Dokuments bubishi (chin. wǔbèizhì), die von Fújiàn aus nach Okinawa gelangten. Dieses Werk darf nicht mit dem monumentalen Militärklassiker aus der Míng-Dynastie von Máo Yúanyí verwechselt werden, welches auch wǔbèizhì genannt wird, auch wenn sich einige Darstellungen von Zweikampfszenen ähneln.<br.>Die Herkunft des bubishi ist nicht ganz klar, aber es wurde vermutlich in Fújiàn verfasst oder dort aus älteren Texten zusammengetragen. Es enthält Texte und Zeichnungen zur Philosophie, Etikette und Techniken der Kampfkünste, zur chinesischen Medizin und Kräuterheilkunde sowie zur Vitalpunktlehre (kyūsho). Es behandelt vor allem Prinzipien der Kampfkunst báihèquán (Faust des weißen Kranich) aus dem Dorf Yǒngchūn[9], aber auch Feinheiten des lúohànquán (Faust der Lúohàn).<br.>In mehreren Fällen gelangten okinawanische Studenten an unterschiedliche Abschriften des bubishi. Es lag an ihren künstlerischen Fähigkeiten, diese Dokumente in Handzeichnungen zu kopieren und diesen die korrekten Übersetzungen zuzuweisen. Auf diese Weise wurden mehrere Bubishi-Abschriften mit unterschiedlichen zum Teil fehlerhaften oder unvollständigen Übersetzungen vielfältig auf Okinawa verbreitet. Über welche Wege das bubishi dabei genau nach Okinawa gelangte ist jedoch immer noch ein ungeklärtes Rätsel.<br.>Trotz aller Widersprüche betrachten die Geschichtsforscher dieses über lange Zeit geheim gehaltene Dokument als die erste schriftlich dokumentierte Beeinflussung des okinawanischen tōde durch das chinesische quánfǎ.

Okinawate (uchinādi) - ab 1724 bis heute

Das okinawate (uchinādi - Hand / Technik von Okinawa) entwickelte sich ab dem 18. Jahrhundert durch die Veränderung des rein kriegerischen tōde zu einer Kampfkunst mit ethischen Werten. Erst durch die Weiterbildung der Tōde-Experten unter den chinesischen Quánfǎ-Lehrern konnte ein solches System entstehen.<br.>Obwohl der Einfluss des quánfǎ auf das tōde nie größer war, als in jener Zeit, besannen sich die Okinawaner auf ihre eigene Tradition und nannten das System okinawate, (in der einheimischen Sprache uchinādi) und schrieben es mit den Schriftzeichen für Okinawa (沖縄) und für Hand / Technik (手). Das frühere Schriftzeichen für China (唐) fand zunehmend weniger Verwendung.<br.>Der Zeitpunkt der großen Reformation des okinawanischen tōde, zum okinawate hatte begonnen. Man kann heute darüber streiten, ob das okinawate so eindeutig auf die okinawanischen Meister zurückgeführt werden kann, denn es ist eigentlich eine Kombination aus tōde und quánfǎ. Das tōde bildete die Wurzeln, das quánfǎ die Quellen seiner Zusammenstellung. Nur beides zusammen ergibt das, was man als okinawate bezeichnet. Das Zentrum jeder Übung war die kata.

Die Kata - verändertes Formenkonzept im Okinawate

Die okinawanische kata als reine Form gab es auch im tōde, doch erst der späte Einfluss der Chinesen sollte sie zu Übungsmodellen machen, in denen ein Selbststudium enthalten war. Gleich den shǎolínischen tàolù, entwickelten sie sich jenseits ihrer kämpferischen Inhalte (ōyō) zu tiefgründigen Methoden der Selbsterfahrung, aufgebaut auf den chinesischen Gesundheitslehren und Philosophien.<br.>Das okinawanische Kata-Konzept des 19. Jahrhunderts unterscheidet sich wesentlich von den kata der vergangenen Jahrhunderte. Durch die Weiterbildung der Tōde-Lehrer konnten die okinawanischen kata mit den Inhalten der tàolù gleichziehen.<br.>Der philosophische Begriff für die chinesischen Formen des quánfǎ lautet tàolù. Die Schriftzeichen bezeichnen ein Behältnis (tào 套) für den Weg ( 路), und binden an das komplexe Formensystem des shǎolínischen quánfǎ an.<br.>Tatsächlich waren die tàolù das „Gefäß“, in dem vertiefte Inhalte des quánfǎ nach Okinawa gebracht wurden. Auch wenn die Okinawaner sie am Anfang nur als „Formablauf“ (kata 型) verstanden, veränderte sich ihr Bewusstsein und begann nach Sinn und Inhalt zu suchen. Später bezeichnete man sie mit dem Begriff „Form mit Inhalt“ (katachi 形). Auch heute kann man die kata nicht als reine Formabläufe (genkyo) oder Technik-Anwendungen (ōyō) verstehen, denn ihr Geheimnis offenbart sich nur in einer wirklichen Meisterlehre (shitei).<br.>Die kata blieben das größte Geheimnis der okinawanischen Kampfkünste. Selbst im Jahre 1905, als Itosu Yasutsune die okinawanische kata in den öffentlichen Schulen Okinawas als Gesundheitsübung einführte, gab es großen Protest von anderen Meistern. Itosu isolierte die kämpferischen Aspekte aus seinen Kata-Kreationen und gründete spezielle Formen (pinan später heian), die nur zur gymnastischen Übung und Gesunderhaltung gedacht waren. Diese Methoden sind bis heute die Grundlage zum japanischen shōtōkan ryū.

Chinesische Meister auf Okinawa

  • Wanshu - shǎolín quánfǎ
  • Kūshankū - shǎolín quánfǎ
  • Iwah - shǎolín quánfǎ
  • Ason - shǎolín quánfǎ
  • Waichinzan - shǎolín quánfǎ
  • Go Kenki - báihèquán
  • Ryū Ryō Kō - hèquan
  • Shūshiwa - pangainun
  • Shionja - shǎolín quánfǎ
  • Anan - unbekannt
  • Chintō - báihèquán
  • Tang Daiji - hūquán

Grundkonzepte des Okinawate

Aus dem quánfǎ wurden mehrere Auffassungen nach Okinawa überliefert. Hauptsächlich waren die Shǎolín-Systeme des hèquán (Kranichstil), besonders báihèquán (weißer Kranich), mínghèquán (singender / schreiender Kranich) und zōnghèquán (schüttelnder / springender Kranich) von Bedeutung. Aus diesem System gelangten viele Prinzipien und maßgebliche kata nach Okinawa.<br.>Gleichermaßen bedeutend für die okinawanischen Systeme war der Tigerstil (hūquán) und der Drachenstil (lóngquán). Weitere Einflüsse erfolgten aus dem lúohànquán und einigen Systemen der nèijiā, wie xíngyìquán und bāguàquán.<br.>Je nach den Beeinflussungen der Tōde-Meister durch ihre chinesischen Lehrer, begannen sich allmählich Unterschiede in den okinawanischen Konzepten herauszubilden. Man machte sie stets am Namen der okinawanischen Lehrer fest und benannte ihre Auffassungen nach dem Ort, in dem sie ansässig waren. Nach gängiger Einteilung fasst man die Stile aus Shuri (shurite) und Tomari (tomarite) unter dem Begriff shōrin ryū zusammen, während man die Systeme aus Naha als shōrei ryū bezeichnet.<br.>Doch diese Einteilung ist sehr vage, denn in Wirklichkeit beeinflussten sich alle Systeme gegenseitig. Zusätzlich gab es reine Familienstile, die die Tradition des alten te bewahrten (motobu ryū), andere folgten ausschließlich den Lehren des quánfǎ (kojō ryū, uechi ryū oder ryūei ryū).

Shōrin ryū - Schule des kleinen Waldes

Der Begriff shōrin bedeutet in der Übersetzung "Kleiner Wald"“ und ist die okinawanische Aussprache für shǎolín. Damit fasste man die Stile aus Shuri und Tomari zusammen.

Shurite (suidi) - die Hand aus Shuri

Shuri war die Hauptstadt in der der König und die Mitglieder des Adels (shizoku) lebten, wodurch die Systeme aus Shuri lange Zeit als das Zentrum der okinawanischen Kampfsysteme galten. Der erste Name, der genannt wird, ist der von Sakugawa Kanga aus Shuri. Ihm folgten in der Reihenfolge Matsumura Sōkon, Azatō Yasutsune und Itosu Yasutsune.

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Tomarite (tuimadi) - die Hand aus Tomari

Tomari war ein Fischerdorf in unmittelbarer Nähe zu Shuri. Die Bezeichnung tomarite wird für die okinawanischen Kampfkonzepte gebraucht, die in den Schulen aus Tomari und Umgebung unterrichtet wurde. Sie hatten keine aristokratische Beeinflussung, Chinesen die in Tomari landeten waren oft Schiffbrüchige oder Seeleute. Hauptsächlich für die Entwicklung des tomarite waren Oyadomari Kōkan und Matsumora Kōsaku.

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Shōrei ryū - Schule der Inspiration

Shōrei ryū ist ein Überbegriff für die okinawanischen Systeme des tōde und okinawate, beeinflusst aus den südlichen Shǎolín-Tempelschulen des chinesischen quánfǎ. Ihr Einfluss etablierte auf Okinawa zunächst die Schulen des nahate über Ason und später über Higashionna Kanryō. Das shōrei ryū entstand schließlich als Folge des Systems aus Naha.<br.>Die Schriftzeichen für shōrei übersetzt man mit „Stil der Inspiration“. Darin bedeutet das kanji shō 昭 „hell“ oder „klar“ und das kanji rei 霊„Geist“ oder „Seele“. Da sich diese Schule, ebenso wie shōrin ryū auf das Shǎolín-Kloster beruft, glaubt man, dass der Begriff shōrei von den Okinawanern wegen der Existenz des shōreiji in Südchina verwendet wurde (shōreiji oder Shōrei-Kloster ist der japanische Name für das südliche Shǎolín-Kloster). Die Lehren dieses Tempels sollen die Basis für das alte okinawanische nahate und seine Fortsetzung shōrei ryū gebildet haben.

Nahate - die Hand aus Naha

Naha ist die heutige Hauptstadt Okinawas mit etwa 300.000 Einwohnern. Die Stadt setzt sich aus dem alten Naha, der ehemaligen Hauptstadt Shuri und der Hafenstadt Tomari zusammen.<br.>Die Kampfsysteme aus Naha (nahate) verbinden ihre Geschichte mit dem Namen des Kampfkunstexperten Higashionna Kanryō, aber auch mit Nakaima Norisato, Uechi Kanbun, u.a.

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Die okinawanischen Stilrichtungen

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Studien Informationen

Siehe auch: Okinawa | Okinawanische Kampfsysteme | Okinawanische Kriegskunst | Tegumi | Te | Tōde | Karate

Anmerkungen und Verweise

[1] Ason アソン - chinesischer Quánfǎ-Meister aus Kumemura, der die kata naihanchi überlieferte. Er gab sie zunächst über Sakiyama an Tomigusuku weiter, der aber die Erbfolge des Stils unterbrach. Spätere Schüler von Ason waren Gushi, Nagahama und Tomoyose. Die naihanchi, auf der das ursprüngliche nahate aufgebaut war, überlieferte sich danach ins shōrin ryū, wo sie zu der heute bekannten tekki verändert wurde.

[2] Iwah (Hi Houa) イワー - früher chinesischer Lehrer des quánfǎ, der zeitweise auf Okinawa lebte und besonders über Matsumura Sōkon und Kojō Isei das okinawanische tōde zum okinawate beeinflusste. Iwah war zusammen mit Waichinzan auch einige Jahre Übungsleiter am Ryūkyūkan in Fúzhōu. Dort begegnete er Matsumura Sōkon, der in nach Okinawa mitbrachte. Weitere Schüler von Iwah waren Kojō Kahō (Kogusuku), Aragaki Kamadeunchu (Niigaki) und Maezato Ranhō aus Kumemura.

[3] Waishinzan (Wai Xin Xian / Woo Lu Chin) ワイシンザン (准振山) - chinesischer Militärattaché, der sich einige Jahre lang auf Okinawa aufhielt und mehrere Okinawaner im quánfǎ (luóhànquán und xíngyìquán) unterrichtete.

[4] Shionja (Cháopíng / Tchouen K´ia) 潮平 - auch Shiohira, mystische Gestalt, mit umstrittener Existenz. Im Jahre 1762 strandete ein Tributschiff der Satsuma auf seinem Weg nach Okinawa bei Tōsa (Shikoku) und verblieb im Zuge dringender Reparaturarbeiten einen Monat lang im Hafen. Ein ortsansässiger konfuzianischer Gelehrte (Tobe Ryōen, 1713-1795) befragte die Schiffsinsassen und hielt ihre Aussagen in einem Textfragment fest, das heute als ōshima hikki bekannt ist. Darin kommt ein Mann namens Shionja zu Wort, der Aussagen über die okinawanischen Kampfkünste, u.a. über Kūshankū macht. Inwieweit Shionja selbst ein Kampfkunstmeister war, ist heute nicht zu klären. Im Verlauf der späteren Jahre wurde Shionja immer mehr zur Legende und manche vermuteten, dass er identisch mit Anan oder Chintō ist.

[5] Anan (Ānnán / Channan) チャンナン (安南) - geschichtlich unbestätigter Quánfǎ-Experte aus Fújiàn, der möglicherweise im 19. Jahrhundert auf Okinawa (Tomari) strandete und Matsumora Kōsaku, Oyadomari Kōkan, und Yamazatō Kiki unterrichtete.

[6] Kūshankū (Kōsōkun, Kūsankū) 公相君 (クーサンクー) - chinesischer Kampfkunstexperte des nördlichen shǎolínquán, Überlieferer der gleichnamigen kūshankū kata nach Okinawa. Man vermutet, dass er als chinesischer Militärattache im Jahre 1756 im Zuge der chinesisch-okinawanischen Handelsbeziehungen als Gesandter des chinesischen Ming-Kaisers nach Okinawa kam und sich dort bis 1762 aufhielt. Man spricht ihm auch die Einführung der zurückgezogenen Hand an der Hüfte (hikite) und einer Form des kumite (kumiai jutsu) zu.

[7] Ryū Ryō Kō (Rū Rū Kou, Ryuryu Ko) ルールーコウ(劉竜公, 如如哥) - chinesische Quánfǎ-Meister (1852 - 1930), geschichtlich schwer zu identifizieren, seine Existenz ist aber unbestritten. Er war ein Meister des báihèquán (weißer Kranich) und entwickelte daraus den Stil mínghèquán (singender / schreiender Kranich). 1870 nahm er Nakaima Norisato und 1874 Higashionna Kanryō als Schüler an, die später die chinesische Tradition im okinawanischen tōde verbreiteten.

[8] Shūshiwa (Zhōu Zi Huó, Zhōu Zi Hé) 周子和 - okinawanischer Name für den chinesischen Lehrer (1874 - 1926) von Uechi Kanbun, der später den okinawanische Stil pangai nun, Ursprungsquelle der später in Okinawa gegründeten Auffassung uechi ryū gründete. Shūshiwa war ein Meister der Kräutermedizin, der Kalligraphie und Malerei. Er beherrschte die chinesischen Tier-Stile (wǔqínquán) des Drachen (lóng), des Tigers () und des Kranichs (), ebenso wie die Kunst der diǎnxuè.

[9] Yǒngchūn 詠春 - Dieser Ort ist nicht nur durch báihèquán bekannt, sondern auch durch yǒngchūnquán (besser bekannt unter der kantonesischen Aussprache wingchun), eine Kampfkunst, die vermutlich gemeinsame Wurzeln mit dem báihèquán hat.

[10] Geschichte der okinawanischen Stile - siehe „Lexikon der Kampfkünste“, „Okinawa Karate“ und „Budopedia.de“


Literatur

  • Werner Lind: Okinawa Karate. Sport Verlag, Berlin 1997.
  • Werner Lind: Das Lexikon der Kampfkünste. Sport Verlag.
  • Werner Lind: Karate Kumite. BSK Verlag 2014.
  • Shoshin Nagamine: The Essence of Okinawan Karate. Tuttle 1976.
  • Richard Kim: The Weaponless Warriors. Ohara 1974.
  • Morio Higaonna: Okinawa Goju ryū. Minamoto Research, 1985.
  • Mark Bishop: Okinawan Karate. A & B Black 1989.

Video

  • Toshihiro Oshiro - Uchinadi (2.vol.) Tsunami 1998,

Weblinks